Mittwoch, Juni 03, 2009

Madl in Quarantäne

Kurz vor der Wahl gelangt nun auch die Madl-Affäre zu einem fantastischen Höhepunkt. Ganz wie in Antiken-Drama. Zunächst versucht der diensthabende Finsterling durch ein Bauernopfer - hier ein Bäuerinnen-Opfer - den Nachstellungen der heimtückischen Öffentlichkeit zu entgehen. Die einer harten beruflichen Doppelbelastung ausgesetzte Mitarbeiterin wird entlassen - in beiden Anstellungen. Vom 16 Stundentag in die Arbeitslosigkeit. Auch nicht nett.

Erwartungsgemäß führt dies aber nicht zur Beruhigung der Lage. (Wenn Holger Stahlknecht (CDU, fast Fraktionschef) könnte wie er wollte, würde er vom Fraktionsschiff in schwerer See reden - jede Wette). Um den Fesselballon CDU-Fraktion (um mal eine neue Metapher einzuführen) vor den Nachstellungen der Wählerschaft zu retten, bleibt nur die Möglichkeit Ballast abzuwerfen. Alle Blicke treffen Thomas Madl. Der winkt zwar hektisch mit einer Ehrenerklärung (wo er die nur her hat?), verlässt dann aber - völlig freiwillig - das Schiff ähm.. den Korb.

Auffällig ist, dass die CDU ihr Ex-Fraktionsmitglied nicht auffordert sein Mandat abzugeben - sonst die normale Reaktion der verlassenen Fraktion. Auch ein Parteiaustritt wird nicht gemeldet. Wird Madl also nur in Quarantäne geschickt, um - bei ruhigem Wetter - still und heimlich wieder zurück zu kommen? So wird es wohl sein.

Der Preis für die allergrößte Peinlichkeit geht jedoch ganz klar an Jürgen Scharf (CDU-Fraktionschef). Jetzt sagt er über die Madl-Affäre "Das ist ein Unding." Zugleich legt er Wert auf die Feststellung, dass bei ihm erst Sachverhalte geprüft und dann Entscheidungen getroffen werden. Diese Dreistigkeit ist selbst für die Verhältnisse der CDU-Landtagsfraktion mehr als man ertragen kann. Scharf hatte ohne jegliche Not - nur Zwecks Vertuschung und Aussitzung der Sache - die Ehrenerklärung abgegeben. Ohne dass irgendwelche neuen Erkenntnisse vorliegen, empfindet er die Affäre eine Woche später als Unding. Das ist ein Unding. Dann auch noch den Grundsatz "erst prüfen, dann entscheiden" für sich zu reklamieren, lässt einen angesichts der Monströsität der Ignoranz erschauern.

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10 Comments:

Anonymous Anonym said...

Für die Quarantäne-Theorie von Hildegunst spricht die Tatsache, dass die CDU-Landtagsfraktion ihre Pressesprecherin Anke Reppin in der heutigen Volksstimme einen Leserbrief schreiben ließ, der Herrn Madl vor den bitterbösen Vorverurteilungen von Politikwissenschaftler Prof. Renzsch und der Medien in Schutz nimmt. Die milde Behandlung kann natürlich auch die Ursache darin haben, dass liebe Fraktionskollegen mit Herrn Madl noch gemeinsame "Leichen" im Keller haben und einen Konter des Sonnenkönigs aus dem Saalekreis fürchten müssen. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, das die FDP-Fraktion, außer einem dünnen: das hat der gesamten Politik geschadet" keinen Kommentar zum Fall Madl abgegeben hat.

7:40 AM  
Anonymous Anonym said...

Dass niemand aus der CDU-Fraktion Klartext redet, wirft unweigerlich die Frage auf, wer da vor wem oder was Angst hat. Dass Angst bei den Führungskräften der Fraktion/CDU ( und nicht nur bei Herrn Scharf) mit im Spiel ist, ist so klar wie Kloßbrühe. Unvermögen und Angst gepaart mit fragwürdiger Kumpanei und großen innerparteilichen Konflikten...Da kann man mal gespannt abwarten, was noch so alles ans Tageslicht kommt.

