Montag, April 27, 2009

Stimmung wie bei Nieselregen

Es scheint gar nicht so einfach zu sein, mehr oder weniger geeignetes Personal auf die Wahllisten der Parteien zu treiben. Nach future haben auch FDP, CDU, SPD und Grüne jeweils Abgänge bei den Kandidaten zu verzeichnen. Besonders hartnäckig scheint die SPD, die Widerspenstige sogar noch bis in den Wahlausschuss zerrt, um dann festzustellen, dass der Delinquent auch unter Androhung von Ehrenmitgliedschaft und weiteren Übeln nicht bereit ist, die Zustimmungserklärung zur Kandidatur zu unterzeichnen.

Der inhaltliche Schwung des derzeitigen Wahlkampfs ist am ehesten mit der Dynamik eines Trauerzugs bei lästigem Nieselregen zu vergleichen. Großes Skandalthema war eine uralte Dienstanweisung des Oberbürgermeisters, wonach die Stadtverwaltung sechs Wochen vor der Wahl aus Gründen der Neutralität nicht zu Politveranstaltungen aufläuft. Ein in Sorge vor einem möglichen oberbürgermeisterlichen Bannstrahl tief ergriffener Amtsleiter hatte vorsorglich auch die Teilnahmen an Sitzungen der Arbeitsgruppen Gemeinwesenarbeit abgesagt - zum Stadtrat wollte er aber wohl noch kommen. Gähn. Die Volksstimme stürmt etwas im Wasserglas. Sonstige inhaltliche Auseinandersetzungen finden - zumindest in der örtlichen Presse - nicht mehr statt.

An der Plakatfront sind nun auch Grüne und CDU mit Kopfplakaten erschienen. Die CDU klebt sogar kommunale Großflächenplakate, irgendwas mit starken Kommunen und starkem Land. Vermutlich hat es der Landesverband finanziert und der will das Wort Land drinne haben, auch wenn es bei Kommunalwahlen keinen Sinn macht und eine Erwähnung Magdeburgs (von Problemen der Stadt wollen wir mal gar nicht reden) nicht zwingend schädlich wäre.

Immerhin hat nun der Europawahlkampf begonnen. Die SPD hat einige Großplakate aufgestellt in denen Wähler von CDU, Linke und FDP als miese Kredithaie und sonstiges Lumpenpack (sie drückt es tatsächlich nur geringfügig netter aus) belegt werden. Ob das hilft? Wenn ja, wem? (Die Grünen kommen ungeschoren davon und sollen daher eine Protestnote überreicht haben.)

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Donnerstag, April 16, 2009

Hat eine Gewaltherrschaft nicht auch Nachteile?

Wenn man der Volksstimme Glauben schenken kann (und wem sollte man sonst Glauben - ist ja keiner da) streben 370 Menschen die Position eines Stadtrates an. Das sind immerhin etwa 0,16 % des Gesamtbevölkerung. Unter diesen Wert wird die Wahlbeteiligung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sinken, selbst wenn die praktisch völlige Abwesenheit öffentlicher inhaltlicher Diskussionen sich so fortsetzt.

Unter den glorreichen 370 befinden sich leider auch 11 Halb- bzw. Nachtschattengewächse, die uns - ob wir nun wollen oder nicht - von der Tyrannei des "Systems" befreien wollen. Soweit man aus den abgesonderten Worthülsen der NPD entnehmen kann, wird nach der Beendigung des derzeitigen Systems (das "Kentern" des "Schiffs" der "Scheindemokraten" wird von den Nichtdemokraten für 2014 vorausgesagt) allerdings nicht so sehr das Prinzip der freien Liebe und Gütigkeit vorherrschen. Der NPD schwebt mehr so eine echte Demokratie vor, wobei ihr jedoch andere Parteien als die NPD verzichtbar erscheinen (alle anderen, wirklich alle, sind nämlich Scheindemokraten - sagt die NPD). Auf die selbst gestellte Frage, was man am derzeitigen System vor Ort verbessern kann, antwortet ein Michael Grunzel (den Namenswitz lasse ich jetzt mal ungemacht): "Eigentlich nichts. Es gehört beerdigt." (Liebes Bundesverfassungsgericht! Das mit dem Beerdigen meinen die erfahrungsgemäß nicht metaphorisch. Nicht dass, wenn alle wieder vor pittoresken Trümmerlandschaften knietief durch Blut waten, einer kommt und fragt, wie das geschehen konnte!)

