Freitag, Dezember 14, 2007

Ruf doch mal an

Hin und wieder schaffen es die kommunalen Themen der Landeshauptstadt auch mal in die überregionale Presse. Meistens für die Beteiligten ein ganz schlechtes Zeichen. Aktuelles Beispiel ist die Schließung des Altenpflegeheims "Am Luisengarten" wegen schockierender Mängel durch die Landesheimaufsicht. Was zunächst nur eklig und ärgerlich klingt wird dann politisch brisant, wenn man bedenkt, dass das Ekel-Heim zum städtischen Eigenbetrieb gehört. Das Land deckt also bei einer städtischen Stelle so krasse Verstösse auf, dass nur noch Zumachen helfen soll. Die Diskussion über die Rechtsform ist gerade erst zwei, drei Wochen her. Schönes Argument war "damals", dass der rauhe Wind der Marktwirtschaft zu Qualitätseinbußen in der Pflege führen könnte. Beim Luisengarten ist eine weitere Verschlechterung nur schwer vorstellbar.

Dramatischer aber noch die Frage nach der (politischen) Verantwortung. Die städtischen Stellen beklagen unisono, sie seien von der Schließungsverfügung überrascht. Angesichts des hektischen Geflatters trifft dies wohl auch zu. Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) meint, ein kurzer Anruf bei ihm hätte doch genügt. Nun ja. Ämter schreiben gern. Seit spätestens Mitte November ist das Problem intern bekannt. Ein geordnetes städtisches Vorgehen gegen die Mängel ist nicht erkennbar. Ein eigenes Qualitätsmanagement scheint nicht installiert. Fehlende Anrufe sind da möglicherweise nicht wirklich der Kern des Problems. Die Aussage ist sogar ausgesprochen merkwürdig. Ob eine bei der Stadt schon vorliegende Information wichtig genug für eine Information des Oberbürgermeisters ist, sollen danach die Außenstehenden entscheiden. Wäre da nicht eine interne Regelung sinnvoll? (Sonst werden am Ende noch Einsprüche gegen Hundesteuerbescheide vorsorglich über den Tisch des OB abgewickelt - nicht dass es da noch zu Informatuionsverlusten kommt.)

Gegen die Theorie vom fiesen Land spricht vor allem, dass das Land bisher nicht durch überbordende Heimschließungsaktivitäten aufgefallen wäre, sich nun aber ein einzelnes Heim der Stadt vorknöpft.

Nach einem katstrophalen Bericht erst einmal abzuwarten, was das Land denn so für Konsequenzen zieht, ist darüber hinaus zumindest mutig. Eine Eigenschaft die im Pflegebereich eigentlich nicht zwingend erforderlich sein sollte.

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7 Comments:

Anonymous Anonym said...

Mut sollte im Pflegebereich tatsächlich weniger gefordert,dafür jedoch Pflegestandards gewährleistet sein. Fehlen diese, ist Konsequenz unumgänglich und sollte die Frage der Verantwortlichkeit mit aller Verantwortung zur Klärung stehen.
Leidtragende der Schließungskonsequenz sind vorrangig die pflegebedürftigen BewohnerInnen - allerdings bereits seit Zeiten bemängelter Zustände.
Das "Böse" nun einzig und allein beim Land zu suchen, ist nicht nur verantwortungs-, sondern nahezu respektlos gegenüber den Menschen, für die mit einem städtischen Eigenbetrieb Verantwortung übernommen wurde. Dieses Vorkommnis muss eine (öffentliche) Debatte zur Folge haben, will man zukünfig auch in anderen Einrichtungen Pflegestandards weiter verbessern. Diese Auseinandersetzung muss gemeinsam mit dem Personal geführt werden und Berücksichtigung finden. Dem sollten sich, wenn man es denn so formulieren will, die Entscheidungsträger "mutig", (selbst-)kritisch und ausnahmsweise mal nicht Schuld und Verantwortung von sich abweisend stellen. Zur Diskussion dürfte dabei nicht stehen, dass mit Bekanntwerden der Problemlagen sofortiges, internes Handeln versäumt wurde. Wenn diese Information nicht den Status höchster (Klärungs-)Priorität erfährt, dann stellt sich der bittere Beigeschmack ein, was an fehlenden Pflegestandards noch mit tatenloser Toleranz entbehrt werden kann!

11:46 AM  
Anonymous Anonym said...

Das Beste ist doch, dass der OB vor der versammelten Pressemeute seinen mittlerweile geschassten Amtsleiter fragt, ob er denn die misslichen Zustände abstellen könne!

