Sonntag, März 09, 2008

Lutz Trümper Superstar

Das Volk hat gesprochen. Das Wahlergebnis der Magdeburger Oberbürgermeisterwahl liegt vor. 35,1 % der Magdeburger Wahlberechtigten wollten mal was zum Thema sagen. Die Wahlbeteiligung lag damit 1,8 % unter dem Ergebnis von vor 7 Jahren. OB-Wahlen haben also an Unattraktivität nicht entscheidend hinzu gewonnen.

Unumschränkter Sieger und unangefochtener Beherrscher ist: Lutz Trümper mit schlappen 64,0 % (+ 31,0 %). Kein Druckfehler! Der Hinzugewinn (verglichen mit dem ersten Wahlgang von 2001) beträgt 31,0 %. Bei sinkender Wahlbeteiligung konnte er mehr als 20.000 Wähler mehr überzeugen (jetzt 44.238). Er liegt damit noch um 10.000 Wähler über seinem letzten Stichwahlergebnis.

Platz 2 geht an Frank Theile (Linke). 12,2% (-11,2 % zum PDS-Ergebnis 2002, größter Verlust einer Partei) folgten dem Ruf der Parteizentrale. Scheinbar dünnt die Gefolgschaft altersmäßig doch schon etwas aus. Der in der Presse als eigentlicher Kontrahent gehandelte Wigbert Schwenke (CDU) blieb, für einen CDU-Kandidaten sehr unerfreulich, im einstelligen Bereich. 9,7 % (- 7,6 %) - da kann die CDU mal Sichtkontakt zur 5 %-Hürde aufnehmen. Der 4. Platz geht an Lydia Hüskens (FDP) mit 6,2 % (- 10,6 %), womit die FDP wieder in Richtung Normalmass unterwegs ist. Die Grünen, 2001 noch Siebenter, schieben sich mit Olaf Meister und 3,5 % (+ 2,1 %) auf den 5. Platz vor. Die weiteren Plätze gehen an Oliver Schilling (future) mit 2,6 %, André Höppner 1,3 % und Werner Gaede 0,5 %. Letztesmal hatten unabhängige Kandidaten noch insgesamt 8,1 % erreicht (diesmal addiert 4,4 %).

Tja. Lutz Trümper Superstar. Nicht einmal in Ottersleben liegt Trümper unter 50 %. Wenn er jetzt noch übers Wasser geht - vielleicht wird es eine neue Religion?

Die restlichen Zahlenspiele sind Statistik. SPD und Grüne verdoppeln jeweils ihre Stimmen(anteile) - allerdings von "etwas" unterschiedlichen Ausgangspositionen. Das sogenannte bürgerliche Lager hat deutlich mehr Stimmen verloren, als übrig geblieben sind. Die Linke - ein Schatten ihrer selbst. Über die tatsächlichen politischen Kräfteverhältnisse sagt das Ergebnis nichts - ein Amtsinhaber hat lediglich seine Widersacher, gleich welcher politischen Couleur, deklassiert. Nicht mehr - nicht weniger.

Labels: , , , , , , , , , , , , , , ,

Freitag, März 07, 2008

Wirtschaftsförderung

Was einen ja doch immer wieder fasziniert, ist die Gläubigkeit der Politik an die Anmut und Überzeugungskraft des eigenen Gesichts. Da lächelt einen nun jeden Tag auf der Titelseite der Volksstimme oben rechts Wigbert Schwenke an. Das kostet ein Schweine-Geld und setzt als grundsätzliche Idee voraus, dass sein schierer Anblick die Massen so in Verzücken versetzt, dass sie wie in Trance, mit einem glücklichen Lächeln zur Stimmabgabe schreiten. Ohne schon jetzt zu viel vom Ergebnis verraten zu wollen - diese phänomenale, ja schon fast aphrodisierende Wirkung ist dem Antlitz des CDU-Oberbürgermeister-Kandidaten nicht gegeben. Auch ständige Wiederholung macht es nicht besser. Hier wäre eine Priese mehr Inhalt vielleicht doch eine noch bessere Möglichkeit gewesen, als diese enorme Betonung der eigenen Körperlichkeit.

