Montag, September 28, 2009

SPD auf roter Liste

Der Bundesverband der Westerwelle-Imitatoren ist wegen erheblicher Alkoholisierung der Mitglieder voraussichtlich bis in die nächste Woche nicht zu erreichen. Satireschaffende zogen nach der Bundestagswahl jubelnd auf die Straßen und forderten Kohl als Kanzler. Ja. Der dunkle Lor.. ähm ... Schwarz-Gelb ist zurück an der Macht. Man mag da jetzt nachvollziehbarer Weise in mehr oder minder komplexen Gewaltphantasien schwelgen. Die Wähler haben aber - soweit sie es trotz Wahlkampf-Sedierung bis in´s Wahllokal schafften - entschieden. So ist es. Der Auflösung des Volkes und seiner Neuwahl stehen nun einmal bedauerliche verfassungsrechtliche Hürden entgegen.

Jetzt haben wir also zu Angela Merkel auch noch einen gebrochen Englisch sprechenden Außenminister. Nicht nur wegen der zu erwartenden .. ähm .. robusten .. Afghanistanpolitik ein klarer gestreckter Mittelfinger in Richtung Bin Laden & Co.

Die Schwarz-Gelbe Morgendämmerung kam etwas überraschend, hatten sich doch alle darauf eingerichtet, dass es, solange die SPD nicht unter 5 % rutscht, irgendwie so weitergeht wie bisher. Auch in Magdeburg hatte eigentlich alles fest mit einer Siegerlage der SPD gerechnet. Burkhard Lischka (SPD) würde es schon irgendwie schaffen - notfalls laufen Sozialdemokraten in Magdeburg auch über´s Wasser. Er wurde Dritter. Nur dank eines günstigen Listenplatzes reichte es für ihn dann doch noch. Triumphieren konnte Rosemarie Hein (Linke). Auf den Fotos schaut sie ein bisschen so, als würde sie erwarten, dass gleich Frank Elstner um die Ecke kommt und "Verstehen Sie Spaß?" ruft. "Der von hier", Bernd Heynemann (CDU), bleibt tatsächlich hier. Obwohl er sich verblüffend dicht an an Platz 1 herangepirscht hatte, wurde er zunächst von der eigenen Partei und nun vom Wähler vom Platz gestellt. Vielleicht wäre der Besuch einiger Wahlforen doch hilfreich gewesen? Auf den Plätzen Koehler (FDP) und Frederking (Grüne).

Das schöne an Wahlabenden sind ja eigentlich die gequälten Äußerungen der Politik, wieso die erdrutschartigen Verluste der jeweils befragten Partei bei genauer Betrachtung als strahlender Sieg durchgehen. Leider war diesmal die SPD so schwer getroffen, dass aufmunternde Stellungnahmen nicht zu erhalten waren. Eine kleine etwas abseitige Perle brachte jedoch die MLPD hervor. Man könnte nun ja mit Fug und Recht behaupten, dass der Rückgang des Stimmenanteils im Wahlkreis Magdeburg von 0,4 auf 0,3 % zumindest kein großer Schritt hin zur Weltrevolution war. Wie wird wohl die Meldung der Partei nach diesem doch etwas durchwachsenen Ergebnis aussehen? So: "Erfolgreiche Wahlfeier der MLPD in Magdeburg!" Na also. Bier und Knabbergebäck waren rechtzeitig im proletarischen Einsatz.

Auch gelungen: Die Piraten. Während vor der Wahl noch 5%-Parolen ausgegeben wurden, wechselten die Verlautbarungen dann während der Auszählung schnell zu den absoluten Zahlen. Klingt einfach schöner. Später wurde ordentlich über 2 % bundesweit (3,3 % in Magdeburg) gejauchzt. Immerhin ist es gelungen die Stimmen der internetaffinen, männlichen, ledigen, unter dreißigjährigen Menschen ziemlich gut aus dem Bundestag rauszuhalten. Ein Bienchen erhält klar Pirat "Phil H." der der CDU bei Twitter eine vernichtende Kritik ("#CDU-") entgegenwarf: "Die CDU/CSU hat 72,2 mal so viele Mitglieder wie die Piraten aber nur 17.3 mal so viele Stimmen". Das ist wahrhaft fein errechnet. Soll sich die Merkel mal hinter die Ohren schreiben. Allerdings bräuchte die Union zwecks Erreichung des heiligen Faktors 72,2 immerhin 140,95 % der Wählerstimmen. Das gibt das deutsche Wahlrecht einfach nicht her. (Alternativ könnten CDU/CSU auch 488.816 Mitglieder feuern - der Schritt sollte aber noch mal durchdacht werden.)

