Donnerstag, Juni 23, 2011

Unorthodox

Knarrend wird der hildegunstsche Sargdeckel etwas angehoben. Haltloses nicht enden wollendes Gelächter dringt hervor.

Sind Sie Angehöriger einer Minderheit? Toupetträger, Dieter-Bohlen-Fan, FDP-Wähler, Theatergänger, Blogleser, Rentner .. was auch immer? Nehmen Sie sich in Acht! Derzeit streift der Magdeburger Oberbürgermeister um die Blöcke - immer bereit eine arglos am Wegesrand weidende Minderheit aufzulaschen (Wie der gemeine Magdeburger sagen würde.).

Es fing harmlos an. Zunächst erregte die russisch-orthodoxe-Kirche an sich das grundlegende Missfallen unseres Oberbürgermeisters. Da sie bei der Behandlung ihres Bauanliegens auch selbst ausgesprochen unorthodox verfuhr und auf eine Errichtung der Kirche per göttlichem Wunder zu vertrauen schien, eine eigentlich unverdächtige Reaktion. Nun scheint die Glaubensgemeinschaft jedoch inklusive der nächsten Generationen in städtische Ungnade gefallen zu sein. Eher baut Al Qaida in Magdeburg eine Moschee als dass die Russisch-orthodoxen hier zwei Baumstämme übereinander stapeln.

Überraschender sein beherztes Vorgehen gegen Homosexualität. (Zur Frage der Zulässigkeit von Heterosexualität liegt noch keine abschließende Äußerung vor.) Nicht nur, dass er zum 10. mal die Schirmherrschaft über den Christopher-Street-Day ablehnte - er gab auch - wo es doch das 10. Jubiläum war - deutlich zu verstehen, dass er sich durch diese dauernden nervigen Anfragen diskriminiert fühle. Eine recht unorthodoxe Vorgehensweise, wenn man bedenkt, dass der OB - so wird gemunkelt - der SPD nahe stehen soll, die sich wiederum eher aufgeschlossen darstellt. Andere Städte nutzen kulturelle Veranstaltungen von Schwulen und Lesben geradezu, um sich als tolerant und weltoffen zu präsentieren (Unabhängig davon, ob sie´s tatsächlich sind.) und demonstrieren auch abseits der Niederlegung von Kränzen an Gedenktagen, dass die Stadt, die Mehrheitsgesellschaft und als ihre Verkörperung eben auch ein OB zu ihrer Minderheit stehen - in guten wie in schlechten Tagen. Mit der Ablehnung der CSD-Schirmherrschaft (bei gleichzeitiger Übernahme der Schirmherrschaft für ein Beton(!)bootrennen) hat der Oberbürgermeister ein beeindruckendes Fanal gegen von ihm erkannte sexuelle Irrwege gesetzt, für das sich der Beifall allerdings in sehr engen Grenzen hält.

Jetzt hat der Oberbürgermeister falsch geparkt - er stand auf einem Behinderten-Parkplatz. Das wäre eine Meldung, die nicht ganz die Bedeutung umstürzender Lebensmittelbehältnisse im Fernen Osten erreichte, wenn sie der Oberbürgermeister nicht in prägnanter Weise kommentieren würde. Also zunächst ist es nach seiner Meinung nämlich total unwahrscheinlich, dass sich so spät abends noch Behinderte in der Gegend rumtreiben und am Ende dieselbe Kulturveranstaltung besuchen wie er. Ähm. Tja. Die Ausgangssperre für Behinderte verbirgt sich wohl irgendwo im städtischen Satzungsdschungel. Auch der Oberbürgermeister scheint nach dieser beherzten Ansage noch Platz für Zweifel gesehen zu haben. Er schickt sein städtisches Ordnungsamt ins Rennen. Siehe da! Das vom Oberbürgermeister übersehene Schild war nur ein unverbindlicher Vorschlag der Verwaltung und keinesfalls ernst gemeint. Puh! Da ist der nur kärglich besoldete Oberbürgermeister nur knapp einem drakonischen Bußgeld entgangen. Der aufmerksame Leser wird jetzt interessiert feststellen, dass sich also die städtischen Verkehrsschilder Magdeburgs in zwei Kategorien einteilen lassen: ernstgemeinte und humoristische. Eine bürgenahe Stadtverwaltung würde ja nun einen Stadtplan herausgeben, auf der die humoristischen eingetragen sind. Wie oft hält man sich versehentlich an lediglich aus Schabernack oder ästhetischen Gründen aufgehängte Schilder? Die Leser mit dem ein oder anderen Gebrechen werden sich Fragen, ob die neue Richtung der städtischen Behindertenpolitik für sie weitere Nachteile bringt. Dürfen Behinderte Behindertenparkplätze benutzten? Darf man mit Rollator ins Rathaus? Könnten Hörgeräte oder Brillen das Missfallen städtischer Mitarbeiter erregen?