Für den den Freund des gepflegten Wahlkampfes ist natürlich auch die Frage - Was zur Hölle kostet das eigentlich alles? - recht spannend. Der Generalanzeiger erwies sich als neugierig und stellte mal die Frage. Wenn man die Beantwortung der Frage als kleinen Test für Offenheit und Ehrlichkeit werten möchte (muss man natürlich nicht), gibt es bei Frank Theile (Linke) durchaus Grund zu Befürchtungen. Sein Wahlkampf kostet nämlich: "Soviel wie nötig." Ahja. Auch Lutz Trümper (SPD) neigt zur Verschleierungstaktik: "Keinen einzigen Cent öffentlicher Mittel." Angesichts staatlicher Parteienfinanzierung eine durchaus auch zu hinterfragende Meinung. (Für OB-Wahlkämpfe gibt es allerdings tatsächlich keine Wahlkampfkostenrückerstattung.) Kandidat Gaede hat scheinbar die Frage nicht verstanden und sieht sich mehr als 20 Stunden am Tag im Einsatz und kündigt eine Fortsetzung auch nach der Wahl an. Die niedlichste Antwort stammt von Andre Höppner (parteilos), der 50 € investiert, diese aber nutzbringend in einer neuen Hose anlegte. Für Oliver Schilling (future) investiert die Partei 1000 €. Der Platz auf dem Monopoly-Brett wäre future bekanntlich 10.000 € wert gewesen. An der Schwerpunktsetzung sollte vielleicht doch noch einmal gefeilt werden. Olaf Meister (Grüne, etwa 6.000 €) und Lydia Hüskens (FDP, "Die Kosten liegen unter deutlich 10000 €") gönnen den Wählern fast schon konkrete Werte, auch wenn der Wahlkampf in der Grammatik der FDP Spuren hinterlassen hat. Phänomenale 30.000 € gibt Wigbert Schwenke (CDU) an. Ehrfürchtig steht man vor dieser gigantomanischen Summe, die so mir nichts dir nichts verbran ... ähm ... in die Wirtschaftsförderung der lokalen Druck- und Anzeigenindustrie investiert wird. Alle Achtung. Da wird Wirtschaftsförderung aber wirklich mal ernst genommen!

Labels: , , , , , , , , , , , , , , ,

Samstag, März 01, 2008

Kopf-an-Kopf-Rennen

Atemlose Spannung. Ein wahrhaftes Kopf-an-Kopf-Rennen elektrisiert die Magdeburger Oberbürgermeisterwahl. CDU und Grüne praktisch gleichauf - im Kampf um Platz 4! Volksstimme-Foren haben bekanntlich so ihre eigenen Gesetze. Wenn die knuffige Tageszeitung mit Herz am Ende einer Großveranstaltung (immerhin 550 Besucher) fragt: "Wer hat Sie überzeugt?" entsteht ein spitzen Kaffeesatz in dem sich super lesen lässt. Nummer 1 wurde mit 41,9 % der Amtsinhaber Lutz Trümper (SPD). Das ist insofern bemerkenswert, als dass zu so einer Veranstaltung die jeweiligen Kandidaten natürlich auch ihre eigenen Leute mitbringen. Die sind selbst durch Hypnose nur schwer von einem anderen Kandidaten zu überzeugen, so dass eigentlich ein ausgeglicheneres Ergebnis entsteht als bei der realen Wahl. Trotzdem deklassiert Trümper, ohne dass er inhaltliche Zauberkunststückchen vollbracht oder die Jusos einen Formationstanz aufgeführt hätten, seine Konkurrenz dermassen deutlich, dass nicht zu erkennen ist, wer ihn auch nur in die Stichwahl zwingen sollte.

Offizieller Gegenkandidat ist sozusagen Wigbert Schwenke (CDU). Nun sollte man meinen, dass allein die Zahl der anwesenden CDU-Stadträte und eine kleine Delegation der Sonderverwaltungszone Ottersleben genügen würde, um ihn in Angriffsposition auf Platz 2 zu bringen. Nein! 7,9 %! Sieben Komma Neun Prozent! Platz 4! Vier! Dicht bedrängt von Olaf Meister (Grüne, 7,3 %)! Offensichtlich ist es Schwenke weder gelungen die durchaus vorhandenen ungebundenen Normalbürger auch nur annähernd für sich einzunehmen, noch seine eigenen Leute soweit zu motivieren, dass sie mal aus Ottersleben bis in die Innenstadt fahren.

Für Verblüffung sorgt das Ergebnis von Lydia Hüskens (23,8 %), Platz 2. So viele Mitglieder haben die Julis doch garnicht! Bonus als einzige Frau? Von Wigbert total gefrustete Konservative? Betrunkene Volksstimme-Praktikanten? Irgendwie kann man sich nicht vorstellen, dass bei der realen Wahl das Ergebnis ähnlich aussieht und Hüskens Trümper in die Stichwahl drängt. Andererseits hat sie den zweiten Platz ganz souverän und unbedrängt erobert. Den (von der Performance her nicht wirklich gerechtfertigten) dritten Platz belegte Frank Theile (Linke). Die diszipliniert angetretenen Thälmannwerker etc. genügten für 11,6 %.

