Sonntag, Dezember 21, 2008

Schulbeispiel

Natürlich gab es bei der etwas ermüdenden Ampelgeschichte noch eine Fortsetzung. Als dritte sich um das Wohl des Volkes verdient machende Partei betrat nun noch erwartungsgemäß die Linke das PR-Schlachtfeld. Walter Meinecke (Linkspartei) wies daraufhin, dass er durch gezielte Antragstellung der wahre Retter der Kinder von Stadtfeld West sei. Allerdings ist ihm zu Gute zu halten, dass er in 30 Zeilen das Thema tatsächlich inhaltlich behandelt und auch öde Ausführungen, wonach alle anderen doof und seine Partei die einzig wahre ist meidete.

Nachdem sich hier möglicherweise der Bau einer Ampel auf Wunsch des Stadtrates andeutet, könnte dies einer der eher selteneren Fälle sein, in denen der Stadtrat selbst inhaltlich entscheidet anstatt lediglich den Wünschen der Verwaltung zu folgen. Ein richtiges Trauerspiel ist dagegen das seit Jahren durchgeführte "Schulmuseum ärgere Dich nicht!". Magdeburg verfügt durch eine, in der Verwaltung allerdings eher als unglücklich empfundene, Fügung über eine recht umfangreiche Sammlung zur Schulgeschichte. Nun könnte der naive Leser annehmen, dass man mit Hilfe von ehrenamtlichen Engagement und unter Nutzung irgend eines der zahlreichen geschlossenen Schulgebäude da ein nettes kleines Museum zaubern könnte. Geht natürlich seit Jahren nicht. Derzeit sind die Exponate auf zwei Standorte in zwei Stadtteilen verteilt. Dienstags ist auf.

Nun hatte die SPD-Fraktion beantragt ein leerstehendes, zweigeschossiges, denkmalgeschütztes Schuldienerhaus (Clara-Zetkin-Schule) im Süden der Stadt zum Schulmuseum umzunutzen. Die (SPD-geführte) Stadtverwaltung hat aber so ihre eigenen Pläne mit dem Baudenkmal: Abriss, weil wird nicht mehr gebraucht. (Naivlinge werden sich fragen, ob der Abriss von Baudenkmalen wegen Schwierigkeiten beim Nutzungskonzept eine sinnvolle Sache ist. Diese recht finale Lösung gehört jedoch zum Standardrepertoire Magdeburger Stadtverwaltungen und hat der Stadt ihr Gesicht ... ähm... ihre Fratze gegeben.)

Die hohe Kunst der Verwaltungstätigkeit besteht nun darin, den Stadtrat von der Weisheit der Verwaltungsansicht und der Unsinnigkeit widerstrebender Vorschläge zu überzeugen. Wenn die Stadtverwaltung vor hätte den SPD-Antrag zu stützen, würde man die Synergieeffekte beschreiben, die sich bieten könnten. Erhalt eines Baudenkmals - hierzu sei man juristisch verpflichtet. Erhalt städtischen Eigentums als ohnehin finanziell zu untersetzende Aufgabe. Da könne man gar nicht anders. Schulmuseum als neuer Anziehungspunkt in der Stadt. Gemeinsame Bewirtschaftung mit benachbarten weiteren städtischen Liegenschaften. Sich andeutendes ehrenamtliches Engagement zur Entlastung bei der personellen Ausstattung. Etc.

Nun ist man jedoch nicht der Ansicht der SPD-Antrag sei irgendwie hilfreich. Da kommt Keule Nr. 1 zum Einsatz: Finanziell untragbar! Der Aufbau einer Dauerausstellung im Objekt würde 400.000 € kosten! Bei 150 qm macht das Baukosten in Höhe von 2.700 € je qm, wobei Gebäude und Exponate ja schon vorhanden sind. Nicht wirklich ein Schnäppchen. Ein schlichter Neubau Sanssoucis käme da sicherlich günstiger. Möglicherweise schlagen die geplanten goldenen Türklinken und der Whirlpool etwas auf´s Budget. Unter heftigem Rudern mit den Ärmchen werden 60.000 € Nebenkosten (Energie, Heizung, Bewachung, Reinigung) prognostiziert. Macht 33 € je qm je Monat. Naja, wenn man auch immer gleich die Nacktputzer/innen bucht, darf man sich nicht wundern.

