Sonntag, März 30, 2008

Trixi IV

Die Bevölkerungsgruppen der Theaterintendanten und Luchse haben mehr gemeinsam, als man gemeinhin annehmen würde. Zumindest in Magdeburg. Zunächst einmal versuchen die Angehörige beider Gruppen die Stadt zügig zu verlassen. Kündigungsfristen bzw. Strom an den Gitterstäben stellen durchaus Hindernisse dar - aber keine unüberwindlichen. Auch wären beide Gruppen nicht abgeneigt, sich mal einen saftigen Stadtrat zu reißen. Beide konnten jedoch (bisher) noch keinen erwischen!

Verbreitungsgebiet und Bejagung stellen sich aber durchaus noch als unterschiedlich dar. Sollte es dem Zoodirektor Kai Perret, der interessanterweise mit (Betäubungs)gewehr und Luchseinfangmobil auf Titelseiten Furore macht, nicht gelingen seines entlaufenen Schützlings, (also dem Luchs - nicht etwa dem Intendanten) habhaft zu werden, könnte sich die Bewachung und liebevolle Betreuung von Grillgut in einigen Magdeburger Stadtteilen zu einer Aufgabe auswachsen, die das Grillen zur Abenteuersportart macht. Das regionale Luchszentrum teilt mit, dass mit dem Auftreten ausgewilderter Luchsbestände vornehmlich im Bereich des Stadtteils Neustädter See zu rechnen ist. Mit dem Auftreten von Intendanten ist grundsätzlich im ganzen Stadtgebiet, vornehmlich jedoch in Zügen und Autobahnzubringern in Richtung Osten zu rechnen.

Erstaunlich eigentlich, dass der Luchs noch keinen der Situation angemessenen Namen hat. Früher gerieten vergnügungssüchtige Robben, die sich mal eine volle Dröhnung Industrieabwässer gönnen wollten, hin und wieder über die Elbe bis Magdeburg. Die örtliche Staatsmacht wollte die armen Tiere dann jeweils aus dem "Fluss" ziehen, bevor das Elbwasser die Tiere gänzlich skeletiert. Die Tiere zogen jedoch ein Leben in der Kloake der Fürsorge des sozialistischen Staates vor und entzogen sich trickreich dem Zugriff der Staatsorgane. Daher dann der Name "Trixi" (I bis III). Seit dem die Elbe sauber ist, kommen keine Robben mehr. Jetzt haben wir wenigstens Luchse.

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Freitag, März 28, 2008

Exil Potsdam

Neeeiiinnnn! Tu uns das nicht an! Aber da hilft kein Flehen. Tobias Wellemeyer, Intendant des Magdeburger Theaters, verlässt die großartigste Metropole in der Börde und wird wohl demnächst in einem Berliner Vorort tätig sein. Alle die in ganzen Sätzen reden können, nimmt er mit. Schutzlos überlässt er die Bevölkerung den, wenn nicht dumpf- dann doch zumindest pausbäckigen, Kulturauskennern an den Ratsmikrofonen. (Da treiben sich Leute rum, die ein Millionen-Geschenk nicht annehmen würden, weil .... ja ... weil .... ähm... es keine zünftige Zipfelmütze trägt! Und auch keine Laterne! Nicht mal ne Schubkarre!)

Da auch in Berliner Vororten sicherlich nicht zwingend die künstlerische Avantgarde die Ratssessel strapaziert, dürfte die Entscheidung wohl wirklich mehr persönlich-künstlerischer Natur sein, als die Flucht vor Überhand nehmenden pausbackigen Tieffliegern. Der Eindruck, dass der Stadtrat bei uns die Kultur gleich selber macht, wenn auch nicht gut - wabert allerdings über der Stadt.

Für die Zurückbleibenden wird es allerdings wirklich hart. Der Ausweg Alkohol wird zumindest im Bereich Hasselbachplatz scheinbar weiterhin zuverlässig versperrt. Selbst das traditionell zu Ostern aufgeführte Freilichtstück "Nero versus Magdeburg", zu vergleichen nur mit den Oberammergauer Festspielen, soll abgesagt werden, sobald der Rauch sich mal soweit gelichtet hat, dass der Oberbürgermeister seinen Schreibtisch findet.