Statt bei einem so winzig kleinen Verstoß zu sagen: "Sorry, wenn ich Pech habe passiert mir das auch wieder." und das Bussgeldchen zu bezahlen, gelingt es dem Oberbürgermeister die Titelseite zu entern. Beeindruckend effiziente Öffentlichkeitsarbeit.

Derzeit wartet alles gespannt auf die nächste anzugehende Minderheit. Rettungssanitäter? Journalisten? Sozialdemokraten?

Eins ist klar. Als lesbische, russisch-orthodoxe Behinderte sollte man sich eine Einreise nach Magdeburg derzeit gründlich überlegen.

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Mittwoch, September 08, 2010

Retro

Genug vom gestressten Alltagsleben? Mal entspannen? Abtauchen in eine ganz andere Zeit? Als die Welt noch einfach war? Die Guten gut - die Bösen böse! (Wobei früher in hiesigen Landen heute unorthodox anmutende Ansichten vertreten wurden. So war Stalin z.B. gut - wenn man das anders sah, war man böse).

Das Eintauchen in diese längst versunkene Welt wird einem erfreulicherweise durch die Magdeburger Volksstimme ermöglicht. Einfach mal den Artikel "Boese-Privatweg wird 1957 zu Karl-Kühn-Weg" vom 7. September lesen und man fühlt sich gleich 40 Jahre jünger. Vor dem geistigen Auge marschieren wieder fesche FDJler, Ulbricht näselt irgendwas krasses und die Transportpolizei meckert über zu lange Haare.
Eine Perle wie: "Im Unterschied zu den angloamerikanischen Besatzungstruppen [im Westen der Stadt] sorgte die SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) in Magdeburg-Ost dafür, dass umgehend demokratische Selbstverwaltungsorgane ihre Arbeit aufnahmen." liest man heute doch eher selten. Stalins Bemühungen um die demokratische Selbstverwaltung werden, in unserer Zeit des doch irgendwie erstarkenden Imperialismus, viel zu selten gewürdigt!

Die Chronik der Stadt Magdeburg zum Beispiel ist voll von Lügen und böswilligen Verleumdung. Da wird doch infamer Weise behauptet zwischen dem 20. und 23. Mai wären im demokratischen Osten der Stadt Männer (NSDAP-Mitglieder, aber auch ehemalige Wehrmachts- und Volkssturmangehörige sowie Männer die sich lediglich der Tatsache der Arbeitsfähigkeit oder Nichtortsansässigkeit schuldig machten) verhaftet und in die Sowjetunion deportiert worden - wo sie aufgrund ihres Ablebens zu einem erheblichen Teil auch verblieben.

Da zeigt sich der Generallisimus großzügig bei der Frage des Sonderurlaubs und wie wird es ihm gedankt?

Wie in allen guten Demokratien wurde übrigens am 17. Juli 1945 in Cracau Moskauer Zeit eingeführt. Sachsen-Anhalter stehen früher auf!

Man könnte nun noch etwas länger zu den Schwächen der sowjetischen Demokratie im allgemeinen und in Cracau im besonderen ausführen (Fragen Sie doch mal bei der Volksstimme, ob eingesetzte Bezirksbürgermeister auch schon mal ihren überraschend kurzen Lebensabend in Lagern verbrachten.), letztlich dürfte sich im Punkt Errichtung demokratischer Strukturen zumindest kein gravierender Vorsprung der sowjetischen Freunde vor den angloamerikanischern Besatzern ergeben. Bei aller Liebe - wirklich nicht!

Wenn ein Volksstimme-Artikel vom 20. Oktober 1949 noch mal gebracht wird (z.B. weil er sich bewährt hat, das haben wir immer so gemacht, früher war nicht alles schlecht) - nun gut. Aber kann den vorher bitte noch mal jemand lesen? Also, ich mein ja nur.

