Montag, Februar 16, 2009

Listenplatz in Junkerhand

Generationswechsel bei der Landes-CDU! Der junge, bei Bitterfeld wirkende Großagrarier Kees de Vries (53 Jahre) hat den Magdeburger CDU-Bundestagsabgeordneten Bernd Heynemann (55 Jahre) von seinem Listenplatz für die Bundestagswahl geschubst. Völlig überraschend - wie die Parteiführung treuherzig versichert. Die personalpolitische Kompetenz des Magdeburger CDU-Kreisverbandes scheint sich gerechterweise nicht nur auf Beigeordnetenwahlen zu beschränken. Heynemann erläutert durch sein Statement "Palastrevolution" sehr schön, wieso dieser Personalwechsel aus Sicht der CDU nicht nur Schattenseiten hat. (Mal abgesehen davon, dass De Vries durch die Gnade einer sehr nordwestlichen Geburt vermutlich SED-Mitgliedschaften versagt blieben.)

Ähnlich unterirdisch wie die Abqualifizierung eines Wahlsiegs als Putsch der Palastangestellten ist allerdings - es sei beklagt - der dazugehörige Volksstimme-Kommentar. Ein Wolfgang Schulz lässt sein Bewerbungsschreiben als CDU-Pressesprecher einfach mal so abdrucken. Die CDU hat mit der Wahl von de Vries gezeigt, dass sie auf wirtschaftliche Kompetenz setzt - sagt Schulz. Die SPD setzt auf für den raschen Untergang unserer Industriegesellschaft sorgende Gewerkschafter. Ibah. Sagt Herr Schulz. Der Wähler möge entscheiden: Wohlstand und glänzende Zukunft (CDU) oder Kommunismus, Armut und das Ende der Galaxie (SPD)?

Ähm. Die Frische und Kompetenz einer Zeitung kann man zum Beispiel auch daran messen, ob Journalisten ernsthaft aus dem Beruf eines Kandidaten die Qualität seiner politischen Tätigkeit ableiten. Polizist? Super Innenminister! Anwälte und Richter? Auch! (Strafgefangener ist dann schon grenzwertig.) Fernfahrer? Verkehrsminister! Student? Bildung! Bauer? Landwirtschaft ähm Wirtschaft! Die Qualität einer Zeitung verhält sich entgegensetzt proportional zur Zahl der solche Meinungen vertretenden Mitarbeiter.

Interessanter wäre ja das Aufzeigen der Unterschiede der wirtschaftspolitischen Ansichten. Leider schweigt Wolfgang Schulz hierzu. De Vries will die Bedingungen für die mittelständische Wirtschaft erleichtern (gähn, das hat man schon zwei, drei mal gehört). Dann wird er auf schon dadaistische Weise konkret. Von seinen 18 Mitarbeitern seien zwei nur mit bürokratischen Aufgaben betraut. Das wolle er als Abgeordneter ändern. Ähm. tja. Will er der deutschen Wirtschaft so lieb gewordene Abteilungen wie Einkauf, Vertrieb, Buchhaltung nehmen? Ist zwei von 18 nicht schon eine recht kleine Quote? Was könnte der für ein Unternehmen haben, wenn er den Vertrieb nicht vom Mechaniker mitmachen ließe? Im Fall des Großbauern De Vries kommt hinzu, dass die beiden Leute wohl im wesentlichen mit dem Abgreifen der Agrar-Subventionen durch Ausfüllen meterlanger Formulare beschäftigt sein dürften. Das Agrarsystem ist zweifellos todsterbenskrank, woran die CDU nicht ganz unschuldig ist. Dass gerade De Vries es überhaupt grundsätzlich ändern will, darf man auch ruhig mal in Zweifel ziehen.

Der Ruf des CDU-wählenden Journalisten nach mehr Wirtschaftskompetenz angesichts der Krise, ist aber auch noch von anderem Standpunkt eher frech. Die aktuelle Wirtschaftskrise ist nun gerade keine Krise der deutschen Wirtschaftsgesetzgebung (die im übrigen derzeit durch die Union verantwortet wird). Die Krise fegt über den Globus. Man darf die Prognose wagen, dass auch ausgefeilte Vorhaben zur Reformierung dieser Gesetzgebung (so es sie denn gäbe) nicht zum Ende der Weltwirtschaftskrise führen. Man könnte sogar soweit gehen, dass angesichts der unerfreulichen Entwicklungen gerade die Stabilität der Sozialsysteme die Kenngröße ist, die man noch am ehesten von staatlicher Seite steuern kann. Nach der (allerdings zweifelhaften) Logik von Wolfgang Schulz müsste man also deutlich mehr Sozialarbeiter - am Ende sogar Gewerkschafter - auf die Listen heben. Lieber nicht.

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2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Ich weiß nicht, was Wolfgang Schulz wählt. Aber, Hildegunst, Du wirst doch nicht für den Schiri sein, Du Schelm. Wäre ja mal interessant zu erfahren, wo der sein Profil hat.

5:38 PM  
Anonymous Anonym said...

heynemann hat sich sowieso nur seit 2002 im Bundestag ausgeruht - oder kennt jemand irgendeine Initiative, die er für MD unternommen hat? ich jedenfalls nicht!

1:02 PM  

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