Vorsorglich kommt jedoch auch Keule Nr. 2 zum Einsatz: Haben wir doch anders geplant! (Ohne den Stadtrat groß mit Fragestellungen zu belästigen.) Da müsste man glatt umplanen! Kostensteigerungen! Die Cheops-Pyramide käme letztendlich günstiger! Das praktische an diesem Argument: Es ist nicht widerlegbar und in jede beliebige Richtung anwendbar.

Dem arg wankenden SPD-Antrag wird dann auch noch die dritte Keule in´s Kreuz gedonnert: Geht ja gar nicht. Wird alles schlimmer als bisher. Die derzeitige Unterbringung der Ausstellung auf 165 qm ist unmöglich auf 150 qm (+ zweimal Abstellräume von je 10 qm) unterzubringen. Physikalische Gründe! Oder so. Letzteres auch auf Raumgrößen (Klassenraum würde Sinn machen) abzielende Argument ist vermutlich das ehrlichste. Da die Stadtverwaltung trotz überbordendem Leerstand von Schulen keinen brauchbaren Gegenvorschlag liefert, ist die Glaubwürdigkeit allerdings nicht sonderlich hoch.

Natürlich ist die Stadtverwaltung nicht das Fleisch gewordene Böse. Zumindest nicht nur. Ihre Befürchtung hier erblicke ein neuer Kostgänger das Licht der Welt, der den anderen das Futter streitig und nur Dreck ähm.. Arbeit macht, ist nicht völlig abwegig. Es wäre aber eher ihre Aufgabe den Entscheidungsträger Stadtrat über die Möglichkeiten sachlich zu informieren und die politische Entscheidung dem Stadtrat zu überlassen. Statt dessen erliegt man aber der Versuchung, die Kommunalpolitik gleich selbst zu erledigen und ist bemüht den Stadtrat am Strick durch die Arena zu führen. Sieht albern aus.

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8 Comments:

Anonymous Anonym said...

Mit der Magdeburger Stadtverwaltung verhält es sich wie mit langzeitarbeitslosen Hartz4Empfängern. Über Jahre entmündigt, gedemütigt, zu Unselbständigkeit erzogen, in grotesken, unsinnigen Vorgängängen eingebunden, mit unzähligen Amtleitern gebeutelt, deren Größenwahn und Selbstbeweihräucherungen gepaart mit Unfähigkeit zum Himmel schreit.
Da wird Dummheit und Bewegungslosigkeit regelrecht gefördert, zumal die Dumpfbacken, deren wamer Platz im Arsch des Vorgesetzten steckt, ebensolche einstellen (so wie unsere Langzeitarbeitslosen ebensolche Kinder produzieren..)
Diese Stadtverwaltung, die wahrscheinlich die höchste Ausfallrate mit Dignosen aus dem F Register hat, soll dann noch was leisten?
Und dabei sei unser Sonnenkönig Lutz nicht vergessen, der außerhalb jedes Regelwerkes spielt und unliebsame Querdenker gern mal aufs Abstellgleis stellt und gern auch mal Maulkörbe verpasst, schlimmeres wird gemunkelt.

Also, weiter fein still sein, Volksstimme lesen und alles wird gut.

Und warum auch ein Schulmuseum, warum Ehrenamtliche (machen eh nur Probleme, weil schlecht zu disziplinieren), warum überhaupt etwas schönes nettes...wo Magdeburg doch eh keiner kennt...

10:08 AM  
Anonymous Anonym said...

Oh wie wahr, wie wahr... leider ist es kein Märchen sondern grausame Realität!

