Dienstag, Oktober 09, 2007

Pyramidenspiel

Es gibt politische Forderungen, die sind so elementar, dass man ihnen einfach nur zustimmen kann. Die mit Abstand eingängigste seit langem war heute in der Volksstimme zu lesen:

"Wir wollen keine 5.000.000 Tote in Streetz!"

........Tja....... ähm .....................................................?..........Tja... Wo müßte man denn da unterschreiben?

Schuld ist - natürlich - wieder einmal Berlin. Da kamen nämlich Bürger auf die phänomenale Idee das Beerdigungswesen zu revolutionieren oder doch zumindest zurück zu den Wurzeln zu führen. Unsere geschätzten Verblichenen sollen verbrannt, in Beton gegossen, auf 90 mal 90 mal 90 cm gepresst(quadratisch, praktisch, gut) und dann zu einer großen Pyramide gestapelt werden. Erfrischend bizarrer Gedanke! Die Pyramide (500 m hoch) soll in Streetz (250 Einwohner) bei Dessau entstehen. Wieso? Wieso nicht?! Die Bundesrepublik hat schon mal 89.000 € spendiert.

Die Streetzer sind, ob der Aussicht eine noch größere Nekropole als Dessau zu werden, nur bedingt erheitert. Sie reagieren sogar etwas bockig - obige Forderung belegt es - und müssen sich nun die Schelte als Kulturbanausen vom Dienst gefallen lassen.

Tatsächlich passt der Gedanke, Gevatter Tod mit einem dermaßen monumentalen, aberwitzigen, monströsen, jede bisherige Struktur sprengenden Gebilde zu huldigen, sehr schön in unsere Zeit. Ruhten früher die Menschen in der Nähe ihrer letzten Wirkungsstätte, in der Nähe von Familie und Weggefährten, entspricht es in Zeiten der Globalisierung, Entwurzelung und Anonymität in der Masse wohl durchaus dem Zeitgeist als Betonwürfel in Streetz zu enden. Die Pyramide sozusagen als finale Plattenbauwohnung.

Das Sachsen-Anhalt unbedingt der geeignete Standort ist - wer wollte es bestreiten? Aber Streetz? Auch der vorgeschlagene Tagebau ist natürlich nur eine halbe Sache (obwohl es zum sonstigen Rekultivierungsprogramm: absaufen lassen, See dranschreiben, der Rest wird Wiese) schon innovativ wäre. Nein, nein! Das Teil gehört nach Magdeburg! Universitätsplatz! Da ist massig Platz und tot ist es auch. Im heute veröffentlichten Stadtteilranking erreicht die Magdeburger Altstadt auf einer Skala von 0 (super) bis 100 (tot) den beachtlichen Wert von 800. Da könnte so eine Pyramide noch für etwas Belebung sorgen.

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2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Lesen soll ja bilden.
Dann wüßte der Schreiber, daß die Pyramide aus Zitat) "Betonblöcken – einheitlich 90 mal 90 mal 60 Zentimeter groß" errichtet werden soll.

Jörg

10:38 AM  
Anonymous Anonym said...

der uni-platz? erfrischender gedanke und eh der äquator der stadt :)

12:57 AM  

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