Samstag, Mai 10, 2008

Zoo: Tötet Knut!

Manche Dinge geht man in Magdeburg ja gänzlich anders an, als das andernorts für sinnvoll gehalten wird. Während es zum Beispiel ein Zoo in Berlin nötig hat, seine Popularität mit einem knuffigen Eisbärenbaby etwas zu befördern, greift man in Magdeburg gegen einen "Oh, wie süss!"-Faktor gnadenlos durch. Süss hin, Ethik her - ab auf den Müll mit den Tigerjungen. Rübe runter. Klappe zu - Tiger tot! Zack. Zack. Zack. Drei knuddelige Tigerbabys weniger. Da kann der Zoo doch aufatmen!

Die schockierte Zuschauerschaft ist schon froh, dass der Zoodirektor die Kleinen nicht persönlich totbeißt. Seinen Äußerungen nach wäre er im Interesse des Zoos dazu durchaus bereit. Dem rassisch unreinen Tigerpapa würde man sogar ganz gern noch das Tigerfell über die Ohren ziehen - macht sich bestimmt nicht schlecht als Trophäe am Zoo-Eingang. Nur die zuhauf mit Selbstverbrennung drohenden Rentner, konnten die weitere Tigermeuchelung vorerst stoppen. Möglicherweise gerät Tigervater Taskan demnächst aber in bizarrer Weise unter einen Rasenmäher oder wird auf der Flucht erschossen. Die noch andauernde Flucht des Luchses erscheint so in einem völlig neuen Licht. Wusste er zu viel? Kam er seinen Häschern zuvor?

Wieso, fragt sich der verdatterte Zooliebhaber, weicht der Magdeburger Zoo von seinem bisherigen Image ab und verlegt sich auf die Ausrottung des eigenen Tierbestandes? Zoodirektor Kai Perret argumentiert mit einem Gentest, wonach Tigerbabys und Tiger-Papa leider rassisch unreinen sind. (Da kann man nur inständig bitten, nicht auch noch Löwen, Giraffen, Elefanten, etc. einem solchen Test zu unterziehen - Magdeburg wird glatt noch zu einer großen Nummer im Elfenbeinhandel.) Ein Vorfahre der Sibirischen Tigerlein hatte ein Techtelmechtel mit einem Sumatratiger. Um das Zuchtprogramm nicht zu behindern, müssen aus Platzgründen die Tiger über die Klinge springen. Eine Abgabe an dubiose Händler kommt natürlich nicht in Betracht. Wer weiss was die mit den armen Tigern machen - am Ende landen die noch in irgendeinem Tiergehege, Zirkus oder Safari-Park! Nicht auszudenken. Da machen sie sich doch in der Biotonne viiieel besser.

Der Argumentation des Zoos ist eine interessante zynische Note nicht abzusprechen. Wo genau ist eigentlich der Unterschied zwischen dem, der seinen über die Urlaubstage überflüssigen Hund an der Raststätte aussetzt und dem Magdeburger Zoo, der lästige Tiere einfach tötet. Gut, der an der Raststätte ausgesetzte Hund ist nicht tot. Damit liegen die marktüblichen Tierquäler moralisch sogar noch einige Punkte vorn. Interessant wird es ja, wenn mal jemand anfängt die Staatsanwaltschaft mit einer Anzeige wegen Verstosses gegen das Tierschutzgesetz zu behelligen. Für das Töten süsser Wirbeltiere braucht man eigentlich einen vernunftbegabten Grund. Die Stammelei des Zoos: "Brauchen den Platz für reinrassigere Tiere" - ist alles mögliche, aber eben kein vernünftiger Grund. Dann könnte jeder beim Umzug in eine kleinere Wohnung ein wahres Massaker unter seinen bisherigen Hunden, Katzen, Hamstern und sonstigen nicht humanoiden Familienmitgliedern anrichten.