2:28 PM  
Anonymous Anonym said...

Abreißen geht hier ziemlich gut. Ich muss an dieser Stelle an die dumme, bescheuerte, irrsinnige, mich immer noch wütend stimmende Nummer erinnern, der das Stadtbad in der Nähe des Damaschkeplatzes zum Opfer fiel. Wer die Argumente nicht mehr parat hat: Baufreiheit für den Investor. (Denkmalschutz? Was das denn? Wissen Sie nicht, wo Sie sind?)

Ach ja, der Investor kam dann doch nicht.

Bei aller Wertschätzung der Ausgrabungen mittelalterlicher Relikte und Mauern. So (s. Stadtbad, s. Schuldienerhaus) geht man hier auch mit Geschichte um, Hand in Hand mit den Stadtplanern und Denkmalschützer, wenn es sein muss.

8:57 PM  
Anonymous Anonym said...

Die Relikte haben wahrscheinlich nur diesen Stellenwert durch eine kleine private Vorliebe ehemaliger Stadtplanungsamtsleiter erreicht.
Der im Übrigen diese Vorliebe mit zahlreichen Ergüssen im gleichen Verlag fröhnt, bei dem auch die Landeshauptstadt, vielmehr das Stadtplanungsamt Abhandlungen veröffentlicht.
Wer jemals versucht hat, ein Buch zu veröffentlichen, weiß, wie schwer es ist, einen Verlag ohne Druckkostenbeteiligung zu finden, besonders, wenn es sich um schwer verkäufliche Kunstwälzer handelt.
Es sei denn, die stadtgeschichtlichen Werke werden von der Landeshauptstadt kofinanziert und lagern dann in irgendwelchen miefigen Büros oder IBA- Shops.
Hier findet sich dann auch eine neue Entdeckung- die Weltreise der Fotografie: Künstler: der IBA- Chef aka EX- Stadtplanungsamtsleiter...aber das off topic.

Aber nicht nur Relikte des etwas ruhmreicheren (zumindest für unser Städtchen) Mittelalters werden geschützt...nein, auch und sehr wohl alte Schulen!!! Die in Salbke zum Beispiel. Hier soll eine Stätte des ehrenamtlichen Miteinanders entstehen. Ein Mehrgenerationenhaus (gibts zwar schon im Norden, macht aber nichts, da wird Ehrenamt vom lästigen Prekariat betrieben). Derweil das eine ohne jegliche Unterstützung der Stadt sich um ein wirkliches Miteinander bemüht, bemüht man sich in Salbke Millionen in die bürgerliche Mitte zu tranferieren. Da wird aus dem Förderverein beim Geldausgeben ein Familienbetrieb, zumal das denkmalgeschützte Prachtstück gut im Planungsbereich der zu erschließenden Elbgrundstücke liegt (IBA lässt grüßen). Ein Yachthafen, Ortsumgehung, vielleicht ein Hotel?
Da lohnt sich bürgerschaftliches Engagement, zumal mit öffentliche Geldern noch ein nettes Restaurant rein soll (nicht sone Vereinsmeierkneipe...)mal sehen, wer die pachtet.

Aber, es wird Denkmalschutz betrieben, FDP- Schmidt bekommt fürs Kirchlein nebenan noch ein Lapidarium (da geht es wohl um alte Grabstein...) und eigentlich ist alles gut. Soll doch das Schulmuseum sehen, ob es in Salbke bleibt. Aber bitte um die richtigen Unterstützer kümmern, sonst wird das hier nichts.

Vielleicht begreift ja mal doch wer, das hinter diesen kleinen Aufregern, die fast niedlich erscheinen, doch so etwas wie System steckt- das System der grenzlosen Arroganz, dass das Tun der Strippenzieher in dieser Stadt nicht bemerkt wird, das wir alle dumm sind.