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Dienstag, März 25, 2008

Frühling...

...lässt sein graues Band flattern durch die Lüfte! Thermonuklearer Angriff? Ist Tilly in der Stadt? Nein! Ostern. Liebe Asthmatiker! Ihr könnt wieder aus den Kellern. Jubiliert! Ostern ist vorbei!

Wie jedes Jahr zu Ostern wurde in Magdeburg flächendeckend ein mittelalterlicher Stadtbrand nachgestellt. Die Gratulation für besonders verwegene Kokelei geht diesmal an Ottersleben. An der Ringabfahrt Osterweddingen auf beiden Seiten der Stadtautobahn garstig quiemende Feuer zu entzünden und so dem modernen Verkehr ein Schnippchen zu schlagen und den Feinstaubmessgeräten mal eine völlig neue Dimension aufzuzeigen - alle Achtung! Meine Güte. Wo kriegt ihr im Frühling so unglaubliche Massen an nassem Laub her? Gibts das im Baumarkt? Macht ihr das vorher irgendwie nass? Da können die Special-Effect-Typen aus Babelsberg aber total einpacken!

Dabei war diesmal ein erhöhter Schwierigkeitsgrad gegeben. Nicht nur, dass das Umweltamt Kontrollen angekündigt hatte (was bei Erlaubnisfreiheit auch von Ein-Mann-Brauchtumsfeuern allerdings nur wenig Sinn macht). Auch die Witterung war pyromaniefeindlich! Das mühsam herbeigeschaffte nasse Laub musste ersteinmal geschmolzen werden. Es galt erst Schnee und Hagel von den Autoreifen zu entfernen, bevor man sie überhaupt anzünden konnte.

Die Leute vom Ordnungsamt taten sich auch etwas schwer zu erschnüffeln, ob die aufsteigende atompilzartige Rauchsäule nun noch legal ist oder (angesichts der über den Zäunen hängenden Lungenkranken) doch schon irgendwelche nicht näher bekannten Grenzwerte tangiert. Dabei gibt es doch ein ganz einfaches Mittel, um echte nette Brauchtumsfeuer (gesellige Runde im Stadtteil mit Bier und Bockwurst) von vorgetäuschtem Brauchtum (zum Zwecke der Grillung der örtlichen Igelpopulation) zu unterscheiden. Wenn sie auf ein verdächtiges Feuer treffen (die werden eigentlich immer von einem verbiesterten Rentner bewacht, der gerade mit Mühe die alte Schrankwand in den Garten bugsiert hat), nehmen sie ihren Partner/ihre Partnerin an die Hand, überwinden sie keck die Grenzsicherungsanlagen des Rentners und springen sie behänd samt Lebensabschnittsbegleiter nach gutem alten Brauch das ein oder andere mal über das Feuerchen. Wenn sie dann, als Bonus vielleicht eine niedersorbische Volksweise singend, wieder mit allen Beinen fest in der Blumenrabatte stehen - schauen sie tief ins tränende Auge des Rentners. Sind es Tränen der Rührung - war es echtes Brauchtum. Sind es Tränen von Zorn und Wut - laufen sie um ihr Leben!

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Mittwoch, März 19, 2008

Welle Meyer

"Mach doch keine Welle Meyer!", hätte man ihm (etwas kallauernd) noch schnell zu rufen sollen, dem Magdeburger Theaterintendanten Tobias Wellemeyer. Nach einer wie üblich kulturvollen Kulturdebatte im Magdeburger Stadtrat (natürlich zum Thema Cragg auf dem Uniplatz), konnte der Intendat ein Zerreißen der eigenen Halsschlagader nur dadurch verhindern, dass er in wohl gesetzten Worten seine eigene Bilanz des Martyriums zog, welches sich an den Ratsmikrofonen ereignet hatte: "Hier haben rückwärtsgewandte, dumpfbackige Provinzler entschieden; hier hat sich Blockwartsmentalität zusammengefunden."

