Freitag, Juni 26, 2009

Wählernecken

Eine gewisse Tendenz zum Wählernecken, auch jenseits der STf!-Fraktionsbildung, ist in der Magdeburger Kommunalpolitik derzeit durchaus festzustellen. Die Gewählten nehmen gleich reihenweise die Wahl nicht an. Nun ist es nicht so ungewöhnlich, dass Kandidaten sich mehr als Zählkandidaten begreifen. Dann muss man aber auch mit dem "Risiko" einer Wahl leben. Man kann doch nicht vollmundig um das Vertrauen des Wahlvolks werben und ihm dann das Gesäß, Mittelfinger oder Zunge zeigen! Oh doch. Man kann.

Da wäre Karl-Heinz Paqué (FDP). Eigentlich zwar nur auf Platz 2 der FDP in Reform gesetzt - konnten sich aber doch diverse Wähler damit anfreunden, dass ihr Stadtteil zukünftig vom Ex-Minister repräsentiert wird. Paqué in der Volksstimme vom 22. Mai auf die Frage nach seinem Ziel: "Wirtschaft und Wissenschaft in der Landeshauptstadt stärken." Zwinker, zwinker. Nach seiner Wahl verzichtete er eilig. Noch krasser: Ulrich Koehler (FDP). Er hatte in Reform den FDP-Spitzenplatz inne und wurde eifrig plakatiert und beworben. Sein Ziel: "Stärkung der Wirtschaftskraft Magdeburgs und größere politische Handlungs- und Gestaltungsspielräume durch finanzielle Konsolidierung.". War dann doch eher Parteilyrik. Ulrich Koehler war zwar von Paqué überrundet worden, hätte jedoch nach dessen Verzicht nachrücken können - wollte aber nicht. Stark vor Ort - soso. Der drittplatzierte Helmut Hörold erbarmte sich dann.

Verrückter ging es bei future zu. Andreas Radespiel, auf Platz 2 in der Altstadt kandidierend, zog an Melanie Ockert vorbei. "Soziale Infrastruktur und die Kulturlandschaft mehr ausbauen, um Investoren attraktive Softfacts zu bieten, die für die Beurteilung von Standortplätzen wichtig sind." Ähm. Hüstel. Na müssen die Wähler so was gleich so bierernst nehmen? Er lehnte ab. Spitzenkandidatin Melanie Ockert wollte dann aber auch nicht. (Vergessen die Zeit, als es noch hieß: "...junge Frauen unterstützen, um Perspektiven zu bieten und sie auch nach Studium, Schule und Ausbildung in der Stadt zu halten.") Da ruhten nun die Hoffnungen der altstädtischen Future-Wähler auf dem Dritten, Michael Schmidt. Ach was sollte da nicht alles angepackt werden: "Schaffung freier Kitas, subventioniertes Schulessen, zukunftsorientierte Sanierung der Gruson Gewächshäuser." Aber auch Michael Schmidt zeigte sich hartherzig und lehnte ab. Damit war die Liste von future! in der Altstadt erschöpft. Keiner (!) von der Liste wollte ernsthaft in den Rat. Nicht einer. Niemand. Soso. Der Wahlbereich 3 (Olvenstedt) half dann mit Mirko Stage aus, womit der familiäre Charakter dieser Partei hinreichend nachgewiesen sein dürfte.

Auch die NPD - angetreten dem doitschen Volkswillen Geltung zu verschaffen - war mit dem Wählervotum unzufrieden. Nicht nur die klägliche Zahl der Wähler, sondern auch deren Humor ausgerechnet Michael Grunzel für die NPD in den Rat zu schicken, wurde im Führungsbunker nicht so sehr begrüßt. Während Grunzel eigentlich vor hatte: "Den Scheindemokraten die Grundlagen ihres politischen und gesellschaftlichen Handelns zu entziehen." wurde nun zunächst ihm die Grundlage entzogen. Als Nachrücker zieht Matthias Gärtner ein. Er verzichtete leider nicht. Schade! 11 NPD-Verzichtserklärungen hätten den Stadtrat deutlich aufgewertet.

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Donnerstag, Juni 25, 2009

STf!

Die Freunde der Magdeburger Sozialdemokratie müssen jetzt ganz ganz tapfer sein. Das Undenkbare ist geschehen. Nach gefühlten knapp zwei Jahrhunderten gibt es in Magdeburg ... schluck ... keine ..schnief... keine Ratsfraktion der SPD mehr. Man kann es kaum fassen. Gerade noch war man überraschend stärkste Partei bei den Kommunalwahlen geworden - und nun das.