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Dienstag, August 17, 2010

Noch´n Gedicht

Volksstimme-Leserbriefe! Oh unerschöpflicher Quell erquickender geistiger Labsal! Oase des intellektuellen Austauschs, Heimstatt des Frohsinns!! Aus der Flut der Ulrichskirche-Leserbriefe (Müsste nicht langsam mal jeder dran gewesen sein?) tauchte eine wahre Perle auf. Die Biederitzer Bürger Inge-Lore und Reinhard Szibor nörgelten heute kühn am "Magdeburger Lied" herum. Grammatikalisch grob falsch, lautete das vernichtende Urteil. (Sorgen gibt´s!)

Tatsächlich weist das Magdeburger Lied einige ... nun ja ... Schwächen auf. Die von Familie Szibor angegriffene Textzeile "denn wir sind, wir sind ein Magdeburger Kind" lässt zwar durchaus noch Reserven in der Verwendung von Plural und Singular erkennen, andere Zeilen erscheinen aber erheblich bedenklicher.

"Ist den die Elbe immer noch die selbe?
Fragt sich der Dom und wundert sich."

sei beispielhaft angeführt. Selbst nach maximaler Ausnutzung gewonnener gentechnischer Erkenntnisse, sollten Fragen stellende Gebäude eine krasse Ausnahme bleiben. Merke: Wenn sie Fragen artikulierende Bauwerke bemerken: hören sie auf zu rauchen und suchen sie einen Psychiater Ihres Vertrauens auf!

"Der Omnibus fährt durch die Stadt,
die so wie wir noch Zukunft hat"

Ähm tja. Über die Ausdünnung des MVB-Netzes wurde schon öfter geklagt - wäre da nicht Präteritum "fuhr durch die Stadt" lebensnäher? Auch die besungene Zukunftsträchtigkeit ist ja nun ein ganz heißes Eisen. Schon mal was vom demographischen Wandel gehört? Müsste es letztlich nicht heißen:

"Der Omnibus fuhr durch die Stadt,
die so wie wir Geschichte hat"?

Und mal ehrlich, hätten Sie bei dem Satz:

"Wir sind vergnügt bei Regen und bei Wind."

einen typischen Magdeburger vor Augen gehabt? Wäre nicht

"Wir sind verstimmt bei Sonne und bei Wind."

für unsere Persönlichkeit irgendwie charakterisierender? Aber was soll´s. Hymne ist Hymne!

An dieser Stelle waren eigentlich ein paar unflätige Bemerkungen über das Biederitzer Liedgut vorgesehen. Leider ist solches jedoch unbekannt, so dass es bei der allgemeinen und zugegeben etwas hilflosen Drohung: "Irgendwann gemeinden wir Euch ein!" bleiben muss.

Also liebe Biederitzer! Wenn Euch unser Liedgut nicht gefällt, geht doch nach drüben ... ähm ... nach Halle! Nehmt das hier aber bitte noch mit:

"Ich kenn ein Kaff am kleinen Bach,
das viel zu viele Häuser hat.
Das kleine Nest mit B beginnt,
was einen schon bedenklich stimmt!

Der Bus fährt alle Jubeljahr,
dem Gemeinderat wird grau das Haar.
Der Staatsanwalt geht ein und aus,
und findet dicke Hunde raus.

Das Rathaus, sonst wunderschön,
vor Streifenwagen kaum zu sehn.
Wenn Rechnungshof prüft Unterlagen,
packt einen schon das Unbehagen."

Na also. Haben wir doch noch Biederitzer Liedgut aufgetan.

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Sonntag, August 01, 2010

Oger Tours

Wenn sie demnächst mal einer im Allee-Center gröblichst ogermäßig anrülpst, ihnen unflätige Schimpfworte an den Kopf wirft und ihnen dann letztlich auf die neuen Schuhe göbelt - reagieren sie besonnen! Es könnte einfach ein nach schwerem Tagwerk heimgehender sachsen-anhaltischer Polizist sein. Das kann man ihm doch nicht krumm nehmen! Gut, gut - möglicherweise ist sein Benehmen noch optimierbar, aber sonst?