Ein Schulmuseum wird nicht gefördert, weil niemand von denen, die es fördern sollten, davon profitiert. Es ging und geht nie um die Stadt, um die Menschen, um ein lebenswertes Miteinander...wir sind hier der Selbstbedienungsladen einer wiederlichen Riege von machtgeilen Provinzlern- mehr nicht.

Und mal wieder ein Seitenhieb auf die Heimatzeitung: Die hängt so mit drinn, dass hier jegliche Verantwortung der Presse abgegeben wurde.
Berichte gegen Anzeigenschaltung und bei allen anderen Themen sitzt der OB mit seinen Leuten auf der Journalistentastatur oder direkt auf Frau Tessnows Schoß.

Diese Stadt wird immer widerlicher.

11:32 PM  
Anonymous Anonym said...

Nach den 4 "Anonyms", die sicherlich bei Enttarnung um ihren Job bangen müssen, hier nun noch etwas zur Versachlichung: 2 Videos zum Thema:
http://www.deutschlandreporter.de/videos/1475/video/News/Magdeburg/Aufgespießt---Der-Tunnelstreit-geht-weiter
Hier begründet Reiner Löhr (SPD) den Antrag zum Schulmuseum, und zwar von min. 14:47 bis 17:24.
Und in diesem Video wird das Schulmuseum am jetzigen Standort vorgestellt (Länge 4:28):
http://www.deutschlandreporter.de/videos/1193/video/News/Magdeburg/Schulmuseum-in-Magdeburg-wiedereröffnet
Viel Spaß beim Anschauen.

2:24 AM  
Anonymous Anonym said...

Da ich langzeitarbeitsloser Hartz 4 Empfänger bin, der auch noch ehrenamtlich arbeitete, beim Aufbau des IBA-Shops mitgewirkt habe und den ehemaligen Leiter des Stadtplanungsamtes schätze, müßte mich dieser Artikel irgendwie berühren. Tut er aber nicht. Irgendwie glaube ich, daß hier noch einige nicht im Kapitalismus angekommen sind, oder nur an das Gute im Menschen glauben. Mit diesen Leuten hätte der Sozialismus funktioniert, wo waren sie denn? Will mir hier allen Ernstes jemand erklären , das er nicht so handeln würde wie unsere Stadtoberen, wenn er in der selben Situation, sprich auf dem selben Posten wäre? Ob das so alles in Ordnung ist, steht auf einem anderen Blatt, aber wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.

12:02 AM  
Anonymous Anonym said...

Hein, hast ja recht, natürlich würde jeder, der keinen Charakter besitzt und nur sich selbst in die Sonne schieben will, der gern heuchelt und gewissenlos seine umwelt verarscht, der selbigen nicht in der Hose hat und einen Shice auf das Gemeinwohl gibt, das so tun wie die. Das hat nichts mit dem lieben Kapitalismus und seinen Abarten zu tun, das ist, wie der 4.anonyme schrieb, eine widerliche Riege von machtgeilen Provinzlern. Und "die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hängt mit der Blödheit der Bewunderer zusammen." (Heiner Geißler) Es gelingt glaub ich nicht an vielen Orten, mit solchen Persönlichkeitsschwächen solche Ämter zu bekleiden. Oder doch? Und wenn du in dieser Position auch so wärst, ....durchatmen! Glück gehabt.
Und zum Denkmal: weg damit! Keine Kultur! Keine Geschichte! Kein Geist! Fleißig abreißen, was Wert hat, denn "Dummheit ist auch eine natürliche Begabung." Wilhelm Busch.

4:18 PM  
Anonymous Anonym said...

@exilant aus furcht vor der elite

Schöner hätte ich es auch nicht schreiben können. Manches muß man eben nicht selber schreiben. Hätte mir sowieso keiner geglaubt.
Somit möchte ich mit einem Zitat von Wilhelm Busch schließen:„Ich nahm die Wahrheit mal aufs Korn
und auch die Lügenfinten.
Die Lüge macht sich gut von vorn,
die Wahrheit mehr von hinten!“

11:50 PM  

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