Die Plätze 6 bis 8 machen dann mit etwas Abstand die anderen Kandidaten Schilling, Höppner und Gaede unter sich aus. Interessant hierbei der für die Vokabel "Entsetzen" in der Volksstimme-Überschrift verantwortliche Oliver Schilling (future). Nach dem neulich der Breite Weg dran glauben musste, wurde nun die Vereinigung von Zoo und Tierheim gefordert - der Zoodirektor Kai Perret lief mit vor Verzweiflung entstellten Gesichtszügen herum. Auch der Schwerpunkt in der Wirtschaftspolitik "Ich bin dagegen, die Stadt der Wirtschaft zu Füßen zu legen." traf vielleicht nicht ganz den Kern der Magdeburger Problemlage. Wenn eine Leserin Carolin Kürschner äußerte, sie freue sich mal den future-Kandidaten näher kennengelernt zu haben, scheint sich dies für future nicht zwingend positiv auszuwirken.

Der Wahlkampf geht unterdessen natürlich weiter. In der Rubrik "absurdester Vorwurf" kann nun die FDP punkten. Diese lies Stadtrat Kurt Schmidt von der Leine, der sich beherzt in die Wade der arg geschundenen CDU verbiss. Ohne näher erkennbare inhaltliche Motivation (ein CDU-Stadtrat hatte einen Spielplatz in Neustadt gefordert) fällt er die CDU an, sie solle den Aufbau in Südost nicht verhindern. Aus Kurt! Aus! Gib die Wade wieder her!

Labels: , , , , , , , , , , , , , ,

Donnerstag, Februar 14, 2008

Zählappell

Lange mussten wir auf das närrische Beiwerk verzichten. Pessimisten dachten schon es wird nichts mehr! Erst in letzter Sekunde dann die Erlösung. Stolz können wir es verkünden: zwei unabhängige Kandidaten runden das Gesamtkunstwerk "Oberbürgermeisterwahl 2008 in Magdeburg" ab.

Da wäre zunächst Werner Gaede zu nennen. Seine Eingangsstatement anlässlich der Kandidatur für den Posten des Magdeburger Oberbürgermeisters gegenüber der Volksstimme, wonach Schwerin seine Lieblingsstadt sei, gibt unter den Satireschaffenden Anlass zu größten Hoffnungen. Um sich den Zorn des Wahlvolkes zuzuziehen wäre nur Halle (oder Ottersleben?) eine noch bessere Wahl gewesen. Auch die strategische Planung des Kandidaten sorgt für ein gewisses Aufsehen. Er, 53 Jahre, beabsichtigt sich nämlich derzeit nur warmzulaufen. Der Griff nach der Macht ist dann erst 2015 vorgesehen. Schade das er dann schon 60 ist und keine ganze Amtsperiode mehr darf. Ob nicht ein etwas früherer Start noch sinnvoller gewesen wäre? Der Mann firmiert immerhin als Trauerbegleiter - wer wollte ihm da eine grundsätzliche Eignung für den Oberbürgermeisterposten in Magdeburg absprechen?

Mit der Berufsbezeichnung "Hartz IV-Empfänger" würde gern der zweite unabhängige Heroe, André Höppner, auf den Stimmzetteln stehen. Vermutlich wird das Wahlamt dieser recht genügsamen Berufsbezeichnung nicht ganz folgen können. Immerhin gibt es auch schon einen Slogan: "Mal einer von euch, macht was draus". Tja. Ähm. Ob nun die reine Tatsache des Sozialleistungsbezugs schon ein hinreichendes Kriterium sein sollte?

Da die Wahlbenachrichtigungen schon draußen sind und demnächst das Briefwahlgeschehen losgeht, hier noch einmal die Kandidaten im Schnelldurchlauf in alphabetischer Reihenfolge:

- Werner Gaede (parteilos), läuft sich warm
- André Höppner (parteilos), verfügt über eine solide achtklassige Schulausbildung
- Lydia Hüskens (FDP), wünscht verwirrender Weise noch häufig von Plakaten ein frohes neues Jahr
- Olaf Meister (Grüne), lechzt nach grünem Licht
- Oliver Schilling (future), war das nicht eher die No future!-Generation?
- Wigbert Schwenke (CDU), sucht graue Menschen und will Magdeburg herum schwenken, unklar bleibt wohin
- Frank Theile (Linke), verzichtet bisher auf (Plakat)Wahlkampf - und verfolgt als Konzept den Sieg aus der Anonymität
- Lutz Trümper (SPD), wenn Gaede und Höppner ihn nicht stoppen - wer dann?

Das sind sie - unsere acht Hoffnungsträger. Nun liebes Volk - wähle aus!

Inhalte? Ja, o.k. - bleiben sie an den Empfängern.

Labels: , , , , , , , , , , , , , ,

Google
 
Web hildegunst.blogspot.com