Dieses, unter rechtschaffenden Bürgern doch durchaus auch hinterfragte Leidbild, scheint derzeit in Sachsen-Anhalts CDU Anhänger zu finden.

Einige unserer spitzenmäßig ausgebildeten, super ausgerüsteten und mental unglaublich gut auf Krisensituationen vorbereiteten Bereitschaftspolizisten hatten sich nach einem - selbstverständlich völlig korrekten - Einsatz in Hamburg dem exzessiven Trunke hingegeben, waren dann pöbelnd durch ihr Vier-Sterne-Hotel gezogen, haben einer Hochzeitsgesellschaft die Feier versüßt und letztendlich auf den Flokati gekotzt. In Uniform versteht sich - Dienst ist Dienst.

Nun könnte man dazu neigen, doch das ein oder andere Wort der Kritik an unsere Botschafter in Uniform zu richten. Könnte man. Andererseits: Nicht ein Toter! Das Hotel in weiten Teilen trotz Anwesenheit sachsen-anhaltischer Polizei in Takt. So eine Polizeitruppe ist halt kein Priesterseminar - wobei man heut zu Tage nicht weiß, ob ein Priesterseminar für die Hochzeitsgesellschaft wirklich die günstigere Variante gewesen wäre.

Holger Stahlknecht, "rechtspolitischer" Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, zeigt dann auch ein "gewisses Verständnis dafür, dass sie [die Polizisten] einen heftigen gewalttätigen Einsatz mit Bier wegspülen". Ah ja.

HalLOOO? Alle wohlauf? Polizisten, die die Einsatzerfahrung zur Flucht in den Alkoholismus führt, sind vor allem eins: für den Job UNGEEIGNET! Wenn jemand nicht früh aufstehen will, sollte er nicht Bäcker werden. Stark Sehbehinderte sind als Taxifahrer nur zweite Wahl. Wer Angst vor Spritzen hat, sollte die Laufbahn einer Krankenschwester meiden und wer besoffen durchs Steigenberger torkelt, wäre vielleicht ein vorzüglicher Alleinunterhalter, Bäcker oder rechtspolitischer Sprecher - ist aber ein miserabler und letztlich gefährlicher Bereitschaftspolizist! Bei der Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten wirkt es auch nicht übertrieben strafmildernd eine Uniform zu tragen. (Man ist versucht zu sagen: Im Gegenteil!) Es kann nicht sein, dass die CDU aufkreischen würde, wenn total deprimierte Fußballfans oder Punker nach einem harten Arbeitstag das Steigenberger schänden und wenn es die Polizei gleich selbst macht, was von guten Kumpels schwafelt.

Für verantwortungsbewusste Landespolitiker wäre die Fragestellung vorstellbar, ob die Vorbereitung der Jungs und Mädels von der Bereitschaftspolizei wirklich optimal ist und ob da Leute im Kollektiv ähm.. Team sind, deren physische Verfassung oder geistige Reife nicht hinreichend entwickelt ist. Was macht Holger Stahlknecht? Aus falsch verstandenem, anbiederndem Korpsgeist findet er es im Prinzip dufte. Da hat jemand seinen Job nicht verstanden. Die Legislative (Stahlknecht) hat die Exekutive (Polizei) zu kontrollieren und nicht für Bockmist auch noch zu belobigen. Wenn solche Politiker beispielsweise das Innenministerium entern - wer erwartet dann ernstlich noch Aufklärung, wenn Personen in Uniform mal Straftaten begehen?

Letztlich gilt: Rechtspolitiker die betrunkene Uniformierte tolerieren, sind ähnlich nützlich wie Taxifahrer mit weißem Stock.

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Donnerstag, April 08, 2010

Tanz den Crazy Gerhard

Neulich im Theater: Das Stück war gut. Die Massen hatten sich köstlich amüsiert, zum Teil sogar erregt. Der Vorhang war nun aber unten und die kosovarische Putzfrau fegte die Bretter die die Welt bedeuten. Das Publikum hatte den Saal weitgehend verlassen ... da geht plötzlich der Vorhang wieder hoch. Überraschte Stimmen rufen: "Es geht weiter!" Eiliges Getrappel. Zu schriller Musik springt plötzlich der ehemalige Landesstasibeauftragte aus der Kulisse und tanzt den "Crazy Gerhard". Steh ich oder lieg ich? Auf der Seite oder auf dem Bauch? In Form eines Gangsta-Rappers belöffelt er das faszinierte Publikum, zeigt den Stinkefinger und ruft als Refrain immer "Ehemalig? Was heißt hier ehemalig?" ... Hat da jemand heimlich Akten geraucht?