Allerdings hat eine Schöpfung fast schon frankensteinischer Qualität das Halbdunkel der Rathausflure verlassen und trommelt sich wild auf der Brust rum. Oh oh. Die neue Supernova am kommunalpolitischen Sternenhimmel unserer Stadt trägt den einprägsamen Titel "SPD-Tierschutz-future!" (STF ?). Klingt irgendwie verdächtig nach einem Satz (zwar ohne Verb aber immerhin mit Satzzeichen), ist allerdings nur die griffige Kurzform. Eigentlich heißt die neue Fraktion (Achtung das dauert jetzt länger - vielleicht vor dem Weiterlesen erst nochmal etwas essen?): "Sozialdemokratische Partei Deutschlands - Mensch Umwelt Tierschutz / Die Tierschutzpartei - future! - die junge Alternative" Tja. Irgendwie kommt mir das Thema Senioren im Fraktionsnamen zu kurz.

Meine Güte! Was war denn da nun wieder im Trinkwasser? Die Sinnhaftigkeit dieses Zusammenschlusses erschließt sich auch geübteren Betrachtern nicht so ohne weiteres. Gut, die SPD-Fraktion hatte nur kümmerliche 14 Sitze und war damit stärkste Fraktion. Das Tierschutz-SPD-future!-Geschöpf hat jetzt 17 Sitze und ist - stärkste Fraktion. Ahja. Die Vorteile in der Ausschussbesetzung etc. sind auch marginal. Vermutlich wollte man nur vorsorglich CDU und Linkspartei die leckeren Leckerbissen wegschnappen. Purer Futterneid.

Für die geneigten Wähler ergeben sich allerdings etwas überraschende Konsequenzen. Wer zum Beispiel als konsequenter Gegner des Innenstadttunnels future seine Stimmen gab ("Tunnel stoppen!") muss sich jetzt mit dem Gedanken anfreunden, dass (auch) der glühende Tunnelverehrer Olaf Czogalla (future!-Tierschutz-SPD, formerly known as SPD) seine Stimmen in den entsprechenden Ausschüssen vertreten wird. Ähm-tja. Umgekehrt natürlich auch. Czogalla-Wähler müssen nun mit dem Futuristen Oliver Wendenkampf als Vertreter leben (Leserbriefschreiber Prof. Szibor wird schäumen!) - das ist auch eher unerwartet.

Egal wie es kommt - die STf!-Fraktion wird sicherlich sehr sehr unterhaltsam. (Wieso future und Tierschutz nicht einfach eine gemeinsame, eigene Fraktion bilden - mit eigener Geschäftsstelle und so - ist nur schwer zu ergründen. Immerhin, die Stadt spart Geld.)

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Mittwoch, Juni 24, 2009

Ohne vernünftigen Grund

Es ist der Albtraum jeder anständigen deutschen Stadtverwaltung. Nur weil man mal was ohne vernünftigen Grund tut (was nicht eben eine krasse Ausnahme seien soll) wird man gleich vor Gericht gestellt und am Ende auch noch verurteilt. Die Leute aus dem Tiefbauamt gucken schon ganz ängstlich. Keine Sorge. Auch größere Erdaushubbewegungen die sich völliger Zweckfreiheit erfreuen werden von der Justiz weiterhin toleriert. Beim Hinmetzeln von Wirbeltieren ist allerdings zukünftig mehr Sorgfalt geboten.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal Magdeburgs ist jetzt nämlich die Tatsache, dass unser Zoodirektor Kai Perret als Angeklagter vor Gericht steht. Der Vorwurf lautet nicht auf Beleidigung von Stadträten - dieser Bereich wurde in der Vergangenheit gewissenhaft von den Theaterschaffenden in löblichster Weise betreut - sondern auf die "vorsätzliche Tötung von Wirbeltieren" .. "ohne vernünftigen Grund". Das ist schon ein ganz schön toter ..ähm .. dicker Hund. Die vom Zoodirektor auch weiterhin betriebene skurrile Imagekampagne, wonach die Tötung dreier kleiner knuddeliger Tigerbabys ein Meilenstein in der Geschichte des Artenschutzes ist, wird auch durch stereotype Wiederholung nicht eben sinnvoller. (Andere Zoos verdienen mit Knut und Co. richtig Kohle - in Magdeburg fragen Pelzhändler bei der Zooverwaltung nach Nachschub.)

