Mittwoch, Juni 24, 2009

Ohne vernünftigen Grund

Es ist der Albtraum jeder anständigen deutschen Stadtverwaltung. Nur weil man mal was ohne vernünftigen Grund tut (was nicht eben eine krasse Ausnahme seien soll) wird man gleich vor Gericht gestellt und am Ende auch noch verurteilt. Die Leute aus dem Tiefbauamt gucken schon ganz ängstlich. Keine Sorge. Auch größere Erdaushubbewegungen die sich völliger Zweckfreiheit erfreuen werden von der Justiz weiterhin toleriert. Beim Hinmetzeln von Wirbeltieren ist allerdings zukünftig mehr Sorgfalt geboten.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal Magdeburgs ist jetzt nämlich die Tatsache, dass unser Zoodirektor Kai Perret als Angeklagter vor Gericht steht. Der Vorwurf lautet nicht auf Beleidigung von Stadträten - dieser Bereich wurde in der Vergangenheit gewissenhaft von den Theaterschaffenden in löblichster Weise betreut - sondern auf die "vorsätzliche Tötung von Wirbeltieren" .. "ohne vernünftigen Grund". Das ist schon ein ganz schön toter ..ähm .. dicker Hund. Die vom Zoodirektor auch weiterhin betriebene skurrile Imagekampagne, wonach die Tötung dreier kleiner knuddeliger Tigerbabys ein Meilenstein in der Geschichte des Artenschutzes ist, wird auch durch stereotype Wiederholung nicht eben sinnvoller. (Andere Zoos verdienen mit Knut und Co. richtig Kohle - in Magdeburg fragen Pelzhändler bei der Zooverwaltung nach Nachschub.)

Erstaunlich ist, wie konsequent der Zoodirektor den ethischen (und auch strafrechtlichen) Aspekt seines Tuns ausblendet. Selbstverständlich war die Tötung der Tiger nicht durch den Artenschutz begründet. Dies wäre ja nur dann der Fall, wenn es zum Töten der rassisch für unrein befundenen Wollknäul keinerlei gangbare Alternative gegeben hätte. Der Verkauf wäre möglich gewesen - dies wollte man den Tieren aber nicht zumuten. Ähm? Sonst ist aber alles frisch? Selbst wenn der Zoo auf Dauer Mehrkosten gehabt hätte - Pech gehabt! Eigentum verpflichtet!

Um es nochmal an einem Beispiel zu erläutern. Wenn Oma Koslowski nicht aufgepasst hat und Fiffi fünf ausgewachsene Schweinswalmischlinge wirft, darf Oma nicht im Innenhof des Heims mit dem ererbten Spritzbesteck oder kleinkalibrigen Waffen ein Massaker unter den possierlichen Rackern anrichten. Dies gilt auch dann, wenn sie ein Schreiben der Heimleitung vorlegt, wonach die Haltung von Rudeln in Vierbettzimmern nicht so gern gesehen wird. Der Grund zur Abschaffung (hier Einhaltung der Heimordnung, da Artenschutz - oder eigentlich Vermeidung von Kostenaufwuchs) ist zwar vernünftig, nicht jedoch die vermeidbare Tötung. Gerade als Zoodirektor sollte man diesen Unterschied verstehen.

Labels: , ,

7 Comments:

Anonymous Anonym said...

Probst hätte die 3 gerne genommen.

2:37 AM  
Anonymous Anonym said...

Ich vermute, dass die eigentliche Überraschung für den Zoo war, dass die Öffentlichkeit überhaupt von den Tötungen erfahren hat. Dies sollte bestimmt einfach vertuscht werden. Definitiv gab es keinen vernünftigen Grund für das Totspritzen und deshalb sollte der Zoodirektor und wer sonst noch verantwortlich für die Entscheidung war, dafür von einem Gericht zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden.

10:43 AM  
Anonymous Anonym said...

War sicher wieder ein Modellvorhaben- wie beseitige ich Kostenfaktoren möglichst effektiv und unbeachtet von der Öffentlichkeit.
Dumm nur, dass ausgerechnet Tigerbabays Versuchsobjekt waren- mit Jugendlichen, Hartz4- Empfängern oder dementen Silberköpfen hätte sicher keiner soviel Aufstand gemacht.

1:25 PM  
Anonymous Ditmar said...

Das walte Hugo.

3:11 AM  
Anonymous Anonym said...

WO KANN MAN SICH HIER ZUM GORILLA-MASSAKER ANMELDEN ???
Bitte um entsprechenden Tip, Herr Perret!