Das ist zwar fast schon ein billiger Allgemeinplatz, aber zwischen "Recht haben" und "dafür keine Dresche beziehen" ist eben doch ein gewisser Unterschied. Die Ratsseele kocht! Man stört sich weniger an der Outung als "dumpfbackiger Provinzler" - das sollen ja manche als Ausbildungsberuf angegeben haben. Das Problem ist der ehrenwerte Beruf des Blockwarts. Die große Zeit der Berufsgruppe war ja bekanntlich in der Zeit des Nationalsozialismus. (Seit dem keine Verdunklung mehr befohlen ist, hat die Freude am Beruf stark nachgelassen.) Damit verstösst der Vergleich aber gleich gegen beide ehernen Grundsätze der Öffentlichkeitsarbeit. 1. Keine Nazi-Vergleiche! 2. Auf gar keinen Fall Nazi-Vergleiche!! (Frau Eva Hermann wird sich erinnern.)

Anzumerken bleibt, dass die öffentliche Bezeichnung des Arbeitgebers, der in kürze über den Fortbestand des Arbeitsvertrags entscheidet, als "dumpfbackig" auch so schon eine beachtliche Portion Mut erfordert.

Auch wenn Wellemeyer nun per Entschuldigung die Notbremse zog, kann man der Stadt zumindest insoweit gratulieren, dass sie einen Theaterintendanten hat, der nicht bürokratenmäßig, opportunistisch mit süßsaurem Gesicht Allgemeinplätze zur wertvollen Kulturlandschaft absondert, sondern es auch mal krachen lässt. Eine leise, fiese, zynische Bemerkung über die Qualität der Kulturpolitik der Gartenzwerg-Fraktion wäre zwar schöner gewesen, aber nach einer Kulturdebatte im Stadtrat kann man von Niemandem verlangen, noch Herr aller seiner Sinne zu sein. Mildernde Umstände, Euer Ehren!

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Montag, März 17, 2008

Happy Volkskrieg!

Die Jugend und die Pharmaindustrie unseres Planeten sind dieses Jahr wieder aufgerufen, sich im mehr oder weniger fairen Wettbewerb zu messen - diesmal in China. Da werden albern lächelnde Tänzerinnen tausende Tauben aufsteigen lassen, irgendein süßes Kind wird mit einer großen Fackel ein gigantomanisches Feuer entfachen und einige wichtige Greise werden Reden halten, in denen das Wort Frieden gehäuft auftritt.

Während wir uns dann gebannt nach dem Sinn einer Sportart wie 50 km-Gehen fragen und zugleich aus Gründen des Medaillenspiegels einem völlig unbekannten Typen zujubeln, der sympathischer Weise unseren Adler auf dem recht knappen Höschen trägt, werden die chinesischen Sicherheitskräfte alle Gew... ähm Hände voll zu tun haben, um ihren Volkskrieg gegen unbotmäßige Teile der eigenen Bevölkerung zu gewinnen. Es ist schon eine Weile her, dass einem vor olympischen Spielen so übel war.

Liebes IOC! Trotz all dem schönen Geld - war es nicht eine Eurer bescheuertsten Ideen (jetzt vom Synchronschwimmen mal abgesehen) die Spiele in ein Land zu geben, dass zwar vor Kraft kaum laufen kann, aber aufgrund seiner totalitären Struktur zuverlässig außerstande ist, seine internen Probleme friedlich zu lösen oder zumindest zu erkennen? Nach dem China Tibet nun den "Volkskrieg" erklärt hat, stellt sich schon die Frage, ob die Weltöffentlichkeit jetzt so einfach beim Volkskrieg mitmacht und mit den Befehlshabern lecker Champus schlabbert oder man das Ganze mal überdenkt. Bevor die chinesischen Sportler beim Startschuss noch das Feuer erwidern, sollte man nicht mal unorthodox eine Verlegung des Spektakels ins Spiel bringen? Wird natürlich das totale Chaos - aber immer noch schöner, als wenn neben dem Medaillenspiegel auch der aktuelle Body-Count läuft.