Vorstehendes ist fiktiv - allerdings nur soweit es die kosovarische Putzfrau betrifft. Gerhard Ruden (CDU) hat nach seinem nicht so sehr tief bedauerten Rückzug vom Amt des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen jetzt mitgeteilt, dass er erneut zurücktritt - diesmal vom Rücktritt. Tja. Die Volksstimme spekuliert über Versorgungsansprüche, die mit dieser ungewöhnlich gewagten Pirouette gesichert werden sollen. Crazy Gerhard schweigt zum Hintergrund seiner Moonwalk-Einlage. Da sollten wir uns nochmal die Rücktrittserklärung (die muß ja auch schon wieder Tage alt sein!) in´s Gedächtnis rufen.

Ruden damals: "Mit diesem Schritt möchte ich ... das Amt des Landesbeauftragen vor Beschädigung bewahren. ... Ich möchte d[ies]en Opfern auch weiterhin gerade ins Gesicht schauen können."

Kann man nun also schlussfolgern, dass er inzwischen das Amt des Landesbeauftragten nicht mehr vor Beschädigung bewahren will? Auf keinen Fall will er offensichtlich nochmal in diese elenden Opfervisagen sehen. Also nicht wenn ihm dadurch Geld flöten geht!

Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) verbot ihm jetzt die praktische Ausübung des Amtes, welches er jedoch auch weiterhin bekleidet. Der Landesbeauftragte also in einem beamtenrechtlichen Zombie-Status - irgendwie untot. Ob die Amtsgeschäfte dadurch leiden? Andererseits - ein Land in dem Halloween ein Feiertag ist, wieso sollte da nicht ein Zombie-Beauftragter segensreich wirken.

Die Volksstimme hat auf ihrer Titelseite jetzt eine neue Rubrik: "Briefe an Gerhard Ruden". Schul"freund" Lutz-Peter Lehrmann wendet sich so via Volksstimme (was man da an Porto spart!) an seinen Schulkameraden ("Lieber Gerd") und teilt ihm so dies und das mit. Kryptisch äußert er, dass man das Problem 2009 hätte ausräumen können. (Was sollte er denn da machen?) Außerdem sei das Interview zum Kotzen. Eijeh. Werden jetzt alle ehemaligen "Freunde" dazu eingeladen auf der Titelseite auch noch mal "Ätsch!" zu sagen? Da kann er einem ja fast schon wieder leid tun. Mal ehrlich, die Prognose sei gewagt: So einen unterhaltsamen Landesbeauftragten kriegen wir nicht wieder.

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Mittwoch, März 31, 2010

Akte fällt Aktenbeauftragten an

Also das kann auch nur Sachsen-Anhalt. Der Stasibeauftragte stürzt über eigene Stasiverstrickungen. Das ist wirklich schwer zu toppen. (Naja, unser Zoodirektor ist wegen Tierquälerei angeklagt, unsere Spielbanken schrieben rote Zahlen - vielleicht ist da doch ein Muster zu erkennen.) Dann diese - eher landesuntypische - Geschwindigkeit des Geschehens! Wenn man beispielsweise erst zum frühen Nachmittag sich gemütlich hinfläzte, um ein wenig die lokale Weltpresse zu studieren und dabei im Hintergrund das Radio lief, konnte sich so etwas wie eine Störung des regionalen Raum-Zeit-Kontinuums ergeben. In der Zeitung ein absonderlichste Dinge äußernder Stasiunterlagen-Beauftragter Gerhard Ruden (CDU), der über eine zweite Amtszeit nachdenkt, im Radio seine Rücktrittserklärung.

Wenn man als Stasibeauftragter gerade einräumen muss, dass jemand zu längerer Stasihaft verurteilt wurde, weil man selbst der Staatssicherheit unschöne Details über dessen Reiseabsichten in das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet offenbarte, spricht es für eine gewisse Verkennung der Realität, eine zweite Amtszeit anzustreben. Dann die Opfer von Stasi-Verhaftung damit zu konfrontieren, dass sie nach Meinung des Beauftragten ja schließlich selbst an ihrer Verhaftung Schuld sein, ist für die Hauptzielgruppe nur ganz, ganz schwer verdaulich und verkennt ein klein wenig den durchaus auch unerfreulichen Charakter diktatorischer Unrechtssysteme.