Erstaunlich ist, wie konsequent der Zoodirektor den ethischen (und auch strafrechtlichen) Aspekt seines Tuns ausblendet. Selbstverständlich war die Tötung der Tiger nicht durch den Artenschutz begründet. Dies wäre ja nur dann der Fall, wenn es zum Töten der rassisch für unrein befundenen Wollknäul keinerlei gangbare Alternative gegeben hätte. Der Verkauf wäre möglich gewesen - dies wollte man den Tieren aber nicht zumuten. Ähm? Sonst ist aber alles frisch? Selbst wenn der Zoo auf Dauer Mehrkosten gehabt hätte - Pech gehabt! Eigentum verpflichtet!

Um es nochmal an einem Beispiel zu erläutern. Wenn Oma Koslowski nicht aufgepasst hat und Fiffi fünf ausgewachsene Schweinswalmischlinge wirft, darf Oma nicht im Innenhof des Heims mit dem ererbten Spritzbesteck oder kleinkalibrigen Waffen ein Massaker unter den possierlichen Rackern anrichten. Dies gilt auch dann, wenn sie ein Schreiben der Heimleitung vorlegt, wonach die Haltung von Rudeln in Vierbettzimmern nicht so gern gesehen wird. Der Grund zur Abschaffung (hier Einhaltung der Heimordnung, da Artenschutz - oder eigentlich Vermeidung von Kostenaufwuchs) ist zwar vernünftig, nicht jedoch die vermeidbare Tötung. Gerade als Zoodirektor sollte man diesen Unterschied verstehen.

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Dienstag, Juni 23, 2009

Dessauer in dünner Bergluft

Thale hat ein Problem mit der Waffen-SS.

Ein Satz den man so schon länger nicht mehr gehört hatte.

Zwecks allgemeiner Erbauung zog im großen Festumzug zum Sachsen-Anhalt-Tag ein Dessauer Traditionsverein durch Thales Straßen, der sich lustig als Wehrmacht und eben auch Waffen-SS kostümiert hatte. Ähm. Tja. Schon der Auftritt als Wehrmacht ist - nunja - sagen wir es so: Diese Uniformen verkörpern nicht zwingend ungezwungene Lebensfreude. Sich allerdings die SS-Klamotten der KZ-Aufseher und Todesmarsch-Vollstrecker überzustreifen - also ehrlich - so blöd muss man auch erst einmal sein. (Immerhin eröffnete die SS-Einheit nicht das Feuer auf andere Marschteilnehmer.)

In den Augen der ja häufig nur semigenau informierten US-amerikanischen Öffentlichkeit steht Sachsen-Anhalt jetzt als schrulliges, weltabgewandtes Land da, in dessen zerklüfteten Bergregionen sich immer noch versprengte NS-Einheiten tummeln, die irgendwie das Ende des Kriegs verpasst haben. Naja. So falsch ist der Eindruck ja nun auch wieder nicht.

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Dienstag, Juni 16, 2009

Wann wir schreiten Seit an Seit

Die Vorhut der Magdeburger Arbeiterbewegung ist immer wieder für eine Überraschung gut. Im Magdeburger Stadtrat hat die örtliche Sozialdemokratie nun den possierlichen Vertreter der Tierschutzpartei in ihre Fraktionsreihen aufgenommen oder - wenn man so will - in den eigenen Bau geschleppt. Eine entsprechende Erklärung wurde geradezu feierlich unterzeichnet. Auch nach mehrfachem Lesen der gemeinsamen Presseerklärung ist allerdings ein konkreter Inhalt in Bezug auf die weitere Zusammenarbeit nicht recht zu erkennen. Eine wichtige Frage - gerade für den kleineren Partner - ist der zukünftige Name der Patchwork-Fraktion. Zwecks Erkennbarkeit des kleineren Partners besteht dieser traditionell auf der Nennung auch seines Namens. Hat also die Tierschutzpartei wirklich den ultimativen Coup gelandet? Gibt es sie jetzt endlich? Die Fraktion "SPD - Die Tierschutzpartei"?

Hat die Tierschutzpartei knallhart ihre Bedingungen diktiert? Konnte sich die SPD der Auffassung, dass die "Hundesteuer" eine "anachronistische Luxussteuer ohne Existenzberechtigung" ist, nun anschließen? Sind da Initiativen geplant? Hört die "Getthoisierung der Tiere" auf den Hundeauslaufwiesen endlich auf? Wird die "jahreszeitliche Lockerung des Leinenzwang"s eine Herzensangelegenheit der vereinigten Fraktion? (Zitate aus dem Kommunalwahlprogramm der Tierschutzpartei) Man darf gespannt sein.

