Dienstag, Januar 13, 2009

Blick zurück nach vorn

Schaurig schön an der Zeit des Jahreswechsels sind ja die Jahresendinterviews. So wurde selbstverständlich auch unserem OB in der letzten Zeit das ein oder andere grundsätzlichere Statement entlockt. Nachvollziehbarerweise sieht er zum Beispiel personalpolitische Absprachen mit dem Fraktionsvorsitzenden der CDU-Ratsfraktion Reinhard Stern nicht als so richtig zielführend an. Erfreulich auch, dass die Errichtung des städtischen Wissenschaftsministerium nicht als Schaffung von Versorgungsposten angesehen wird.

Wenn man als Oberbürgermeister aber jahraus, jahrein die gleichen Fragen beantworten muss (Fällt der Blaue Bock? Wenn ja, wieso nicht?) dann greift man sich schon mal einen ausgewachsenen Braunbären und bindet den gepflegt auf sich bietende Rücken. Da wird doch allenernstes (Zwinker, zwinker) behauptet, die ebenerdige Ausführung einer Straße würde keinen Cent mehr kosten als die doppelstöckige Ausführung mit Tunnelgeschoss. In absoluten Zahlen: Das Gesamtprojekt "Tunnel Bahnhofsbrücken" kostet den Steuerzahler insgesamt 36 Millionen Euro an Baukosten, egal ob bloß ebenerdige Straße oder auch Tunnel. Sagt der Oberbürgermeister. Hat er die Finger gekreuzt? Krasser Fall von Sektmissbrauch? Nur wirklich extreme Braunbärenfreunde werden diesen Petz schultern wollen. Man könnte ja die ketzerische Frage stellen, warum der vierspurige Ausbau des Schleinufers dann nicht auch noch durch eine Tunnelvariante aufgehübscht wurde. Wieso werden Millionen für Straßenbahnprojekte verauslagt, die merkwürdigste Kringel um Idyllen wie Magdeburg-Reform drehen, wenn für einen Bruchteil des Geldes der U-Bahn-Anschluss dieses DDR-Parkes möglich wäre? Versuchen Sie mal mit Verweis auf den Oberbürgermeister ein ihrerseits beauftragtes Bauunternehmen dazu zu gewinnen, aus Gründen der Kostenersparnis, statt der teuren Bodenplatte lieber einen ordentlichen kostenfreien Keller in den Untergrund zu treiben. Alle winseln immer gleich, wie teuer der Tiefbau wäre.

Interessanterweise will der Oberbürgermeister mit der Tunnelvariante gleich den ganzen Damaschkeplatz "verschwinden" lassen. Klingt ja mehr nach einem unterirdischen Hangar.

In tiefer Bewunderung für einen anderen Kunstgriff neigen jedoch alle das Haupt vor Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Ursprünglich war der Bau des Tunnels in der Magdeburger Innenstadt von ihm gefordert worden, um das Nadelöhr Bahnhofsbrücken zu entlasten. Die auch von ihm geforderte Tunnelverlängerung in Richtung Ural, wird sogar nur so begründet. Keine lästigen Staus mehr (zum Teil soll es dort Staus bis zu 4 Minuten Länge gegeben haben!) Nun wurde aber ruchbar, dass der stadteinwärts führende Stollen lediglich einspurig gebaut wird (und auch noch eine tunnelinterne Ampel (für Linksabbieger ins City-Carre-Parkhaus) erhält - Achtung! Weltweites Alleinstellungsmerkmal!), was den Verkehrsfluss vermutlich in seiner Geschwindigkeit nicht wirklich befördert. Erste ehemalige Tunnelbefürworter kratzen sich verdutzt am Kopf. Was sagt da der Oberbürgermeister?: Diese verrückten Tunnelgegner! Wer kommt denn auf solche Ideen? Mehr Verkehr? Bei nur einer Spur? (Mit Ampel.) Der Tunnel wird nur aus Spass an der Freude gebaut. Kostet halt nix. Der Damaschkeplatz ist weg. Wenn mal einer mit der Straßenbahn fährt, könnte der da Aussteigen ohne dass er, wie an den anderen 87 Haltestellen in der Stadt, auf kreuzenden Autoverkehr trifft. Dafür sollte man die Anlage von Schachtanlagen in der Innenstadt tolerieren. Wer mal Höhe Brandenburger Straße auf die andere Seite will könnte ja .. ähm ... also zum Beispiel Bahnfahren.