Die beabsichtigte Errichtung einer Gewalt- und Schreckensherrschaft kann man doch schon noch irgendwie feinfühliger verpacken. Überhaupt bereichert die NPD einen an sich ja eher harmlosen Kommunalwahlkampf mit Vokabeln, die seit etwa 70 Jahren nicht mehr im Gebrauch waren. Da ist von "rote(n) Mordbestien" und "Mordbuben" zu lesen (eine konkurrierende, wohl eher linksgerichtete Gewaltherrschaft hatte in Stadtfeld Ost NPDler mit Tränengas und Steinen angegriffen). Obwohl es sich um rote "Mordbuben" gehandelt haben soll, wittert die NPD ausgerechnet die Grünen als Verantwortliche, was dann ja eigentlich als grüne Mordmädels und -buben (immer schön gendern!) Eingang in die NPD-Parteipresse hätte finden müssen.

Das Schöne an der NPD ist ja - man muss sie nicht wählen. Also noch nicht. 2014 kann das schon ganz anders sein.

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Montag, April 13, 2009

FV(W)GbB-WdfIV

Es herrscht gepflegte Langeweile. Selbst die sonst zu Ostern übliche Asthmatikerbekämpfung mittels dichter Rauchschwaden war allerhöchstens halbherzig. Nun sind zwar die zündelnden Rentner nicht irgendwie vernünftig oder so geworden - bei diesem Sommer-Wetter war es aber schon sehr mühselig, das Brenngut in einem traditionsgemäßen feuchten Zustand zu halten.

Auch die Presse baumelt gelangweilt mit den Beinchen. Ein Mischlingshund namens Rudi aus einem Dorf bei Stendal schaffte es zur Titelstory der Volksstimme, da er angesichts eines umsichgreifenden Duftenkerzeninfernos wiederholt unruhig vor Frauchens Bett erschien. Auf der Lokalseite dominieren Parkanlagen und Brunnen.

Etwas Abwechslung wird auf Bundesebene geboten. 32 Parteien stehen bereit uns zur Europawahl zu beglücken. Allein vier Rentnerparteien balgen sich um die Senioren - (dabei tritt future! noch nicht mal an!) 50plus, Graue, RRP und RENTNER, diese Abkürzungen wird man sich vermutlich nicht dauerhaft einprägen müssen. Der Preis für das einprägsamste Kürzel geht an - das FBI! Die Freie Bürger-Initiative (FBI) müsste allerdings schon diverse X-Akten lösen, um für eine Überraschung zu sorgen. Zwei Gruppierungen streben - wenn es nach ihrem Namen geht - Volksabstimmungen oder -entscheide an. Darunter auch die Gruppe mit dem längsten Namen - die zugleich konsequenterweise auf eine Abkürzung verzichtet. Kein Wunder. "FV(W)GbB-WdfIV!" würde auch mehr so aussehen, als wäre der Parteivorsitzende beim Ausfüllen des Meldeformulars übel mit dem Kopf auf die Tastatur geknallt. Für Prosa-Freunde hier der volle Name: "Für Volksentscheide (Wählergemeinschaft), Gerechtigkeit braucht Bürgerrechte - Wir danken für Ihr Vertrauen!" (Sehr schön der Dank für das Vertrauen. Es nervt ja sonst immer am Wahlabend, wenn jeder sich ersteinmal bei seinen Wählern bedankt. Das nun schon auf dem Wahlzettel abzufeiern ist zumindest innovativ.) Für die Piratenpartei (PIRATEN) (INDIANER! wäre als Abkürzung schon noch lustiger gewesen.) gilt vor allem - haltet Euch von Häfen, Marine-Stützpunkten, US-amerikanischen Konsulaten, der Buckauer Fähre und sonstigen Wasserfahrzeugen etc. fern! Der Name könnte derzeit etwas missgedeutet werden. Ein Wort noch an die EDE (Europa-Demokratie-Esperanto): Ist Esperanto nicht zu kurz gesprungen? Wäre Klingonisch (Soll in weiten Teilen von Halle (Saale) bereits Amtssprache sein!) nicht in einem galaktischen Sinne konsequenter?

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Dienstag, April 07, 2009

Betörend

Ah jeh. Jeden Tag neues Geraschel im sprießenden Plakatwald. Die FDP geht zwei Monate vor der Wahl dazu über, die lieblichen Gesichter ihrer Kandidaten ins Straßenbild zu rücken. Einheitlicher Slogan: "Stark vor Ort". Nichts gegen den Liebreiz der FDP-Kandidaten. Wieso aber sollte der gemeine Wähler, der die Gesichter und Namen im Normalfall nicht kennen wird, jetzt freudig zur Wahltat schreiten? Weil jemand meint schon stark vor Ort zu sein? Was konkret ist da eigentlich die Aussage? Über die derzeitigen Straßen in Magdeburg kann man mit Fug und Recht behaupten, dass auch Schlaglöcher ausgesprochen Stark vor Ort sind. Trotzdem würde man sie ja nicht wählen. Es will nicht in meinen Kopf, wieso Parteien immer davon ausgehen, dass der Wähler angesichts betörender Kandidatengesichter in Trance verfällt, sich den darunter stehenden Namen aufschreibt und dann in der Wahlkabine da seine Kreuze macht. Gerade bei den weithin unbekannten Kommunalwahlkandidatengesichtern wäre doch die Verknüpfung mit irgendeiner inhaltlichen Aussage erstrebenswert, damit das verzweifelte Wahlvolk in der Kabine sagt: "ach ja, die Müller-Meier - die ist doch für den Sonnenaufgang! Dann wähl ich die doch mal."

