Aktion Schrotflinte II
Da es im Magdeburger Stadtrat keine klaren Mehrheiten gibt, kann man das ganze durchaus auch als sportlichen Mehrkampf der beteiligten Parteien in Strategie und Taktik werten. Vor sieben Jahren hatte die CDU mit der eigens entwickelten Konzeption "Schrotflinte" eine dermaßen krachende Niederlage erlitten (alle drei Posten gingen an die SPD), dass eine Selbstauflösung der Partei nicht wirklich fern lag. Damals war man auf die grandiose Idee verfallen, ruhig mehrere Kandidaten mit Unterstützung der CDU-Ratsfraktion ins Rennen zu schicken. Der Nachteil bei einem solchen Vorgehen liegt jedoch darin, dass auch CDU-Stadträte nur über eine Stimme verfügen. Dementsprechend verlor die sich gegenseitig Konkurrenz machende konservative Bewerberschar erst den Überblick und dann die Wahlen.
Lernfähigkeit ist allerdings möglicherweise nicht die hervorstechendste Eigenschaft der geschätzten christdemokratischen Parteigänger. Zumindest gelang es der Volksstimme bei Erwähnung von fünf Kandidaten gleich 3 CDU-Leute zu benennen, die auch alle ein Auge auf das selbe Amt (Wirtschaft) geworfen haben. Es wird nun also mit Spannung die Aufführung von "Schrotflinte II" erwartet. Neben Rainer Nitsche (schon das letzte mal Opfer der eigenen Partei) tritt auch Ralph Tyszkiewicz an. Letzterer leitet die im geheimen operierende städtische Gesellschaft für Wirtschaftsservice und versteht seine Bewerbung als Gnadenbeweis. Im Fall einer schlecht geeigneten Bewerberriege, wolle er sich nicht vorwerfen lassen, nichts zu machen. Nun könnte er ja mal sagen, ob die anderen Parteifreunde so maßlos schlecht sind, dass man wirklich auf ihn zurückgreifen müßte. Dritter im CDU-Bunde ist Klaus-Dieter Theise. Der derzeitige Chef einer Landesgesellschaft erwähnt immerhin mal inhaltliche Projekte. Außerdem bemüht sich auch noch der ebenfalls wohl eher konservativ als liberale Stadtrat Carsten Klein (FDP) um das Amt. Bei diesem bunten Strauß konservativer Kandidaturen könnte sich Amtsinhaber Dr. Puchta (SPD) am Ende doch noch über eine neue Amtszeit freuen dürfen.
Die eigentliche Überraschung ist jedoch die Kandidatur Hans-Werner Brünings (59, Linkspartei) für das Sozialressort. Gerade noch die Hände am Hals des Theaterintendanten hält er sich nun zur sachlichen Leitung eines mühevollen Dezernats für geeignet. (Hoffentlich halten sich die Hilfesuchenden mit Kritik zurück. Wer "Dumpfbacke" sagt, sollte dann lieber die Stadt verlassen.) Der Wunsch der Linkspartei nach Vollzug eines Generationenwechsels an der Fraktionsspitze ist zwar nachzuvollziehen, dass der Stadtrat sich aber dieser Weglobung anschließt, erscheint doch mehr als fraglich.
Wenn die beiden großen konservativen Parteien im Rat (CDU und Linkspartei) sich mal einigen würden - ihnen stünde alles offen. Die einen bieten aber die gesamte Mitgliederliste und die anderen den großen Polterer auf. Am Ende wird es dann halt wieder die SPD.
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