Als nicht ungefährlich erweist sich die Situation an der, dankenswerterweise eifrig zerbröckelnden Zollbrücke. Nach unbestätigten Angaben des Stadtoberhauptes kommt es dort vermehrt zu Beißvorfällen. Autos, Straßenbahnen und Fußgänger beißen sich um die einzig vorhandene Spur - sagt der OB. Nun wurden Straßenbahnen zwar bisher nur recht selten auf dem Fußweg angetroffen, angesichts des Brückenverfalls wird den Bahnen wohl aber demnächst nichts anderes übrig bleiben. Auch dort sieht der Oberbürgermeister ("keine großen Sprünge in den nächsten sieben Jahren") nur die Möglichkeit des großen Wurfs. Zwei, drei neue Elbbrücken und die Sache ist geritzt. Wenn allerdings für die neuen Prachtbrücken wieder kein Geld zur Erhaltung bereitgestellt werden kann, wie jetzt für Zoll- und Ebertbrücke, ist absehbar, dass in einigen Jahren erneute Neubauten erforderlich werden. Wenn die Brückenkapazität auf Dauer aber breiter als lang ist, stellt sich schon die Frage, ob eine Verrohrung der Elbe nicht konsequenter wäre. Woher das Geld kommt, um vier Brücken zu erhalten, wenn man jetzt bei zwei Brücken an gleicher Stelle schon überfordert ist, bleibt unerwähnt. Schade eigentlich. Vielleicht erfährt man mehr in einem Jahr.

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3 Comments:

Anonymous Anonym said...

Aber jetzt mal ehrlich. Eine ebenerdige Straße mit einem ca 10m tiefen Unterbau kostet doch genau so viel wie ein Tunnel. Wenn dann auch noch die Bordsteine vergoldet werden, kann`s auch mal ganz schnell teurer werden. Keiner weiß, wie sich unser OB die ebenerdige Variante vorstellt. Also erst mal abwarten und nicht immer gleich meckern.

4:00 PM  
Anonymous Anonym said...

Ist Hildegunst im Urlaub?

Magdeburg war tagelang Festungsstadt - belagert von Möchtegern-Demokraten und Neo-Faschos, die sich gegenseitig den Missbrauch des 16. Januar für ihre (politischen) Zwecke vorwarfen.

Die VST war mittendrin: P. Lißmann versuchte sich im investigativen Journalismus, am Ende blieb aber nur der Vorwurf, die sonst so geschmähten Polizei-Kordons hätten doch bitte mehr Präsenz zeigen sollen, um auch die linken und bürgerlichen (ergo: die wirklich demokratischen) Demonstranten zu umzingeln und so vor Nazi-Kameramännern zu schützen.

Verwunderlich ist dabei nur, dass größere Gruppen dieser "wahren Demokraten" (zu erkennen an ihrem Auftreten in größeren schwarzen Blöcken) doch sonst immer wieder über zuviel Polizei klagen. Da soll man nun schlau draus werden!

Nachtrag: am Samstag kurz nach 16 Uhr, so war einer Pressemitteilung des Magdeburger Kreisvorsitzenden der Jungen Union zu entnehmen, haben die wahren Retter unseres Gemeinwesens (in Herrn Krulls Pressemitteilung werden sie als "Chaoten und Randalierer" aus dem "linksautonomen Spektrum" diffamiert) einen CDU-Stand zerstört und haben CDU-Mitglieder am Informationsstand mit "verbalen Attacken" belegt. Dabei sollen die Bezeichnungen "Rassisten" oder "ihr seid die neuen Nazis" noch die harmloseren gewesen sein...

Hildegunst, bitte ermitteln!

10:56 AM  
Anonymous Anonym said...

gut, dass zwei junge Damen von den Liberalen eingeschritten sind - da funktionierte das bürgerliche Bündnis

10:30 AM  

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