Das ist aber auch eine merkwürdige Woche. In Berlin haben sie Hitler den Kopf abgerissen - 80 Jahre zu spät. Aber besser spät als nie. In Herne fühlten sich rechtschaffende Exhibitionisten von einer sich empörenden Frau belästigt und schlugen auf sie ein. In Magdeburg-Cracau wurde in den Pfeifferschen Stiftungen eine Kasse des Vertrauens geklaut. Mit dem Vertrauen ist das halt so eine Sache.
Letzteres dachte sich auch der Magdeburger Oberbürgermeister. Damit er nicht vor Wut platzt, schmilzt, umfällt oder einer sonstigen Fehlfunktion erliegt, hat er mal ein bisschen Dampf abgelassen und die Magdeburger CDU als intriganten, unzuverlässigen, piiiiiiiiiiiip, piiiiiiiiiip, piiiiip piiip-Haufen gebrandmarkt. Es wurde mal von oberster Stelle intensiv aus dem Nähkästchen geplaudert. Absprachen, auch die zur Geheimhaltung, muss man derzeit gegenüber der Magdeburger CDU nun wirklich nicht mehr zwingend einhalten. Von Interesse dürfte für Klaus Puchta (SPD, noch amtierender Wirtschaftsbeigeordneter) gewesen sein, dass seine Partei ihn bereits 2006 im Zuge der Vereinbarung einer verdeckten CDU/SPD-Koalition (wählst Du meine Drei ohne blöd zu fragen, wähle ich Deine Drei ohne blöd zu fragen) im Interesse der sozialdemokratischen Sache dran gegeben hatte. Die seit dem erfolgten Wahlen (Jörn Marx (CDU), lustigster "Baubeigeordneter" seit den napoleonischen Kriegen, das ist aber eine andere Geschichte; Klaus Zimmermann (CDU)) standen alle schon unter diesem Eindruck. Nun auch der Austausch Nitsche (CDU) für Puchta (SPD). Auch OB Trümper wählte nicht seinen SPD-Wirtschaftsbeigeordneten Puchta. Die SPD also mal ziemlich geschlossen über lange Zeiträume einer taktischen Maßnahme folgend. (SPD und geschlossen - bei inhaltlichen Sachen schließt sich das in Magdeburg aus) Was macht da die CDU? Minuten nach dem der "Vertragspartner" seinen Beigeordneten zweimal kielholte? Vor der schwierigen Entscheidung stehend, entweder Bröcker (SPD) (wenn sie nicht gerade Altenheime versenkt, doch als kompetent anerkannt) zu wählen und den Deal einzuhalten oder doch lieber Brüning (Linke) (hatte ich schon mal das Wort "granteln" erwähnt?) macht die CDU den Brutus. (Mildernde Umstände: Möglicherweise war die CDU etwas überrascht davon, dass die FDP in Hans-Werner Brüning den Garanten für eine wirkungsvolle liberale Sozialpolitik sieht. Aber Inhalte standen eben nicht so richtig im Vordergrund.)
Bleiben noch einige Petitessen anzumerken. Der OB teilte mit, dass er 2006 lieber Dieter Scheidemann (parteilos) als Jörn Marx (CDU) zum Baubeigeordneten gewählt hätte. Marx, der verbüffend tolpatschig durch den Ring schlingert, wird sich über diesen Vertrauensbeweis seines Oberbürgermeisters masslos freuen.
Hans-Werner Brüning (Linke) zog aus diesem ganzen Intrigantenstadel eine verblüffende unrealistische Konsequenz: "Solche Deals sollten künftig nicht mehr stattfinden!" Das ist ungefähr so, als wollte man nach einem kräftigen Landregen behaupten das Phänomen der Wolkenbildung sei nunmehr am Ende und würde sich zukünftig nicht mehr wiederholen.
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