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Sonntag, September 20, 2009

Parteien zur Wahl

KNoch eine Woche bis zur Bundestagswahl. Auch in Magdeburg. Schon jetzt lässt sich sagen, dass der Preis für das kurioseste Wahlwerbemittel klar an Bernd Heynemann (CDU) geht. Eine Zahnbürste. Mit dem Aufdruck "Bernd Heynemann - in aller Munde". Gut das die sonst so beliebte Wahlwerbung mittels Kondomen (Hatte vor Jahren nicht mal die Junge Union - vermutlich als Beitrag im Kampf gegen zurück gehende Geburtenzahlen - Kondome an ihre Broschüren getackert?) hier nicht zum Einsatz kam. Tatsächlich ist Kandidat Heynemann in den politisch interessierten Kreisen in aller Munde - allerdings eher, da er die Ochsentour der Wahlforen gerne durch gezielte Abwesenheit vermeidet.

Die Volksstimme würdigte die 5 Direktkandidaten der Bundestagsparteien jeweils in einer braven Homestory. Überraschend interessant waren die von den Kandidaten jeweils anzukreuzenden "Wahlversprechen". Einig sind sich alle fünf, dass sie den Solidaritätszuschlag beibehalten wollen (auch Ulrich Koehler (FDP) bekennt sich zu dieser nicht direkt die Steuerlast mindernden Position). Auch Europa findet allgemein Zustimmung. Der Ausbau der Elbe trifft überraschend auf einhellige Ablehnung. Anders bei der Rente mit 67. Burkhard Lischka (SPD) sagt dazu Nein, was angesichts der gegenteiligen SPD-Politik doch etwas überrascht. Weniger überraschend das Nein von Rosemarie Hein (Linke). Alle anderen sind bereit sich den Zorn der Prä-Senioren zu zuziehen. Bei stark steigender Rentnerzahl bräuchte es aber auch schon sehr überzeugende Argumente, um sonst eine glaubwürdige Beantwortung der Finanzierungsfrage zu stemmen. (Tipp an die Linke: Es ist heute unrealistisch davon auszugehen, dass die Rentner sich wie früher mit 65 zügig zur Republikflucht entschließen.) Die Hartz IV-Gesetze befürworten Lischka (SPD), Koehler (FDP) und Heynemann (CDU). Hein (Linke) und Dorothea Frederking (Grüne) sind dagegen. Da die Grünen die Einführung damals noch bejaht hatten, besteht da etwas Erläuterungsbedarf. Atomkraft finden alle doof (auch Bernd Heynemann). Nur Ulrich Koehler (FDP) will die Menschen in eine strahlende Zukunft führen. Auch der Mindestlohn erfreut sich außerhalb von Schwarz-Gelb breiter Zustimmung. Nur Heynemann und Koehler lehnen ab. Bundeswehr-Auslandseinsätze sind ebenfalls recht beliebt und stoßen nur bei Linken und Grünen auf ein Nein.

Die wählerverneinendste Strategie fährt im Ergebnis Ulrich Koehler (FDP). (Vermutlich will er sicher gehen, dass er nicht wieder nach überraschendem Wahlsieg erst auf das Mandat verzichten muss.) Rente mit 67, Hartz IV-Gesetze, Atomkraft, Auslandseinsätze und das alles ohne Mindestlohn. Nicht wirklich der Mainstream - allerdings die zu erwartende Realität.

Da war doch noch was? Natürlich. Die Anderen. Die ganz Anderen. Drei weitere Direktkandidaten runden das Ganze noch geschmacklich ab. Selbstverständlich greift auch Matthias Gärtner (NPD) wieder nach der Macht. Mit Plakaten hat er die Stadt jedoch diesmal verschont. Danke. Anders Daniel Wiegenstein (MLPD). Die MLPD hat ziemlich sicher mehr Plakate gehängt, als sie Wähler zu erwarten hat. Da wird Lenin plakatiert, eine Rebellion gefordert und gleichzeitig mehr demokratische Rechte versprochen. (Letzteres war nicht das zentrale Anliegen Lenins. Da muss noch etwas am Klassenstandpunkt gearbeitet werden.) Eva-Maria Godau tritt als Unabhängige für ein Willi-Weise-Projekt an. Was immer dies für ein Projekt sein mag - sie wird ihm erhalten bleiben.

