Sonntag, November 18, 2007

Diplomatenjagd

Staatsjagden haben bei uns ja eine große Tradition. Wer erinnert sich nicht an die Ausflüge der Weltelite in die Magdeburger Börde, zwecks Hinrichtung zuvor eigens herangekarrten Niederwildes? Was für ein Aufwand! (In die Gleise der MVB wurden extra Seile gelegt, damit die Vorkämpfer der Arbeiterklasse und ihre imperialistischen Gäste nicht durch ein Holpern in ihrem Wirken beeinträchtigt wurden!) Tief haben sich diese Erfahrungen ins kollektive Bewußtsein eingegraben. Zum Gedenken an diese denkwürdigen Stunden und die Diplomatenjagden sei der folgende DDR-Witz vorgetragen: Ein westlicher Diplomat sinkt im Wald getroffen zu Boden. Erich Mielke durchsucht seine Taschen. Kommt Erich Honecker hinzu. Sagt Mielke: "Schiess Dir doch selber einen!".

Tja. So war das. Die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wollen nun an diese große Tradition anknüpfen. Der Leiter des Nationalparks Harz, Andreas Pusch (bekannt durch die Schilder an den Harzer Wanderwegen "Verlassen der Wege verboten!") lädt ganz gerne zu Jagden in die Kernzone des Nationalparks ein. Dies ist etwas verblüffend, wenn man bedenkt, dass selbst Maßnahmen gegen den Borkenkäfer im Totalreservat von seiner Verwaltung mit Verweis auf den Status als Totalreservat verabscheut werden. Das Umknicken einer Brennnessel führt eigentlich zu mehreren Wochen Wasser und Brot. Zumindest für den Normalbürger. Anderes gilt natürlich wenn Staatssekretär Hermann Onko Aeikens (CDU) und sein Stellvertreter Volker Hayessen vom Landwirtschafts- und "Umwelt"ministerium Sachsen-Anhalts "fachkundig" durchs Brockengestrüpp stolpern und das Rotwild abknallen. Natürlich nur in aufopferungsvoller Erfüllung ihrer Pflicht! Versteht sich! Die skandalgestählten Mitarbeiter des Ministeriums werden sicherheitshalber, nicht dass das Rotwild am Ende doch (z. B. per Mahnwache) die Oberhand behält, von den niedersächsischen Staatssekretären Friedrich-Otto Ripke (CDU) und Christian Eberl (FDP) begleitet.

Wenn sich nun also das Rotwild zu einer solchen Plage im Nationalpark ausgewachsen hat, stellt sich die Frage, wieso eigentlich ausgerechnet die oberste Verwaltungsspitze zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt wird. Würde auch die Bekämpfung von Kakerlaken in den Ministeriumskantinen von Hermann Onko und Friedrich-Otto persönlich durchgeführt? Kann man die Begriffe Staatssekretär und Kammerjäger synonym verwenden? Nein. Die Verwaltungsspitzen sollen die "Praxis" des "Wildtiermanagements" kennenlernen. Volker Hayessen vergewisserte sich im Oktober gerade zum fünften Mal, ob die Praxis (Kimme, Korn, Bumm) noch unverändert besteht. (In diesem Zusammenhang kann man nur hoffen, dass der Kampf gegen Prostitution und Rauschgiftkriminalität in Sachsen-Anhalt nicht mit ähnlichem persönlichen Einsatz der dort zuständigen Verwaltung geführt wird und Staatssekretäre zum Undercovereinsatz in die Bordelle und Drogenhöhlen unseres Landes abkommandiert werden.)

Übrigens: Die Rotwildplagen sind auch nicht mehr das was sie mal waren! Drei "Stücken" Rotwild konnten letztens mit Mühe niedergestreckt werden. "Traumhaft schöne Landschaft" (Hayessen), aber fast kein Rotwild zu fassen. Bestimmt leergejagt. Sollte man da nicht mal eine Schutzzone einrichten? Vielleicht ist das Rotwild aber auch nur aus dem zu gefährlichen Totalreservat geflohen und erholt sich auf landwirtschaftlichen Nutzflächen?

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6 Comments:

Anonymous Anonym said...

Treffender geht´s kaum!

4:22 PM  
Anonymous Anonym said...

waidmanns dank für diesen schönen beitrag!

11:17 PM  
Anonymous Anonym said...

VorTREFFlich!

8:43 AM  
Anonymous Anonym said...

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3:37 PM  
Anonymous Anonym said...

You commit an error. I can prove it. Write to me in PM.

8:16 AM  
Anonymous Anonym said...

Has not absolutely understood, that you wished to tell it.

11:01 AM  

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