Nach einer neuen Meldung ( http://www.morgenpost.de/printarchiv/wissen/article1139562/Zucht_Chaos_bei_Zoo_Gorillas.html ) muß die eth(n)ische Säuberung in den Zoos auch bei den Menschenaffen fortgesetzt werden.
Offensichtlich haben die ihren wissenschaftlichen Anspruch immer so hehr vor sich he(h)rtragenden Zoo-Fachleute auch beim Zoo-Reinst-Artenschutz der Gorillas jahrzehntelang nicht so recht durchgeblickt (nichtsdestotrotz aber Artenschutz-Fördergelder erhalten...)
Nach "perretscher" Logik (oder hätte ich >Logik< jetzt auch in Anführungszeichen setzen sollen??)kommt nun eigentlich nur ein lustiges internationales Gorilla-Blutbad in Frage.
Muß ich nun noch ganz schnell einen Waffenschein beantragen oder kann ich auch unter Anwendung anderer Mittel an der Durchsetzung des zooischen Reinheitsgebotes mitwirken?
Ich kann halbwegs passabel mit der Spritze umgehen, bin in der Lage, einen geschlossenen Raum effektiv mit Autoabgasen zu füllen, und habe auch eine (schon etwas ältere) Genehmigung zum Umgang mit bestimmten radioaktiven Stoffen. Aber letzteres wäre vielleicht etwas länglich in der Wirkung. Und es hat ja dann im Anwendungsfall auch wieder keiner Lust, wochenlang die ausfallenden Haarbüschel wegzuräumen und die eiternden Wunden zu pflegen (ein gewisser Grundhumanismus muß ja dann doch gewährleistet sein).

Haben wir in unserem Zoo überhaupt noch Gorillas (ich weiß nur, das neue Gehege wohl im Bauplan der Erweiterung sind)?
Kann vielleicht mal jemand schnell nachgucken - Herr Perret hat von der taxonomischen Verunreinigung der Zoogorilla-Spezies bestimmt ein bißchen früher erfahren als ich und ist möglicherweise schon zur endlösenden Tat geschritten? ("Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich völlig ungeniert")

Fakt ist jedenfalls: die verunreinigten Zoo-Guerillas ... äh... -Gorillas (wir sind ja nur teilweise beim Kampf gegen das Böse an sich) müssen weg. Fortpflanzungsverbot sowieso.
Aber da die Zoos ja unbedingt weiter Arterhaltungszucht betreiben müssen (haben sich ja bewährt dabei *hüstel*) muß in den Zoos dann auch Platz für die neuen Wildfänge aus den Tropen geschaffen werden. Die Afrikaner können ihre letzten freilaufenden Exemplare durchaus entbehren (mit den meisten gehen Sie ja auch nicht sonderlich pfleglich um - obwohl sie sich das durchaus leisten könnten) - auf also zur Fangexpedition - ich freu' mich schon! Heia Safari!!
Vielleicht kann jemand anders zwischenzeitlich Herrn Perret im Entsorgungskampf unterstützen?!! (Stefan Raab z.B. ist meines Wissens gelernter Metzger).
Oder wir machen es wie schon mal bewährt mit den 3 Orang-Utans im Affenhaus 2001-2003 (hat der letzte eigentlich irgendwo anders überlebt?) - wir lassen sie einfach etwas durchfaulen.

Coo

6:44 PM  
Anonymous Anonym said...

Teilentwarnung: derzeit keine Gorillas in Magdeburg.
Wir sind zwar davon umgeben (Berlin, Hannover, Leipzig und ein Dutzend weiterer deutscher Zoos, der Allwetterzoo Münster als vorige Arbeitsstätte unseres Zoo-Direx ist auch dabei) - aber bis hierher wird das Blut schon nicht spritzen.
Und ob Herr Dr. Perret von seinem alten Arbeitgeber in Münster nachträglich in Mitverantwortung genommen wird und zur Staatsjagd eingeladen wird, kann uns (wenn's in seiner Freizeit stattfindet und keine Dienstreise auf Kosten der LHMD gemacht wird) fast egal sein.

Coo
(der für die hintergrundliebenden Leser noch die nicht durch Journalisten verballhornte Originalmeldung von prowildlife verlinkt: http://hildegunst.blogspot.com/2009/06/ohne-vernunftigen-grund.html )

8:43 PM  
Anonymous Anonym said...

bekloppt (ich) - falscher Link.
Nu richtich:
http://www.prowildlife.de/PM27/07/09

8:50 PM  

Kommentar veröffentlichen

<< Home

Google
 
Web hildegunst.blogspot.com