Wahrscheinlicher ist, dass die SPD den Tierschutzpartei-Stadtrat Lothar Tietge gepflegt in irgendeinem Zooausschuss endlagert und man nie wieder etwas von ihm hört. Wenn es nur darum geht SPD-Hinterbänkler zu bestimmen, hätten die Wähler eigentlich auch gleich SPD wählen können.

Etwas überraschend ist die SPD/Tierschutzpartei-Allianz tatsächlich. Vermutet worden war eher eine Fraktion "Future - Die Tierschutzpartei". Da future zur Erreichung des Fraktionsstatus (und für ein etwaiges Skatspiel) dringend auf einen dritten Stadtrat angewiesen wäre, war mit erheblichem Verständnis im Kampf gegen Hundesteuer und Leinenzwang zu rechnen. Allerdings ist das betagte Alter Tietges (74 Jahre) tatsächlich selbst für futures rüstigen Senioren (Durchschnittsalter 43 Jahre - ohne Tietge) recht hoch. Wenn die "Junge Alternative" von 74jährigen verkörpert wird, fühlt sich die jugendliche Zielgruppe möglicherweise doch veralbert.

Bleibt die Frage was aus dem Bund für Magdeburg (1 Sitz) und future (2 Sitze) wird. Beide gemeinsam hätten zwar Fraktionsstatus. Politisch passen sie aber nun gar nicht zusammen. Wahrscheinlicher ist, dass auch die beiden ziemlich geräuchlos von den großen Fraktionen aufgesogen werden, was eine zukünftige Erkennbarkeit ausschließt und schon ein wenig die Frage nach dem Sinn der Existenz der jeweiligen Organisation aufwirft.

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Donnerstag, Juni 11, 2009

Fischzug

Was haben Fraktionen, Parteien und Fische gemeinsam? Sie stinken vom Kopf - sagt eine alte sachsen-anhaltische Volksweisheit. Über den Zentralen der Landes-CDU möchte man zumindest derzeit doch erhebliche Mengen Lufterfrischer ausklinken. Der Geruch nimmt beängstigende Ausmasse an! Es ist nicht nur Thomas Madl der - im übertragenen Sinne - etwas streng riecht. Auch Fraktionschef Jürgen Scharf und Landeschef Thomas Webel plagen ähnliche Sorgen. Gerade noch hatte Thomas Webel in einer Art und Weise großzügig christliche Gnade verteilt, dass es erste Gerüchte gab, hier versuche sich einer für höhere Weihen beim Vatikan zu empfehlen. Madls Gehälter-Affäre - jedem sollte doch aber christlich Gnade zu teil werden, behauptete Webel. Selbst wenn Madl versehentlich einen Tsunami auslösen würde - für eine christliche Partei ist das doch kein Problem.

Etwa zwei Wochen später: gleiche Erkenntnislage, unveränderter Tsunami, doch völlig anderer Gnadenerweis. Webel ist jetzt für den Ausschluss Madls aus der CDU! Ähm? Der Ausschluss aus der CDU mag zwar tatsächlich so etwas wie eine Gnade sein - vom CDU-Parteichef hätte man diese Einsicht jedoch nicht erwartet.

Die wilde Choreographie mit der die CDU-Oberen durch die politische Landschaft fegen, ist unter künstlerischen Gesichtspunkten wirklich beachtlich. Wenn es so etwas wie ein Minimum an Glaubwürdigkeitsanforderung für CDU-"Spitzenpolitiker" geben sollte, sind jedoch weder Scharf noch Webel zu halten.

Übrigens stinkt beim Fisch nun auch nicht nur der Kopf. In Löbejün, dem Epizentrum der madlschen Springflut, wählten die Wähler zu mehr als 50 % CDU. Löbejüner! Alles klar soweit? Wenn ihr Korruption wollt, dann geht doch nach .. nach.. ach - bleibt doch einfach in Löbejün.

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Dienstag, Juni 09, 2009

Olympiakader

Dafür, dass die Volksstimme versucht hatte die Kommunalwahl totzuschweigen, ist sie nun ja geradezu redselig. Erheiterung löst der Kommentar der Volksstimme unter Kommunalpolitikern aus. Der Kommunalwahlkampf sei "schier themenlos" gewesen. Kann man angesichts dicker Kommunalwahlprogramme eigentlich nicht sagen - es war halt nur in den Zeitungen niemand bereit darüber zu berichten und der kommunalen Auseinandersetzung eine Bühne zu geben.