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Sonntag, August 16, 2009

Die für hier

Halbtot schleppt sich der Bundestagswahlkampf durch die Republik. Auch in Magdeburg wird an der Aufforstung des Plakatwaldes gearbeitet. Bisher haben drei der Direktkandidaten Plakate ins Rennen geschickt. Etwas überraschend war das bei Ulrich Koehler (FDP). Dass sein Plakat (Stark vor Ort) die Straßen zierte, ist erst etwa 2 Monate her. Bei der Wahl zum Stadtrat gewann er zwar letztendlich ein Mandat, nahm es dann aber nicht an. Ansatzlos ein paar Wochen später das nächste Amt plakativ (Die Mitte stärken) anzustreben, ist schon recht kühn. Eine wirkliche Stärkung der Glaubwürdigkeit geht von solchen kuriosen Manövern nicht aus. Der geneigte Wähler könnte sich etwas veralbert fühlen und bezüglich der Ernsthaftigkeit des Politikangebotes Zweifel anmelden. Es gab Spekulationen, ob unter diesem Aspekt die FDP die eh nicht sonderlich chancenreiche Direktkandidatur weniger stark in den Mittelpunkt der Kampagne stellt. Naja.

Während Linke und Grüne auf dem Direktkandidatenmarkt noch nicht Gesicht zeigen, ringen die beiden Favoriten bereits um die Wählergunst. Burkhard Lischka (SPD) meint auf seinen Plakaten, es wäre Zeit für wichtige Entscheidungen. Tja, das sind die knallharten Positionen der SPD, die zu ihrem derzeitigen Triumphzug entscheidend beitragen. Bernd Heynemann (CDU) kontert mit "Der von hier". (Angesichts seiner überraschend schlechten Listenplatzierung des Kandidaten wird in CDU-Kreisen ein "Der bleibt hier" gefrotzelt.) Dass die selbst ernannte Partei der deutschen Einheit in Magdeburg mit einem nur leicht verklausulierten Anti-Wessi-Slogan auf Stimmenfang geht - oje, die Welt ist schlecht. Bernd Heynemann (Geburtsort: Magdeburg) hat seinem SPD-Kontrahenten (Geburtsort: Marsberg, NRW) ostdeutsches Geblüt "voraus". Die SPD könnte allerdings eine "Rote Socken"-Kampagne fahren. Während Heynemann auch schon auf eine SED-Mitgliedschaft zurück blicken kann, ist dieses Schicksal Burkhard Lischka, zumindest auf Grund der Gnade der sehr weit westlichen Geburt, erspart geblieben.

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Dienstag, Juni 02, 2009

Tiefenprüfung

Der Begriff des Ausmistens ist integraler Bestandteil des seit der Zeit der Vorväter praktizierten Brauchs des Frühlingsputzes - lies future die überraschte Wählerschaft per Volksstimme wissen. Als man bei future die wundervollen - jedoch etwas in die Kritik geratenen - "Ausmisten-Plakate" entwarf, schwelgte man engelsgleich in poetischen Höhen. Man dachte nicht daran schnöde andere Stadträte auf den Misthaufen der Geschichte zu befördern - nein. Es ging um ... ähm ... Frühjahrsputz! Frühjahrsputz und Ausmisten, dass ist doch quasi ein und dasselbe. Gut - kommt vielleicht auch auf die betroffene Wohnungseinrichtung an. Der Ansatz wäre noch glaubwürdiger, wenn man ihn vorab schon einmal gebracht hätte.

Schon in der ersten Berichterstattung hatte die Volksstimme den Ausmisten-Slogan als provokant bezeichnet. Frühjahrsputz dient nur sehr selten als Provokation. Die gleichfalls erzürnte FDP wurde am 17. März noch recht rüde damit beschieden, dass die schleswig-holsteinische FDP so etwas auch schon mal gemacht habe. (Den komplett ohne die Vokabel Frühjahrsputz auskommenden Beitrag von Oliver Schilling gibt es hier) Soso. Schleswig-Holstein. Da war jetzt im Volksstimme-Beitrag gar nicht die Rede von.