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Sonntag, März 28, 2010

Gestadtratet

Vegi-Tag contra Schnitzi-Tag (wo ist eigentlich die Gesellschaft für Deutsche Sprache, wenn man sie mal braucht). Im Verhältnis zu diesem Kampfgeschehen verliert der Nahostkonflikt doch erheblich an Brisanz. Wer sich angesichts der Konstellation Getreidebratling gegen Rinderhack einen ganz großen Stadtratstag erhoffte wurde nicht enttäuscht.

Ausgangspunkt war ein Antrag von Grünen und SPD/future/Tierschutz dazu aufzurufen, Donnerstags auf Fleisch zu verzichten und vegetarische Angebote zu schaffen.

Vor dem Hintergrund unseres vermehrt fettleibigen Nachwuchses, scheint die Idee, die ein oder andere Kuh weniger zu verdrücken, auch nicht völlig abwegig. Auch im Stadtrat sind Teile der Bestuhlung doch bis an die Grenze des technischen Versagens ausgelastet. (Wobei die Tierschutzfront mehr darauf abstellt, dass unsere putzigen Mitgeschöpfe in Fritteusen nicht artgerecht gehalten würden.)

Lothar Tietge (Tierschutzpartei) betonte die Bedeutung der Angelegenheit in völlig angemessener Form. Der 25. März 2010, 19.30 Uhr ginge als epochemachende Verabschiedung eines phänomenalen Aufrufs neben Kaiser Otto dem Großen und Otto von Guericke in die Geschichtsbücher ein. Sagt er. Wer würde noch über die Mondlandung reden? Das Aussterben der Dinosaurier, das Tunguska-Ereignis? Dr. Guido Westerwelles Freundeskreis? Was ist all das neben einem absolut entschiedenen Aufruf des Stadtrats?

Wer hätte aber je gedacht, dass die Ernährungsgewohnheiten von Kühen einmal den Magdeburger Stadtrat beschäftigen würden? Vor dem Satz: "Kühe müssen besser ernährt werden, dann produzieren sie auch weniger Methangas." mit dem Stadträtin Carola Schumann (FDP) die ernährungspolitische Richtung der FDP dartat (Contra Vegi/Pro Schnitzi) kann man nur in Ehrfurcht das Haupt neigen. Der steht wie gemeißelt und wird uns alle überdauern. Da der entsprechende Gasausstoß durch unsere rindslederbezogen vierbeinigen Freunde tatsächlich ein Umweltproblem zu sein scheint, darf man sich demnächst sicherlich auch über einen liberalen Antrag bezüglich der bläharmen Futtermittelzusammensetzung freuen.

Um einen im Aufruf scheinbar tückisch verborgenen "Zwangs-Vegi" zu vermeiden, forderte die FDP den "Tag der bewussten Ernährung" - was die Tierschutzfront nur wenig aufmunterte, schließlich könnte man sich selbst Flipper und Lessi sehr bewusst auf der Zunge zergehen lassen.

Die CDU nahm es mit Humor und thematisierte einen "sexfreien Tag". Ja. Essen ist der Sex des Alters. Wenn unsere Ratssenioren da nicht zufällig gerade gemüsophil veranlagt sind, würde Donnerstags ein recht trüber und freudloser Tag.

Am Ende kam was kommen musste. CDU, Linke und FDP lehnten ab. Die Einbringer schäumten. Sören Herbst (Grüne) gab via Twitter den Wellemeyer und sah "kleingeistige Provinzstadträte" am Werk. Herbst und Stadtrat Andreas Budde (SPD) konnten sich online kurzfristig auf eine verhältnismäßig negative Einschätzung des Redebeitrags von Carola Schumann verständigen. Diese Twittermeldungen wurde von Hans-Jörg Schuster (FDP) umgehend sozusagen gestadtratet, so dass bei Twitter dann zu lesen war, was der Stadtrat so über Twitter diskutiert.

Tja. Magdeburg zwar nicht als Stadt des neuen Essens - aber immerhin wird mal über neue Medien debattiert.

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