8:08 AM  
Anonymous Thomas said...

An der Uni habe ich gelernt, dass die BRD ein demokratischer Rechtsstaat ist. Und eines der grundlegenden Merkmale des Rechtsstaates ist, dass bis zum juristischen Nachweis von Schuld (= Verurteilung) die Unschuldsbehauptung gilt.

Damit "Verbrecher" dennoch nicht frei rumlaufen gibt es die U-Haft und was-weiss-ich-nicht-alles für Möglichkeiten von Polizei und Justiz.

Auch wenn ich selbst den Eindruck habe, dass Hr. Madl (und seine frühere Mitarbeiterin) unsaubere Praktiken angewandt haben, muss ich als Demokrat und Bürger dieses Landes doch auch die grundsätzlichen Regeln unserer Gesellschaft beachten - auch wenn es mir selbst nicht gefällt. Entsprechend ist der von Medien, manchen Bürgern und etlichen Politikern geforderte Rücktritt des Abgeordneten Madl eine klare Vorverurteilung.

Entweder, er hat selbst soviel Anstand und Unrechtsbewußtsein, dass er sein Mandat (und meinetwegen auch sein Parteibuch) zurückgibt. Oder die interessierte Öffentlichkeit muss es aushalten, dass der werte Herr im Landtag sitzt, bis die Wahlperiode abgelaufen ist (Frühjahr 2011) oder er mit Freiheitsstrafe von mind. 1 Jahr verurteilt ist. Das wäre nämlich nach §7 (1) Wahlgesetz von Sachsen-Anhalt eine Möglichkeit, (gegen eigenen Willen) aus dem Landtag auszuscheiden.

vgl. http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/downloads/Wahlgesetz.pdf

1:42 PM  
Anonymous Anonym said...

"An der Uni habe ich gelernt, dass die BRD ein demokratischer Rechtsstaat ist."

Das zeigt, dass unser Schulsystem wieder eine Reform benötigt. Zu meiner Zeit hat man das noch in Sozialkunde in der Schule gelernt...

7:02 PM  
Anonymous Anonym said...

@Thomas
ja, ich habe auch gelernt. Zum Beispiel. dass die Medien die vierte Gewalt darstellen. Sie sind wichtig, um eben solche Dinge wie im Fall Madl aufzuklären. Wann wäre denn die Justiz darauf gestoßen, im Jahre 2030??? Vor zwanzig Jahren haben wir Pressefreiheit gefordert und jetzt, wo die Presse diese Freiheit auch nutzt, darf sie es nicht mehr... wird von Vorverurteilungen geredet. Bravo. Der Demokratie einen Bärendienst.

Interessant ist auch, dass Frau Reppin sich offensichtlich als Privatperson äußert und ihre Funktion im Leserbrief unterschlägt.

7:18 PM  
Anonymous Anonym said...

Ich wünsche der CDU im Kommunalwahlkampf ein Ergebnis wie zur OB-Wahl.

9:08 PM  
Anonymous Anonym said...

Achtung - so berechtigt all die Kritik ist: Mal sehen, was dabei vor Gericht Bestand hat. Mancher erinnert sich vielleicht an die Gehälteraffäre in der 1. Legislatur, die Berichterstattung war vergleichbar, vor Gericht siegten am Ende die, die in der politischen Arena ihren Hut nehmen mussten.

12:00 AM  
Anonymous Anonym said...

Zahltag ist der 7. Juni 2009-)))),
aber so wie ich den "deutschen Michel" kenne, wird alles so sein wie es immer war.Warum eigentlich?

6:57 AM  
Anonymous Thomas said...

@ zu Anonym 3:

... als ich zur Schule ging, da war die BRD noch der "kapitalistische Unrechtsstaat" und die DDR der (angeblich) einzig demokratische Staat in deutschen Landen. Deshalb hatte ich auch keinen Sozialkunde-Unterricht. Aber ist doch schön, wenn Du/Sie (mittlerweile) in der Schule gelernt hast/haben, dass wir heute in einem demokratischen Rechtsstaat leben.