Bisher fehlt dem Wahlkampf jegliches inhaltliches Thema, wenn man mal vom Tunnel absieht, den die Linke mit ihrem Bürgerentscheids-Antrag im Stadtrat und die Grünen auf den Contra-Wahlplakaten thematisierte.

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Montag, April 06, 2009

Kleingedrucktes

Nach FDP, future und BfM griffen nun auch die Grünen in den reichlich frühzeitig geführten Wettbewerb Schöner unsere Masten ein. Ein inhaltliches Plakat! - dass man das noch erleben durfte! Um sich dem Genuss der grünen Argumentation Contra-Tunnel und einer Anspielung auf den Oberbürgermeister in vollen Zügen hingeben zu können, bedarf es allerdings idealerweise einer optimalen Sehschärfe und einer (besser ohnehin immer mitzuführenden) Trittleiter. Das auf dem Plakat scheinbar wiedergegebene oberbürgermeisterliche Bettgeflüster neigt etwas zum Miniaturismus. Eine durchaus beachtliche Kunstform - deren Einsatz auf Plakaten allerdings üblicherweise durch gemeine Zwänge der Praktikabilität gewisse Grenzen gesetzt sind. (Mit Plakaten in Brailleschrift wäre angesichts der in Tunneln ohnehin denkbaren Dunkelheit das Anliegen noch stärker auf den buchstäblichen Punkt gebracht.)

Da nun die eher kleineren Parteien sich bereits verhältnismäßig vollzählig an den Masten herumtreiben, ja sogar erste inhaltliche Forderungen gestellt werden, harrt jetzt alles dem Auftreten der etwas größeren Parteien. Die ignorieren bisher mit der stoischen Ruhe müder Brontosaurier die hektischen Aktivitäten im heimischen Laternenwald.

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Donnerstag, April 02, 2009

Hunger als städteplanerisches Problem

Der 1. April ist gerade verronnen. Die Lokalausgabe der Magdeburger Volksstimme hat mit der Entdeckung der händelschen Ode an Magdeburg einen recht gelungenen Aprilscherz gelandet. Wer die Hoffnung hegt, dass auch die Meldung über den Gottesdienst für Tiere solcher Art aufgelöst wird, muss leider enttäuscht werden.

Auch nur mit einer ordentlichen Portion gesundem Humor lässt sich die unendliche Diskussion um die Verkehrsprobleme der Straße Am Hopfengarten ertragen. Die nur mäßig mit Verkehr belastete und mit verhältnismäßig wenig Anwohnern versehene Straße hält die Welt in Atem. Da bekanntlich Kommunalwahlkampf ist, sah sich der örtliche Stadtrat der CDU, Frank Schuster, veranlasst, eine eigene Verkehrsplanung vorzulegen. Dieses Werk sieht den Bau mehrerer neuer Straßen vor, ohne dass man nur annähernd einen Sinn erkennen könnte (wenn man von der generellen Ankurbelung der Konjunktur mal absieht - dafür könnte man aber auch kostengünstiger große Löcher schaufeln und diese beliebig oft wieder zuschütten). Volksstimme-Leser Henning Plate lehnt sich mit einem beherzten "Hallo, wer zuhause?" gegen seine die Verkehrsplanung als Hobby betreibenden Nachbarn auf. Der grenzgeniale schustersche Plan sieht nämlich die Errichtung einer neuen Straße westlich der so genannten Spassvogelsiedlung vor. Dann hat die auf jeder Seite eine große Straße - das hilft sicherlich irgendwie weiter. Durch den geschickten Bau einer weiteren Straße soll dann die Zufahrt zur Magistrale "Am Hopfengarten" (Zufahrtsbreite derzeit geschätzte 2,20 m) um 200 Meter verlegt werden. Was das wogegen helfen soll - man weiß es nicht. Wie dramatisch die Probleme sind lässt sich gut an anderen diskutierten Aspekten ablesen. Die Versorgung des Gebiets mit Lebensmitteln (!) stellt sich als problematisch dar! Bevor jetzt Care-Pakete geschnürt, Rosinenbomber gestartet und Reissäcke angelandet werden - konkret geht es um die Versorgung der Gustav-Ricker-Straße mit ... Sonntagsbrötchen.

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