Heute war der große Tag, an dem das Geheimnis gelüftet wurde, wer der Kandidat mit der geringsten Stimmenzahl ist. Der vielbeachtete Preis geht an: Michael Gegner (FDP). 21 Kreuze konnte er letztendlich in Olvenstedt und Texas auf sich vereinen. Das entspricht etwa sieben Wählern. Obwohl er immerhin als fünfter von neun FDP-Kandidaten in dem Bereich abgetreten war, reichte es nur zum vom olympischen Gedanken beseelten neunten Platz (Eine Stimme besser: Parteikollege Maik Rösler). Überhaupt liegt am Ende der Ergebnislisten jeweils ein Schleier ermatteter FDP-Kandidaten, denen scheinbar auch nähere Verwandte keinen Einzug in den Stadtrat wünschen.

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Montag, Juni 08, 2009

Es ist angerichtet

Alle Achtung. Ohne auch nur ein kommunales Wahlplakat gehängt zu haben, erreicht die Linkspartei bei den Magdeburger Stadtratswahlen 23,4 %. Applaus, Applaus. Gut, das sind nun 6,4 % weniger als letztes Mal (und nur noch Platz 2). Laut Volksstimme freut sich Eva von Angern (Linkspartei) trotzdem darüber, "dass wir so weit vorn liegen." Eine Freude die sich im Laufe des Wahlabends wohl noch gelegt haben wird. Zweiter Verlierer des Abends: Die CDU mit 23,1 % (-2,0 %) nun nur noch Dritter. Von der Zahl der Stadtratsmandate gleichauf mit der Linkspartei mit jeweils 13 Sitzen.

Dass man sich auch über Kleinigkeiten freuen kann, beweist die SPD. Nach dem die beiden anderen größeren Parteien links und rechts an ihr vorbei fielen, ist man (bei einem eigenen Zuwachs von homöopathischen 0,8 %) nun stärkste Kraft (14 Sitze). Ein Falko Grube (SPD) wird von der Volksstimme als im Freudentaumel befindlich beschrieben. Wie wird da wohl - also jetzt mal rein hypothetisch - ein Wahlsieg gefeiert.

Mit 3,3 %-Punkten Zuwachs können die Magdeburger Grünen hingegen tatsächlich einen Wahlsieg feiern. Zweistellig mit 10,2 %, vierter Platz, deutlich vor der FDP (8,5 %, + 1,4 %), könnten sie unter Umständen, wenn sich in den unentschiedenen Parteien Verbündete finden würden, auch liebgewordene Wahnsinns-Projekte wie den Tunnel des Grauens beerdigen. Man wird sehen. Future, die Partei der rüstigen Senioren, ist die Gruppierung die ihr eigenes Wahlziel am stärksten verfehlte. Eigentlich wollte man ausmisten ... ähm ..mal richtig feucht durchwischen und auch viertstärkste Kraft werden. Das würde aktuell 10,3 % erforden. Mit 3,8 % auf Platz 6 liegt man da nicht wirklich in der Nähe. Die bisherigen familiären Bande dürften an Bedeutung verlieren. Keinem der Geschwister oder Verschwippschwagerten gelang der Einzug. Oliver Wendenkampf (früher Grüne, später Spasspartei) (48) und Andreas Radespiel (feiert demnächst den 40.) bilden jetzt die jugendliche Vorhut des Stadtrates. Um eine Fraktion zu bilden und sich den Genüssen einer Fraktionsgeschäftsstelle hinzugeben, bräuchten sie aber noch Zuwachs. Neben future haben noch drei weitere Kleinstgruppierungen mit jeweils nur einem Mandat Berücksichtigung gefunden. Da wäre die Tierschutzpartei (2,5 %), der Bund für Magdeburg (Können wir nicht glücklich sein? Nein! 2,2 %) und natürlich die Braunalgen von der NPD (2,0 %). Dass letztere Letzte geworden sind, ist schon unter Stadtmarketinggesichtspunkten sehr erfreulich. (Üblerweise soll es das Gerücht gegeben haben, dass ihre Wähler vier Kreuze machen durften, was leider zur Ungültigkeit des Stimmzettels führen würde. Tss, tss, tss.) Auch scheinen die Magdeburger NPD-Wähler das mit dem Führerprinzip nicht verstanden zu haben. Statt den "Spitzenkandidaten" Matthias Gärtner in Olvenstedt mit den meisten Stimmen zu beschenken, wurde ausgerechnet Michael Grunzel (hatte ich den Namenswitz schon mal gemacht?) aus Neue Neustadt gewählt. Er wollte den Scheindemokraten die Grundlage ihres Handelns entziehen. Zunächst muss nun aber die Stadtverwaltung eine stabile Bestuhlung als Grundlage für den recht omnipräsenten Körper des Scheindemokratenentlarvers heranziehen.

