Donnerstag, März 15, 2007

Frühlingshilfswerk

Dass die Bürger auch nicht zwingend besser sind, als die von ihnen gewählten Politiker, kann man gerade sehr schön an der Magdeburger Spardiskussion sehen. Sicher wäre es etwas viel verlangt, die Bürger nun ernsthaft zur sinnvollen Überarbeitung des Haushalts zu veranlassen. Den meisten fällt es aber schon schwer, überhaupt nur sachlich zum Thema zu sprechen. Überwiegend treten die üblichen Verdächtigen auf, die ihr spezielles Thema reiten, bis es tot umfällt. Senioren, Flugplatz, Gehörlose. Man ist schon froh, wenn die Leute keine Finanzerhöhungen fordern - machen sie natürlich trotzdem.

Da hilft alles nichts. Wir müßen das nun wohl selber retten.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Haushaltslage der von uns allen geschätzen Landeshauptstadt Magdeburg ist dermaßen prekär, dass wir jetzt alle Opfer bringen müßen. Hiermit wird nun das große Frühlingshilfswerk gestartet.

Bevor der Oberbürgermeister noch die Amtskette bei ebay versteigert: Schauen Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, welche persönlichen Gegenstände sie zum Wohle der Stadt kurzfristig zu Geld machen können. Honecker-Bild, kommunistisches Manifest, FDJ-Hemd? Das kommt nicht wieder!- ab damit zu ebay! Zweite Unterhose ihres Gatten? Das ist doch Luxus. Reserverrad? Na wer wird denn so spießig sein. Schlitten, Wintersachen, Schlittschuhe? Wohl noch nichts vom Klimawandel gehört? - Ab damit zum A & V. Wozu brauchen Sie einen Rasenmäher, wenn es doch auch Opas alte Sense tut? Omas Dritte? Der Trend geht zum Familiengebiss. Armbanduhren? Wir haben teuere Turmuhren in großen Mengen - das muss sich jetzt bezahlt machen! Haben Sie mal die Tassen in ihrem Küchenschrank gezählt? (Reichen doch bestimmt für eine orientalische Großfamilie) - Überzähliges Geschirr: Verkaufen! Sie halten noch T-Aktien? Wenn Sie an Wunder glauben: Pilgern Sie nach Lourdes. Die Aktien können weg - die paar Cent kämen dem Stadthaushalt gerade recht. Die Beispiele ließen sich endlos weiter führen.

Bürger! Verkauft Hab und Gut! Jeder Cent zählt. Spendet dem Frühlingshilfswerk: Landeshauptstadt Magdeburg, Kto.-Nr. 14 000 101, Stadtsparkasse Magdeburg, Bankleitzahl: 810 532 72, Verwendungszweck: Frühlingshilfswerk - Spende für den Haushalt.

Natürlich kann man auch noch anders helfen. In Straßenbahnen löst der patriotische Bürger jetzt immer gleich zwei Fahrscheine. Der Zoo wird täglich besucht. Ein neuer Hund angeschafft. Unterstützt das Frühlingshilfswerk wo ihr könnt.

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10 Comments:

Anonymous Anonym said...

Man könnte auch noch Elbwasser abfüllen und versteigern... ;-)))

Manno DeLarossa

5:50 AM  
Anonymous Anonym said...

Welches Stadtteil kann man an wen verkaufen? Wer hat Ideen?

Manno DeLarossa

7:24 AM  
Anonymous Anonym said...

Kann die Stadt, wenn sie denn auf dem Monopoly-Spiel erwähnt wird, nicht Lizenzgebühren dafür verlangen?

Manno DeLarossa

7:24 AM  
Anonymous Anonym said...

Die neue Fußgängerbrücke ragt - so wie es im Moment im Bauzustand aussieht - ein wenig über das Elbufer, so daß man sich den Domfelsen ansehen kann (ist das der Grund für den Bau?).

Kann die Stadt dann nicht Gebühren für die Besichtigung verlangen?

Manno DeLarossa

7:26 AM  
Anonymous Anonym said...

Muss der OB eigentlich einen Mercedes-Dienstwagen fahren (MD-2000), kann er nicht ein Hybrid-Auto aus Fernost nehmen und damit Flagge zeigen für ein ökologisch korrektes und sparfreudiges Magdeburg?

Spaß beiseite: Der einzig Ernst zu nehmende Sparvorschlag in der aktuellen Debatte ist, sich von kommunalem Wohneigentum zu trennen. Denn die Stadt Magdeburg muss NICHT Wohnungsbesitzer sein, sondern "nur" Sozialwohnungen anbieten. Das geht auch im genossenschaftlichen Wohnungsbau. Die horrend verschuldete WOBAU ist längst kein Tafelsilber mehr.

1:18 PM  
Blogger Hildegunst said...

Wenn schon ökologisch, dann doch lieber eine Sänfte. Schafft auch noch Arbeitsplätze.

Wobau - naja ist vielleicht wirklich eher Tafel-Bronze. Die Frage wäre aber, ob sie im operativen Geschäft auf Dauer wirklich Miese machen muss oder ob sich das in überschaubaren Zeiten mal gibt.

3:55 PM  
Anonymous Anonym said...

Sparvorschläge?

Nun, die Privatisierung von WOBAU, Krankenhaus und evt. MVB bringt sicher ein paar Euro ein. Zumindest darf man die Möglichkeiten nicht generell ablehnen.