@ zu Anonym 4:
Ich bin sehr für die Presse- und Meinungsfreiheit, und dafür auch 1989 auf die Straße gegangen. Doch Aufklärung und Unterstellungen sind zwei verschiedene Dinge! Als Journalist kann man z.B. den Konjunktiv verwenden oder vom "mutmaßlichen" Täter sprechen. Es scheint nur eine Kleinigkeit, macht aber doch einen Unterschied aus. Fairplay ist manchmal gar nicht so schwer!

... Presse als "vierte Gewalt" hat auch Beschränkungen, bspw. den Pressekodex. Dass Herr Madls Machenschaften öffentlich gemacht werden - und dann bitte auch zügig strafrechtlich aufgearbeitet werden! - sollte sich in einem Rechtsstaat von selbst verstehen (bitte schön aber auch bei anderen Damen und Herren mit manch zweifelhafter Geschichte; so sei an den Kinderporno-Politiker Gebhardt erinnert, der seit 2006 wieder "unbescholten" im Landtag sitzt: vgl. Der Spiegel bzw. Spiegel-Online vom April 2005).

11:45 AM  
Anonymous Vieweger said...

Der Fall Madl - Christlich Demokratische Unflätigkeit?
Synonyme für „Unflätig“: unanständig, anstößig, lasterhaft, liederlich, peinlich, pikant, schlüpfrig, sittenlos, ungebührlich, ungehörig, unkeusch, unmoralisch, unschicklich, unsittlich, unziemlich


"Christliche Gnade wird jedem zuteil, der Fehler gemacht hat"….. so kommentierte der CDU-Landeschef und Börde-Landrat Thomas Webel noch vor wenigen Tagen voll christlicher Nächstenliebe den Fall Thomas Madl. Und „gnädig“ hat sich Madl jetzt –endlich- selbst aus der CDU-Landtagsfraktion verabschiedet. Seinen Abgeordnetenposten jedoch will er behalten… wen wunderts, bei dem Gehalt!
Schon seit Jahren gab es Hinweise und Gerüchte über „unchristliche“ Verhaltensweisen des Landtagsabgeordneten und Bürgermeisters von Löbejün, aber in CDU-Kreisen war man auf diesem Ohr taub. Unweigerlich fällt einem das Sprichwort mit der berühmten Krähe ein…. Oder warum verhallte so mancher Ruf ungehört?? Jetzt aber, nachdem sich nichts mehr verheimlichen, verdrängen und verleugnen lässt, jetzt plötzlich spricht CDU-Landeschef Webel nicht mehr von „christlicher Gnade“ sondern von Parteiausschluß. Sogar Ministerpräsident Böhmer erinnert sich wieder an " vier oder fünf Strafanzeigen gegen Madl“ und Landtagsfraktionschef Jürgen Scharf zeigt sich „unscharf“ erstaunt, dass ihn die Fraktionschefs der anderen Parteien nicht schon vor Jahren auf die Verfehlungen seinen „unverzichtbaren“ Parteifreundes Madls angesprochen hätten….!!
Madl hat nicht nur der CDU immens geschadet, Madl hat dafür gesorgt das das Image von Sachsen Anhalt –wieder einmal- erhebliche Kratzer erfährt. Das verdanken wir nicht zuletzt der „Drei-Affen-Politik“ (Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!) von Madl`s Parteifreunden. Wären die CDU-Oberen ihrem hochgelobten Motto „Wir stehen früher auf!“ gefolgt, uns wäre diese neue Peinlichkeit erspart geblieben.
Und viele der CDU-ler, die vermutlich schon lange um die Machenschaften von Madl wussten und ihn möglicherweise sogar deckten, werden uns 2011 wieder von den CDU-Plakaten entgegenlächeln, wieder christliche Parolen von sich geben, wieder in den Landtag gewählt werden……. als wäre nichts gewesen! Christlich Demokratische Unflätigkeit…oder was ?



Rudolf Vieweger
FDP-Stadtrat
39340 Haldensleben

9:06 AM  

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