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Samstag, Juni 06, 2009

Ringelnatter Superstar

Es ist geschafft. Der Wahlkampf ist vorbei. Die letzte Ausgabe der Volksstimme ging noch mal so richtig aus sich heraus. Auf Seite 1 des Lokalanzeigers wird die Kommunalwahl knallhart erwähnt! Gut, der Beitrag über die Ringelnatter (!) die am Pfingstsonntag (diesen Jahres) in Diesdorf unsanft aufgeschreckt worden war, ging natürlich vor - ist ja klar.

Vielleicht mal ein Resümee des Wahlkampfes? Nochmal eine Info zum Wahlsystem? Ein paar Promis im Kurzstatement wieso so´ne merkwürdige Kommunalwahl von Bedeutung ist? Infos zu Wahlpartys etc.? Nein. Statt dessen alles Wissenswerte über eine Ringelnatter! (Wurde in einer Grünanlage wieder ausgesetzt. Soso.) Nichts für ungut, wenn eine Lokalzeitung ihre Lokalberichterstattung einstellt, fallen allerdings auch einige nicht unerhebliche Kaufargumente weg. Für den Fortsetzungsroman könnte man sich ja auch das Buch kaufen.

Da die Presse im Streik ist, hier mal noch so ein paar Infos. Die NPD hat in einem aufrüttelnden Schlussplakat an die bronzebraunen dreißiger Jahre angeknüpft. Mit einem krassen "Wehrt Euch" ("Kauft nicht beim Juden"-hat man in der aktuellen Plakatversion noch weggelassen) und in schwarzen Handschuhen steckenden Fäusten wird an die nationalrevolutionäre Kräfte appelliert. Das irrlichternde Hin und Her der Magdeburger NPD in ihrem Wahlkrieg bleibt somit weiter bestehen. Einerseits werden die Normalbürger mit Forderungen nach Transparenz etc. umschmeichelt, um dann im nächsten Moment ihnen mit der schwarzen Faust zu drohen und finstere Vokabeln ("rote Mordbestien") an den Kopf zu werfen. Man, man, man ... und die NPD-Wähler haben auch noch jeweils vier Stimmen. (Wer drei Kreuze bei der NPD gemacht hat, darf auch noch eine demokratische Partei mit einem Kreuz bedenken. Blödsinnige Regelung!)

Es gab auch einen kommunalen Internetwahlkampf, der der Wahlberichterstattung der Presseorgane praktisch gänzlich entging, obwohl dort entschieden mehr Informationen als in der papiergebundenen Presse zu erhaschen sind. Natürlich hat jede Partei eine eigene Homepage. Gehört inzwischen zur Pflicht! Eine gute Übersicht über die Online-Angebote und in Ansätzen auch über die Kandidaturen gibt es im Magdewiki. Erwähnenswert sind die diversen Blogs der FDP und der Twitter-Dienst der Grünen, der auch live von den Stadtratssitzungen berichtete. Auch Linke und FDP, sowie Kandidaten von SPD, CDU und Grünen nutzten Twitter (Ausgerechnet future!, die Partei für die reifere Jugend, fehlt allerdings bei solchen Anwendungen im moderneren Web 2.0).

Wer am Wahltag aktuelle Infos will, sollte - soweit ihm vergönnt - den Offenen Kanal einschalten und den Online-Angeboten der Stadtverwaltung folgen. Wer Elend und Jubilieren hautnah haben möchte, kann in´s Rathaus gehen. Da zunächst nur die Europawahl ausgezählt wird und die Kommunalwahl sich komplizierter zählt, sind vernünftige (Zwischen)ergebnisse vermutlich erst ab 21.00 Uhr zu erwarten.

So. Los jetzt. Zur Wahl gehen. Aber Zackig!

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Verwirrter Wähler ersucht um Hilfe

Am Donnerstag erfreute uns die Volksstimme wieder mit einer wahren Leserbriefperle. Peter Welmans (Magdeburg) verkündet unheilvoll, dass er, wie viele andere, Lutz Trümper (SPD) nur als Oberbürgermeister gewählt habe, um Hans-Werner Brüning (Linkspartei) zu verhindern. Hmm. Nachdenklich sollte den Leser stimmen, dass Brüning gar nicht zur Oberbürgermeisterwahl antrat und insofern seine redlichen Bemühungen (und die seiner imaginären Mitstreiter) verhältnismäßig mühe- aber auch sinnlos verpufften. (Um Brüning als Sozialbeigeordneten zu verhindern, hätte Herr Welmans bei der letzten Stadtratswahl albernerweise ausgerechnet von der Wahl von CDU und FDP absehen müssen - seine damaligen Wahlentscheidungen lässt der Wähler aber im dunkeln.)

