Montag, September 08, 2008

Kubafrage

Wenn in der Magdeburger Volksstimme die Überschrift zu lesen ist: "Wir würden zum Kuba Deutschlands..." muss man nicht lange überlegen was wohl passiert sein könnte. Klarer Fall: Der Metapher-König hat wieder unerbittlich zu geschlagen. Holger Stahlknecht (CDU, Vize-Fraktionsvorsitzender) sprudelt in dermassen bunten Bildern, dass orientalische Jahrmarkt-Unterhalter nur neidvoll erblassen können. Im Falle einer Regierung Sachsen-Anhalts durch die Linkspartei sieht der begnadete Seher ein wahrlich phänomenales Schauspiel heraufziehen. "Dann würde Sachsen-Anhalt zum Kuba Deutschlands." Das muss einem ersteinmal einfallen! Wer jetzt an Palmenstrände und karibische Schönheiten beiderlei Geschlechts denkt, hat die Sorge des Schutzherren Mitteleuropas nur zum Teil erfasst. "Wir bekämen eine HO Aldi, Edeka wäre der Intershop, wir hätten einen VEB Mercedes." geht der Behüter der freiheitlich demokratischen Grundordnung dann weiter in die Details seiner aktuellen Vision. (Wird da von langer Hand eine christdemokratische Nostradamuskonkurrenz aufgebaut?) Leider bleibt völlig offen, ob die CDU sich an der Regierung der Nationalen Front wieder beteiligen würde. Auch das Schicksal von Netto, Rewe, Kaufland - ungeklärt!

Die düstere und leider etwas ungenaue Prophezeiung löste Wulf Gallert (Linkspartei) aus. Er hatte neulich per Interview markig die "Systemfrage" gestellt, die nun kubanisch beantwortet wurde. Die Linkspartei ist immer nett bemüht, sich ein wenig revolutionär zu geben. Das Wort Systemfrage gehört da zum unabdingbaren Handwerkszeug. Etwas verschämt, der Niedergang des Sozialismus ist irgendwie in Erinnerung geblieben, fügt man dann an, dass man nur mal so innerhalb des Grundgesetzes fragt - was wiederum die Systemauswahl doch deutlich einschränkt. Da die Volksstimme nachfragte eierte man etwas konkreter: Was alle brauchen, muss allen gehören.

Da zuckt der rechtschaffende Bürger tatsächlich zusammen: Brot, Milch, Butter - volkseigen? Bevor man sich aber noch einen Hamstervorrat anlegen konnte, fragte die Volksstimme schon nach. Die Linke in Gestalt Wulf Gallerts bildete dann eine große Blase und teilt im Prinzip mit, dass man sozialdemokratisch sei und auf die Systemfrage um Gottes Willen doch keine Antwort erwarte. Wasser, Abwasser, Energie und Krankenhäuser stellen die Systemfrage dar. Während Wasser und Abwasser der Marktwirtschaft ohnehin bisher kaum zugänglich waren und überwiegend öffentlich betrieben werden, ist die Regulierung der Energienetze bis weit in die anderen Volksparteien ein heiss gehegter Wunsch. Staatliche Krankenhäuser und Pflegeheime - die laufen dufte, fast schon kubanisch. Das bestätigt die Selbsthilfegruppe "dehydrierte Senioren" Ortsgruppe Magdeburg sicherlich gern. So einen kleinen Spleen muss man der Linkspartei nun aber auch mal gönnen.

Diese Grundsatzdiskussion legt die Annahme nahe, dass der Braindrain aus Sachsen-Anhalt doch schon schlimmer ist als angenommen. Der eine gibt sich verbalradikal, ohne auch nur näherungsweise über ein entsprechendes Konzept oder Absicht zu verfügen. Der Andere weiss das. Um der für bescheuert gehaltenen Wähler willen, sieht er jedoch formal das Weltenende in Gestalt von "HO Aldi" nahen.

Vor allem naht das Ende der Glaubwürdigkeit der Akteure, wenn man nicht beginnt zumindest mal ein klitzekleinesbisschen tatsächliche Substanz in eine solche Diskussion einzubringen, wenn es einem schon nicht zu peinlich ist sie öffentlich zu führen.

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3 Comments:

Anonymous Anonym said...

Damit Herr Gallert - der "Hugo Chavez von Sachsen-Anhalt" - Bescheid weiss:

MEXICO-STADT, 08. September (RIA Novosti). Kaum hatte Dmitri Medwedew rhetorisch gefragt, wie die USA auf die russische Militärpräsenz in der Karibik reagieren würden, präzisierte Hugo Chavez den Termin für eine gemeinsame Marineübung in diesem Gebiet. (Hugo Chavez in Moskau - Fotos)

„Venezuela plant eine gemeinsame Marineübung mit Russland. Diese soll Ende November oder Anfang Dezember in der Karibik stattfinden“, so Venezuelas Präsident am Sonntagabend (Ortszeit). Zurzeit werde das Manöver vorbereitet. Diese Frage sei auch beim jüngsten Moskau-Besuch von Chavez erörtert worden.

„Venezuela ist ein strategischer Verbündeter Russlands und wird trotz seiner kargen Ressourcen alles Mögliche tun, damit diese Übung auf möglichst hohem Niveau stattfindet“, hieß es.

Einer Mitteilung von Venezuelas Marinekommando zufolge sollen vier russische Kriegsschiffe am Manöver beteiligt sein. Venezuela schicke Raketenfregatten, Patrouilleboote, U-Boote sowie Flugzeuge in das Übungsgebiet.

(Quelle: http://de.rian.ru/safety/20080908/116606760.html)

10:06 AM  
Anonymous Anonym said...

Die Verbindungen zu Sachsen-Anhalt liegen viel näher: Das bevorzugte militärische Übungsfeld von "Sowjetarmee" und Bundeswehr ist doch die Colbitz-Letzlinger Heide. Man besuche zunächst die Colbitzer Brauerei, diskutiere mit den letzten Aktiven der "Offenen Heide" die Bedingungen des Weltfriedens, erziele Einigkeit beim 12. Bier und 9. Wodka und probe dann den Ernstfall - natürlich virtuell ...

11:28 AM  
Anonymous Anonym said...

Ich als Ottonormalo weiß gar nicht was das soll. Droht mir da einer mit Kuba? Mit Palmen, Strand und Urlaub? Übrigens mit HO kann mir auch keiner drohen, ich litt nie unter der HO, höchstens mit Ihr. Da gab es in der DDR andere Organisationen.

11:12 PM  

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