Auch sollte mal nachgerechnet werden, ob die jährlichen Gewinnausschüttungen der SWM-Beteiligung über die Jahre mehr einbringt, als bei einem Verkauf der Anteile (ca. 51%) möglich wäre... Einfach mal rechnen - und nicht gleich kategorisch ablehnen.

4:26 PM  
Anonymous Anonym said...

Wenn der OB sagt, dass Magdeburg "alle Hausaufgaben" gemacht hat, dann würde ich sagen: sicherlich nur lückenhaft und z.T. ganz schludrig!

Denn egal ob Stadion (es wäre deutlich billiger geworden, wenn man nur eine 15.000-Mann-Arena gebaut hätte), siechende Messe- und Stadthallengesellschaft (mit enormen Zuwendungen), die nette 1,6 Mio-Fußgänger-Brücke am Fürstenwall etc. - Sparpotenziale allerorten!

Und wieso zahlt die Stadt weiter hohe Beträge in die Festung Mark und den Moritzhof? Wurde für die Festung nicht eigens (mit viel TamTam!) eine Stiftung gegründet? Außerdem fließen da immer wieder Gelder vom Uni-Studentenrat rein. Sehr fragwürdig!

Auch bei unseren Theatern (denn de facto sind es noch immer mehrere Häuser!) könnte man die Zahl der Inszenierungen deutlich senken - ohne dass die Magdeburger und ihre Gäste das Gefühl hätten, es gebe einen Kultur-Kahlschlag.

Nun ja, und bei einer besseren Personalpolitik (und wohl auch besseren Verträgen) hätte sich die Stadt mehrere 100.000 Euro für Prozesskosten und Abfindungen/Vergleiche bei ehemaligen Bediensteten (z.B. bei Theater und Messe) gespart.

Alles zusammen so grob über den Daumen gepeilt ca. 10 Mio. Euro.

Und Fachleute finden beim Durchleuchten des Haushaltes, aller Projekte der letzten Jahre (und der damit verbundenen Dutzenden Gutachten etc. - die sicherlich auch nicht für Peanuts zu bekommen waren) und auch der "versteckten" Haushaltspläne aller städtischen Beteiligungs- und Tochtergesellschaften (Industriegebiet Rothensee!) sicherlich auch gleich noch "ein paar Cent", die sinnlos hinausgepulvert wurden.

Erst wenn das wirklich ehrlich auf den Tisch kommt, stimmt die Aussage von "uns Lutze", dass die stadt ihre Hausaufgaben wirklich gemacht hat.

(mal ganz zu schweigen davon, dass Magdeburg alle bisherigen Angebote von Barleben abgelehnt hat, mal einen vernünftigen Vertrag zur Regelung der Stadt-Umland-Beziehungen abzuschließen. Da wären ganz sicher pro Jahr 6- bis 7-stellige Beträge drin, schließlich sponsert Barleben schon jetzt den ZOO!)

4:42 PM  
Blogger Hildegunst said...

Natürlich kann die Stadt noch sparen. Sie macht aber dann bestimmte Angebote kaputt. Die kulturellen Geschichten hat der OB bei seinen Radikalmaßnahmen" interessanterweise außen vor gelassen. Vermutlich um sie nicht öffentlich in Frage zu stellen. Selbstverständlich ginge das Leben auch ohne Moritzhof und Festung Mark weiter, man könnte da auch ein paar Euro sparen. Im Verhältnis zum gigantischen Loch von mehr als 100 Mill Euro ist aber finanziell praktisch nichts passiert (jetzt kling ich schon fast wie die Fraktionen) - die Kulturlandschaft und die Nutzung wichtiger Objekte wäre aber dauerhaft kaputt (von den dann sinnlos versenkten Sanierungskosten und bürgerschaftl. Engagement ganz zu schweigen.) Baukosten für fragwürdige Brücken retten den Verwaltungshaushalt leider nur in Höhe der Zinsbelastung (- trotzdem könnte man sie sich allerdings gut sparen.)

Die Spardiskussion ist für die Stadt tatsächlich ausgesprochen schwierig. Will man das komplette Loch aus eigener Kraft schließen - man müßte sämtliche freiwilligen Leistungen gänzlich einstellen (Theater etc.). Es müsste klar sein, wie die Landeszuweisungen zukünftig erfolgen, um solche dramatischen Dinge wie die Schließung von Theaterhäusern und Kulturzentren wirklich verantwortlich diskutieren zu können. Sonst machen wir zu und das Land sagt: Na geht doch!

Am Ende bleibt wohl nur das Frühlingshilfswerk

4:32 PM  
Anonymous Anonym said...

In einem Punkt ist die Lage der Stadt positiv zu sehen:

Trotz der täglich gebetsmühlenartigen Nachricht, daß der Aufschwung da ist (der schon seit vielen Jahren als "kurz bevorstehend" angekündigt worden ist, nebenbei bemerkt), geht es der Stadt wie den meisten Bürgern in Deutschland: in ihrem Geldbeutel tut sich nichts Positives.

So glauben nur 31 Prozent an einen dauerhaften Aufschwung. 58 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Lage aus. Nur 5 Prozent glauben an eine Verbesserung ihrer persönlichen wirtschaftlichen Lage. 30 Prozent befürchten sogar eine Verschlechterung.
(laut Emnid-Umfrage für n24)

Wieviele von den 30 Prozent der Letztgenannten wohnen eigentlich in Magdeburg? :-/

Manno DeLarossa

9:21 PM  

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