Dienstag, Juli 24, 2007

Immer häufiger

Es gibt Floskeln bei denen man unbedingt aufhorchen sollte. Wenn zum Beispiel ein Atomkraftwerkbetreiber meint, man habe alles unter Kontrolle, empfiehlt sich die zügige Einnahme von Jodtabletten. Wenn Mehrwertsteuererhöhungen kategorisch ausgeschlossen werden, ist die Nächste nicht weit.

Wenn Journalisten die Floskel "immer häufiger" gebrauchen, waren sie sehr in Eile und konnten bedauerlicherweise nicht näher recherchieren. Wird schon stimmen. Da ein singuläres Ereignis, zum Beispiel die bedauerliche Zerstörung einer Parkbank, nicht zwingend schon den, für den Nachrichtenwert allerdings elementaren, Rückschluss auf die weitere Entwicklung der Zivilisation zulässt, muss der Journalist mit Anspruch die Entwicklung aufzeigen. So ist eine immer häufigere Zerstörung von öffentlichem Eigentum zum Beispiel schon viel beunruhigender.

So kommentiert die Magdeburger Volksstimme am 23. Juli knallhart (Seite 3): "Randalierer zerstören... . Immer häufiger, immer brutaler." Hintergrund der Meldung: In Magdeburg hat der Schaden durch Vandalismus von 2005 auf 2006 etwas abgenommen. (Seite 1) ...ähm..?... Diese Abnahme ist übrigens ein Beispiel für: "Die Täter gehen mit zunehmender Brutalität vor." Tja ... brutal aber kostengünstiger.

Übrigens. Immer häufiger verkürzen Blogger Pressemeldungen auf das Dreisteste. Die seit drei Wochen bestehende Stadt Bitterfeld-Wolfen meldet wirklich, dass die Zerstörungen "tendenziell zugenommen" hätten. Während Wernigerode scheinbar keine Tendenz zu entlocken war, stimmt in Stendal die Richtung. Dort werden seit zwei Jahren mit ABM-Kräften die Parks kontrolliert und ..zack:.. "Der Vandalismus sei in den vergangenen Jahren schlimmer geworden." Ah-ja. Zumindest mehr Kontrollen scheinen nicht zu helfen. Ob weniger Kontrollen aber wirklich zielführend sind?

Da gibt es aus dem ganzen Verbreitungsgebiet also exakt eine belastbare Zahl: Die Abnahme des Sachschadens in der größten Stadt. Tenor der Titelstory (!) und des Kommentars: Eltern passt gefälligst auf eure Gören auf. Wir sind am Ende. Da müsste ein starker Mann her und mal durchgreifen! (meint die Volksstimme wohl nicht, lesen die Leserbriefschreiber aber so).

Immer häufiger werden im Sommerloch sinnfreieste Meldungen auf Titelseiten gezerrt. In Kürze wird wieder ein Hinterbänkler Mallorca zum 17. Bundesland machen wollen, ein anderer will Nummernschilder für Fahrräder und der tragische Tod Möllemanns mag in einem geheimnisvollen Zusammenhang mit dem Ableben von Lady Di stehen. Versprochen.

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