Dann geht der geschätzte Bürger mit den Parteien hart ins Gericht. Die SPD sei Steigbügelhalter (gemeint ist vermutlich für Brüning, obwohl das die Intention der Sozialdemokratie nun wirklich nur ungenau wieder gibt.) FDP, CDU und Linkspartei sind die übliche "Nationale Front" (auch eine etwas starke Verallgemeinerung). Grüne und future würden auch noch die letzten funktionierenden Verkehrsverbindungen zurück bauen (Ach du meine Güte. Was wurde denn mal zurück gebaut?). Andere Ideologen (gemeint wohl die NPD) sind ihm suspekt (Wo er recht hat, hat er recht.) Da wird es natürlich mit der Wahlentscheidung langsam eng.

Beunruhigend ist, dass Herr Welmans angibt, als Stadtfelder vom Wahlamt genötigt zu werden, Lemsdorfer Kandidaten zu wählen. Grundsätzlich sollte man schon auf der Aushändigung des richtigen Stimmzettels bestehen und sich nicht mit fadenscheinigen Ausreden (Sind gerade aus. Kriegen wir erst morgen wieder rein.) abspeisen lassen. Allerdings verfügt nicht jeder Straßenzug über einen eigenen Wahlbereich. Also nicht gleich die Wahlmitarbeiter zur Sau machen, nur weil man im Kannenstieg auch Kandidaten aus Rothensee, auf dem Werder aus Randau-Calenberge oder eben in Stadtfeld West aus Lemsdorf oder Ottersleben vorfindet. Kandidaten aus Halle sollte man dann aber schon reklamieren.

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Bisky for Stadtrat

Erstaunlich ist ja die auch weiterhin anhaltende, fast schon arrogante Abwesenheit von Kommunalwahlplakaten der Linkspartei. Zwar wird (mit blauen Plakaten) gefordert rot zu wählen, es scheint aber in der ganzen Stadt nicht ein Plakat für einen Stadtratskandidaten (Lothar Bisky kandidiert gar nicht für den Stadtrat) oder aber mit einer konkreten Magdeburger Forderung der Linkspartei zu geben. Die Linkspartei, immerhin die mit deutlichem Abstand stärkste Partei im Stadtrat, bewegt sich damit kampagnenmäßig ungefähr auf dem Niveau der Tierschutzpartei. Wenige Kandidaten und fast nur europapolitische Veranstaltungen, von einer kommunalen Kampagne zur Stadtratswahl wagt man bei den Linken kaum zu reden, wenn man mal von einigen Ständen und Infoblättern absieht. Ein noch größeres Desinteresse könnte die Linkspartei nur noch durch einen gänzlichen Verzicht auf einen Wahlantritt dokumentieren.

Selbstverständlich werden die, zum Teil doch schon eine beachtliche Zahl von Jahresringen aufweisenden Wähler der Linkspartei trotzdem den Sonntagsstock zücken und mit frisch geputztem Rolllator getreu an die Wahlurnen trotten, um dort ihr Kreuzchen zu machen. Es würde schon sehr verblüffen, wenn die Linke ihre Position als stärkste Partei räumen müsste. Nicht auszudenken, wo die Ergebnisse der Magdeburger Linkspartei landen würden, wenn sie beginnen würde sich ernsthaft in der Kommunalwahl zu engagieren. Ob man bei dieser Lethargie aber auf Dauer die wichtige Rolle behalten kann?

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Mittwoch, Juni 03, 2009

Madl in Quarantäne

Kurz vor der Wahl gelangt nun auch die Madl-Affäre zu einem fantastischen Höhepunkt. Ganz wie in Antiken-Drama. Zunächst versucht der diensthabende Finsterling durch ein Bauernopfer - hier ein Bäuerinnen-Opfer - den Nachstellungen der heimtückischen Öffentlichkeit zu entgehen. Die einer harten beruflichen Doppelbelastung ausgesetzte Mitarbeiterin wird entlassen - in beiden Anstellungen. Vom 16 Stundentag in die Arbeitslosigkeit. Auch nicht nett.