Der Zoo Magdeburg ist nicht bereit, seine Tiere als eigene Individuen anzuerkennen, für die man Verantwortung hat - auch wenn´s mal blöd läuft. Sind da Tierpatenschaftsvergaben nicht etwas arg verlogen, die ja genau diese persönliche Bindung vorgaukeln? Ist sichergestellt, dass man als Tierpate nicht versehentlich mit gekeult wird, wenn es dem eigenen Liebling aus organisatorischen Gründen ans Leder geht?

Apropos Patenschaften, Spenden, Sponsoring. Ist es unter finanziellen Gesichtspunkt wirklich sinnvoll, Tiere als Müll zu behandeln? Kostet das verlorengehende Wohlwollen und die damit ausbleibenden Einnahmen nicht mehr, als die zeitweiligen Einschränkungen beim Zuchtprogramm wert gewesen wären? Wer spendet schon, um dem Zoo die Tötung der süssen Wollknäuel finanziell zu ermöglichen? Darf man vielleicht zukünftig - gegen eine kleine Spende versteht sich - bei der Schächtung des Tierbestandes mit Hand anlegen? Damit erschlösse der Zoo völlig neue Interessentengruppen! Im Dienste der Wissenschaft versteht sich.

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5 Comments:

Anonymous Anonym said...

Mit den drei kleinen Tigern hätte man den Besucherschwund der letzten Jahre aufhalten können. Komisch: In Münster feierte Perret große Erfolge mit seinem Erlebniszoo, was ja auch der Grund für seine Berufung nach Magdeburg war. Hier soll der Schwerpunkt plötzlich auf der Zucht liegen. Besucher: Gott, wenn sie wollen, können sie ja kommen. Wenn nicht, die Stadt zahlt ja Zuschuß. Zirkus Probst, bekannt für seine zertifizierte Tigerzucht, hätte die drei Tiger mit Kußhand genommen. Aber nein, Zirkus ist nicht. Mir scheint, daß Herr Perret als Alt-Bundesbürger Probst nicht kennt, ist ja auch einer der beiden Privatzirkusse, die in der DDR zugelassen waren. Hat er wohl gedacht, ist einer der hunderten Allerweltszirkusse, die sich im Westen getummelt haben. Also, Anfrage von Probst aus dem Februar gar nicht erst beantwortet. Hätte ihn ja vielleicht jemand aufklären können, wer Probst ist. Nicht, daß ich ein Freund von Zirkussen bin, aber da hätten es die Kleinen sicher besser gehabt als jetzt im Himmel. Übrigens war der Zoochef gestern beim Stadtrat nicht bereit zu einem Statement gegenüber dem Offenen Kanal, die Volksstimme konnte ihm offenbar auch nichts entlocken. "Ich habe schon alles gesagt", so Perret zu mir. Gegenüber den Stadträten wird er sich am Dienstag äußern *müssen*.
Ansonsten: Mittwoch "Aufgespießt" im Offenen Kanal gucken, da ist das auch Thema.

2:41 AM  
Anonymous Anonym said...

Tschüss Magdeburg !

Meine Geschwister Ludwig, Mechthild und ich, Otto waren nur einen Tag hier am 4.5.2008, aber vielleicht war das gut so. Das fand jedenfalls das Veterinäramt, die Ethikkommission, der Ausschussvorsitzende und der Zoodirektor. Nur schade, dass ich nicht mehr die vielen Tierfreunde in Magdeburg kennenlernen konnte. Tja vieleicht werde ich nächstes mal als Hund geboren.

4:01 AM  
Anonymous Anonym said...

Was ist das für ein Leiter, der nur Kommentare abgeben will, wenn er den Strahlemann in den Medien geben kann?

Einem ZDF-Team hat Dr. Perret am Donnerstag ein Interview verweigert. Gestern wurde nun für Dienstag ein neuer Anlauf vereinbart...

6:16 AM  
Anonymous Anonym said...

Knut soll nicht getötet werden!!!

5:16 PM  
Anonymous Anonym said...

hoffentlich liest die welt das.
hirnrissige strategie eines armen (i.s. von bemitleidenswert) zoos, der wohl grad auf das völlig falsche pferd setzt - natürlich rassisch rein und mit 1000jährigem ahnenpass.
das image von zoo und md hat mal wieder punkte gesammelt...

8:35 PM  

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