Unterdessen ergießt sich über die Leser der Volksstimme eine Flut von kurzen Prosastücken der einzelnen Parteien. In SMS-Kürze sondern die Parteien (die NPD darf erfreulicherweise nicht mitmachen) positives zu 12 Themen ab. Da die Parteien nicht aufeinander reagieren können, aber auch Gewichtungen und reine Programm-Lyrik unklar bleiben, ein sehr zweifelhaftes Lesevergnügen. So sind eigentlich alle Parteien (bis auf Burkhard Lischka (SPD) - er spricht da aber nur für sich selbst) für eine Öffnung der Schuleinzugsbereiche - die ja aber in der Praxis seit Jahren trotzdem nicht erfolgt. Der Volksstimmeleser könnte angesichts der offensichtlichen Allmacht Lischkas etwas in Erstaunen geraten - tatsächlich ist der Stadtrat aber bloß nicht in der Lage gegen den Willen des Landes die Schulgrenzen einzureißen. Die Volksstimme lässt das Phänomen unerläutert. Es fehlt leider (vom Offenen Kanal abgesehen) generell eine nennenswerte journalistische Begleitung der Kommunalwahl. Die Wahlbeteiligung wird wohl bisher nicht für möglich gehaltene Tiefststände erkunden.

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Freitag, Juli 11, 2008

Ein Stück weit

Das Wort "dumm" ist im Sprachgebrauch der lokalen Tagespresse eher knapp. In Überschriften trifft man es praktisch gar nicht an (also "Quastenflosser" kommt da bestimmt häufiger). In Verbindung mit dem Namen eines Beigeordneten? Das war noch nie. Aber es gibt ja immer ein erstes Mal. Stadtrat Burkhard Lischka (SPD) war der Ansicht, dass das was der Baubeigeordnete Jörn Marx (CDU) so mitteilte "ein Stück weit dumm" sei. (Ist die Floskel "ein Stück weit" eigentlich nicht inzwischen international ein Stück weit geächtet?) Fatal für den Baubeigeordneten ist jedoch die Tatsache, dass die Einschätzung des Stadtrates Lischka ... nunja .... ein Stück weit ... auch von anderen Mitgliedern des geschätzten Kollegialorgans ... also ... so richtig widersprochen hat keiner!

Die löblichen Aktivitäten der Stadt Magdeburg im so genannten Elbebahnhofsareal werden teurer als erwartet. (Was für eine Überraschung. Ein städtisches Vorhaben wird teurer als geplant! Das war ja noch nie. Auf keinen Fall wird das beim bekanntlich praktisch kostenfreien Tunnel passieren! Eher wird Brüning Beigeordneter ...ähmm...) Um nun Übel von der Stadt abzuwenden, muss das Geld möglichst schnell organisiert werden. Da sich Banküberfälle und Drogenhandel für eine seriöse Großstadt verbieten, muss man hektisch irgendwo andere Massnahmen ins finanzpolitische Nirwana schicken. Da bieten sich Kindereinrichtungen (Montessori und Pusteblume), Rettungsprojekte für daniederliegende Stadtteile (Salbker Wasserturm), Kulturvorhaben (Kaserne Mark) und bereits eiternde Projekte (Wittenberger Platz) wie von selbst an. Die jeweils Betroffenen drängen dem Beigeordneten das Geld geradezu auf. Sagt er.

Der Abgleich mit der Lebenswirklichkeit kann dann sehr hässlich werden. Wolfgang Wähnelt (Grüne) stutzte beispielsweise angesichts einer überraschend auftretenden Kostenhalbierung beim Wittenberger Platz. Auch der Beigeordnete zeigte sich auf Nachfrage ratlos (Schnäppchenpreise im Baumarkt erwischt?) Nachdem der Baubeigeordnete die Antwort am Donnerstag schuldig blieb (340.000 € - man kann sich ja nun nicht um jede Kleinigkeit kümmern) hat doch der Grüne die Frechheit die Frage am Montag nochmal zu stellen! Statt sich ordentlich zu freuen, dass das ganze so unglaublich billig wird, fängt er an mit Fragen zu nerven. Natürlich hatte der Baubeigeordnete in den vergangenen bummelig 96 Stunden keine Gelegenheit sich mit diesem Detail zu befassen. Angemerkt sei, dass auch der ihm unterstehende langjährige Beherrscher des Stadtplanungsamtes, Ekkehard Peters, keine Idee hat, was mit den ganzen Kosten passiert sein könnte. Da sollte man mal die Bürgerauskunft anrufen.

Auch die anderen Betroffenen erhielten dann noch nach und nach die Möglichkeit ein wenig zu schäumen, um so zu demonstrieren, dass im Baudezernat die Aktenkenntnis nicht ganz so verbreitet ist. Letztendlich teilte der Oberbürgermeister noch mit, dass alle Aufträge aus dem Baudezernat vor Auslösung jetzt ersteinmal über seinen Tisch und den des Bauausschusses gehen müssen. Da fragt man sich ja ein Stück weit, wozu so ein Beigeordneter gut ist, wenn es der OB doch selbst macht.

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