Erwartungsgemäß führt dies aber nicht zur Beruhigung der Lage. (Wenn Holger Stahlknecht (CDU, fast Fraktionschef) könnte wie er wollte, würde er vom Fraktionsschiff in schwerer See reden - jede Wette). Um den Fesselballon CDU-Fraktion (um mal eine neue Metapher einzuführen) vor den Nachstellungen der Wählerschaft zu retten, bleibt nur die Möglichkeit Ballast abzuwerfen. Alle Blicke treffen Thomas Madl. Der winkt zwar hektisch mit einer Ehrenerklärung (wo er die nur her hat?), verlässt dann aber - völlig freiwillig - das Schiff ähm.. den Korb.

Auffällig ist, dass die CDU ihr Ex-Fraktionsmitglied nicht auffordert sein Mandat abzugeben - sonst die normale Reaktion der verlassenen Fraktion. Auch ein Parteiaustritt wird nicht gemeldet. Wird Madl also nur in Quarantäne geschickt, um - bei ruhigem Wetter - still und heimlich wieder zurück zu kommen? So wird es wohl sein.

Der Preis für die allergrößte Peinlichkeit geht jedoch ganz klar an Jürgen Scharf (CDU-Fraktionschef). Jetzt sagt er über die Madl-Affäre "Das ist ein Unding." Zugleich legt er Wert auf die Feststellung, dass bei ihm erst Sachverhalte geprüft und dann Entscheidungen getroffen werden. Diese Dreistigkeit ist selbst für die Verhältnisse der CDU-Landtagsfraktion mehr als man ertragen kann. Scharf hatte ohne jegliche Not - nur Zwecks Vertuschung und Aussitzung der Sache - die Ehrenerklärung abgegeben. Ohne dass irgendwelche neuen Erkenntnisse vorliegen, empfindet er die Affäre eine Woche später als Unding. Das ist ein Unding. Dann auch noch den Grundsatz "erst prüfen, dann entscheiden" für sich zu reklamieren, lässt einen angesichts der Monströsität der Ignoranz erschauern.

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Dienstag, Juni 02, 2009

Tiefenprüfung

Der Begriff des Ausmistens ist integraler Bestandteil des seit der Zeit der Vorväter praktizierten Brauchs des Frühlingsputzes - lies future die überraschte Wählerschaft per Volksstimme wissen. Als man bei future die wundervollen - jedoch etwas in die Kritik geratenen - "Ausmisten-Plakate" entwarf, schwelgte man engelsgleich in poetischen Höhen. Man dachte nicht daran schnöde andere Stadträte auf den Misthaufen der Geschichte zu befördern - nein. Es ging um ... ähm ... Frühjahrsputz! Frühjahrsputz und Ausmisten, dass ist doch quasi ein und dasselbe. Gut - kommt vielleicht auch auf die betroffene Wohnungseinrichtung an. Der Ansatz wäre noch glaubwürdiger, wenn man ihn vorab schon einmal gebracht hätte.

Schon in der ersten Berichterstattung hatte die Volksstimme den Ausmisten-Slogan als provokant bezeichnet. Frühjahrsputz dient nur sehr selten als Provokation. Die gleichfalls erzürnte FDP wurde am 17. März noch recht rüde damit beschieden, dass die schleswig-holsteinische FDP so etwas auch schon mal gemacht habe. (Den komplett ohne die Vokabel Frühjahrsputz auskommenden Beitrag von Oliver Schilling gibt es hier) Soso. Schleswig-Holstein. Da war jetzt im Volksstimme-Beitrag gar nicht die Rede von.

Unterdessen ergießt sich über die Leser der Volksstimme eine Flut von kurzen Prosastücken der einzelnen Parteien. In SMS-Kürze sondern die Parteien (die NPD darf erfreulicherweise nicht mitmachen) positives zu 12 Themen ab. Da die Parteien nicht aufeinander reagieren können, aber auch Gewichtungen und reine Programm-Lyrik unklar bleiben, ein sehr zweifelhaftes Lesevergnügen. So sind eigentlich alle Parteien (bis auf Burkhard Lischka (SPD) - er spricht da aber nur für sich selbst) für eine Öffnung der Schuleinzugsbereiche - die ja aber in der Praxis seit Jahren trotzdem nicht erfolgt. Der Volksstimmeleser könnte angesichts der offensichtlichen Allmacht Lischkas etwas in Erstaunen geraten - tatsächlich ist der Stadtrat aber bloß nicht in der Lage gegen den Willen des Landes die Schulgrenzen einzureißen. Die Volksstimme lässt das Phänomen unerläutert. Es fehlt leider (vom Offenen Kanal abgesehen) generell eine nennenswerte journalistische Begleitung der Kommunalwahl. Die Wahlbeteiligung wird wohl bisher nicht für möglich gehaltene Tiefststände erkunden.

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