Donnerstag, Juni 14, 2007

Ausnahmezustand

In Magdeburg sind harte Zeiten angebrochen. Der Oberbürgermeister hat den Ausnahmezustand verhängt. Erste Weisung Trümpers: die Kommunalverfassung tritt zunächst außer Kraft. Der Stadtordnungsdienst patroulliert durch die Straßen und überwacht das speziell für Mitarbeiter des Tiefbauamtes verhängte ganztägige Ausgangsverbot. Auf keinen Fall sollen die Bürger städtische Gebührenbescheide zahlen.Hände weg von den Überweisungsträgern! Was ist nur geschehen? Wie konnte es soweit kommen?

Hinter dem Rücken des Oberbürgermeisters, des zuständigen Beigeordneten und des arretierten Tiefbauamtsleiters hat eine Abteilung des Tiefbauamtes etwas ungeheuerliches getan! Die Abteilung ... schluck... setzte die seit zumindest 1995 bestehende Sondernutzungssatzung um! Einfach so! Angespornt durch Äußerungen, wonach die Stadt so arm wäre, dass man Sozialschwache nicht mehr in Schwimmbäder lassen könnte, hatte das Tiefbauamt aufgeschaut und in den Straßenraum ragende Vorrichtungen als das erkannt was sie sind, ein Fall für die Sondernutzungssatzung. Eine Satzung kommt nie allein! Diese bringt ihr häßliches Schwesterlein die Sondernutzungsgebührensatzung mit (beide in der aktuellen Fassung vom Oberbürgermeister selbst unterzeichnet).

Wussten Sie, dass der Betrieb eines Roboters auf städtischem Grund in der Zone S 10,86 € im Monat kostet? Eine Telefonzelle ist mit 6,49 € da verhältnismäßig preiswert. Ragt sie jedoch zum Beispiel an einer Hauswand in 3 m Höhe befestigt mehr als 30 cm auf städtisches Gebiet, kostet sie 7,62 € - vermutlich daher blieb die Telekom bisher bei der erdgebundenen Variante.

Das Tiefbauamt war nun (wir berichteten) etwas übereifrig. Nach 103 Jahren einer Uhr mit so einem Kostenbescheid zu kommen .. tss .. tss ..tss. (Ob die Domgemeinde die Quittung für die Baugenehmigungsgebühr für das sakrale Bauwerk aufgehoben hat?) Andererseits - wenn mein Nachbar mir seine Werbetafel über meinen Vorgarten klöppelt - zahlen muss er! Dass die Stadt den allgegenwärtigen Versicherungsaufdrängern für ihre Schildchen über öffentlichem Grund Geld abknöpft - also es gibt durchaus noch unmoralischere Vorhaben. Das Merkwürdige ist ja eher, dass die Verwaltung trotz bestehender Genehmigungsverfahren den Leuten dann nicht auch gleich die Sache mit der Sondernutzungsgebühr erzählt, sondern nun zunächst ein Rollkommando los schickte. Noch merkwürdiger ist, dass dem Oberbürgermeister die Regelungen in der selbst unterzeichneten Satzung und ihre bisherige (Nicht)Umsetzung in der Praxis nicht bekannt ist. Am merkwürdigsten ist jedoch, dass der OB die vom Stadtrat beschlossene Satzung nun quasi selbst außer Vollzug setzt. Das ist in etwa so, als ob Angela Merkel mitteilt, dass das Bürgerliche Gesetzbuch ihr Missfallen erregt hat und man von der Beachtung zukünftig absehen sollte.

Möglicherweise beschließt der Oberbürgermeister die Satzungsänderung, wie immer die aussehen mag, auch gleich selbst. Da muss man nicht erst den Stadtrat wecken.

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3 Comments:

Anonymous Anonym said...

"Angela against BGB!" - das hat Pfiff! Das sollte mal jemand denen in Berlin erzählen. Dann kommt der Pofalla bestimmt auf noch nettere Ideen.

Aber ehrlich: Was blieb dem Lutze denn übrig? Hätte er nicht seine eigene Satzung außer Kraft gesetzt, dann wäre doch bestimmt so ein CDU-Stadtrat (Schwenke?) auf die (öffentlichkeitswirksame!) Idee gekommen, die bürgerunfreundlichen Machenschaften der Verwaltung zu geißeln und im Stadtrat groß aufzutrumpfen.

Dann doch lieber ein Machtwort des OB. Ist ja sein Job - auch in schweren Zeiten nicht nur nach dem Haushaltsloch zu schielen.

4:44 PM  
Anonymous Anonym said...

nennt man das aufzutrumpern?

11:19 AM  
Anonymous Anonym said...

geht doch noch. andere gemeinden wollen von den bürgern für die pflasterung öffentlicher wege bis zu 25000 euro. 18 jahre später.

10:47 AM  

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