Vorher hat den Herrn, der sich so vehement für öffentliches Eigentum (WOBAU u.a.) einsetzte, das öffentliche Eigentum Pflegeheime nicht interessiert. Ansonsten hätte er ja auf die Warnhinweise, die seit Jahren eingehen, reagieren können. Das gilt auch für den unfähigen Begleitausschuss, der seit November 2007 detailliert, seit 2005 schon kursorisch informiert war.
Meines Erachtens muss der OB vor dem Stadtrat Rechenschaft ablegen, wann und wie er informiert war. Wenn er NICHT zeitig reagiert hat, ist das Grund genug für eine Rücktrittsforderung. Und der Begleitausschuss sollte samt und sonders seinen Hut nehmen.

11:39 AM  
Anonymous Anonym said...

Zumindest wären diese Forderungen und Erwartungshaltungen in anderen Kommunen Standard. In Magdeburg tickt da die Zeit und das öffentliche Interesse (bemessen auch an journalistischer Berichterstattung oder gezielter Nachfrage) scheinbar etwas anders. Woran liegt's? Oder anders gefragt: Wen interessiert's? Beachtlich, was sich geleistet werden darf!!!

4:34 PM  
Anonymous Anonym said...

Der Begleitausschuß heißt Betriebsausschuß. Wie gehts da zu? Die Mitglieder sind ehrenamtliche Stadträte, meistens nicht vom Fach. Auf Nachfragen wird gemauert von seiten der Verwaltung. Wenn sich da nicht jemand ganz genau auskennt, hat man kaum eine Chance, das Dickicht zu durchdringen. Die Schuld jetzt den Mitgliedern des Betriebsausschusses zu geben, geht an der Realität vorbei.

3:02 AM  
Anonymous Anonym said...

Ja, aber wer hat denn Bitte den Vorsitz im Betriebsausschuss? Die Sozialdezernentin höchst persönlich. Wäre das Thema nicht so ernst, dann würde hierin fast der Witz liegen. So erscheint es eher makaber!

1:15 PM  
Anonymous Anonym said...

Ich habe jegliches Verständnis für ehrenamtliche Stadträte.
Aber wenn sie sich in dieses Gremium wählen lassen, dann sollten sie wenigstens soviel Courage haben, fachliche Zuarbeit von der Verwaltung einzufordern und sich nicht in die Rolle der Stimmkasper drängen lassen.

1:28 PM  
Anonymous Anonym said...

Richtig, die Sozialdezernentin hat zwar den Vorsitz im Betriebsausschuß, aber sie ist dem Ausschuß quasi von Verwaltungsseite zugeordnet. Sie ist eigentlich die erste, die Fragen des Ausschusses zu beantworten hat. Dagmar Huhn hat übrigens eine "eigene" Pressemitteilung über die SPD-Ratsfraktion herausgegeben, die komischerweise von der Volksstimme noch gar nicht erwähnt wurde. Ich zitiere auszugsweise:

Die Seniorenwohnanlage Luisengarten ist zu schließen und einige Leserstimmen in der Volksstimme applaudieren! Andere protestieren. Kaum einer bedenkt, was dies bedeutet: Verlust eines Heimes, dass sich vorwiegend der Pflege von stark demenzkranken Patienten widmet und Verlust von ca. 60 Arbeitsplätzen. Hinzu kommt, dass in der Berichterstattung einseitig auf das Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen abgestellt wird, welches mit seinem dreihundertseitigem Umfang bislang nicht öffentlich war und kaum einer es vollständig gelesen haben dürfte. Eine Entkräftung der Vorwürfe kann somit nicht erfolgen. Nicht vergessen werden darf vor allem, dass bislang alle festgestellten Mängel in einer entsprechenden Frist abgestellt wurden.
...
Allerdings hat das Gericht bei seiner Eilentscheidung den Sachverhalt nicht umfassend geprüft, sondern sich ebenfalls auf das Gutachten des MDK berufen. Ob die festgestellten Mängel tatsächlich im vorgeworfenen Umfang existieren oder nicht, steht damit nicht fest!
...
Nach reiflicher Überlegung bleibt unserer Stadt nun aber eine Schließung nicht erspart. Dies ist Wasser auf die Mühlen derer, die das Heim von Anbeginn an nicht haben wollten. Dabei wird leicht vergessen, dass der Luisengarten mit einer sehr guten Auslastung hätte erfolgreich wirtschaften können. Und für die gGmbH wäre auch eine Kreditaufnahme zur Sanierung möglich gewesen. Jetzt die gGmbH mit einem Heim zu belasten, dessen Ruf nunmehr durch die Vorwürfe und Berichterstattungen so geschädigt ist, geht nicht an. „Ich bedauere die Schließung und wenn ich mir die gesamte Situation vor Augen führe, dann kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass dies von Anbeginn an gewollt war“, so Dagmar Huhn weiter.
---Ende Zitat---

Da kann man ja gespannt sein, was noch kommt.

2:13 AM  

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