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Sonntag, März 16, 2008

Rücktritt als Fortschritt

Während die Öffentlichkeit sich noch an den Dramen und Komödien einer Oberbürgermeisterwahl delektierte, geschah bei der Magdeburger Handwerkskammer so etwas wie ein Wunder. Während die Bevölkerung nur zu einem Drittel eine Wahl nutzt, waren sich die bis gerade eben noch fett zerstrittenen Vollversammlungsmitglieder der Handwerkskammer (und ihre Stellvertreter) in einem Punkt plötzlich einig (So etwas war im letzten Jahr nicht mal zu Fragen der Platzierung des Büfetts denkbar.). Alle wollten unbedingt, sofort, unwiderruflich, für jetzt und immerdar: zurücktreten. Stolz wurde es verkündet "dass alle...ihren Rücktritt erklärt haben" - oder im Wirtschaftsministerium tot aufgefunden worden, ist man versucht hinzuzusetzen - ganz so schlimm ist es aber wohl nicht gekommen.

Trotzdem fragt man sich, welche Folterinstrumente so einem vom Leben gelangweilten Nachrücker für einen Platz in der Vollversammlung einer Handwerkskammer gezeigt werden können, damit er dem Wirtschaftsminister seine Kandidatur zu Füßen legt. Spannend ist auch die Frage, wie der Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) sicherstellen wird, dass bei der unverständlicher Weise angestrebten Neuwahl der Vollversammlung, nicht wieder zwei bis aus Blut verfeindete Handwerkergruppen sich unversöhnlich gegenüber stehen. Es steht ein absolut inhaltsleerer aber brisanter Wahlkampf ins Haus.

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Sonntag, März 09, 2008

Lutz Trümper Superstar

Das Volk hat gesprochen. Das Wahlergebnis der Magdeburger Oberbürgermeisterwahl liegt vor. 35,1 % der Magdeburger Wahlberechtigten wollten mal was zum Thema sagen. Die Wahlbeteiligung lag damit 1,8 % unter dem Ergebnis von vor 7 Jahren. OB-Wahlen haben also an Unattraktivität nicht entscheidend hinzu gewonnen.

Unumschränkter Sieger und unangefochtener Beherrscher ist: Lutz Trümper mit schlappen 64,0 % (+ 31,0 %). Kein Druckfehler! Der Hinzugewinn (verglichen mit dem ersten Wahlgang von 2001) beträgt 31,0 %. Bei sinkender Wahlbeteiligung konnte er mehr als 20.000 Wähler mehr überzeugen (jetzt 44.238). Er liegt damit noch um 10.000 Wähler über seinem letzten Stichwahlergebnis.

Platz 2 geht an Frank Theile (Linke). 12,2% (-11,2 % zum PDS-Ergebnis 2002, größter Verlust einer Partei) folgten dem Ruf der Parteizentrale. Scheinbar dünnt die Gefolgschaft altersmäßig doch schon etwas aus. Der in der Presse als eigentlicher Kontrahent gehandelte Wigbert Schwenke (CDU) blieb, für einen CDU-Kandidaten sehr unerfreulich, im einstelligen Bereich. 9,7 % (- 7,6 %) - da kann die CDU mal Sichtkontakt zur 5 %-Hürde aufnehmen. Der 4. Platz geht an Lydia Hüskens (FDP) mit 6,2 % (- 10,6 %), womit die FDP wieder in Richtung Normalmass unterwegs ist. Die Grünen, 2001 noch Siebenter, schieben sich mit Olaf Meister und 3,5 % (+ 2,1 %) auf den 5. Platz vor. Die weiteren Plätze gehen an Oliver Schilling (future) mit 2,6 %, André Höppner 1,3 % und Werner Gaede 0,5 %. Letztesmal hatten unabhängige Kandidaten noch insgesamt 8,1 % erreicht (diesmal addiert 4,4 %).

Tja. Lutz Trümper Superstar. Nicht einmal in Ottersleben liegt Trümper unter 50 %. Wenn er jetzt noch übers Wasser geht - vielleicht wird es eine neue Religion?

Die restlichen Zahlenspiele sind Statistik. SPD und Grüne verdoppeln jeweils ihre Stimmen(anteile) - allerdings von "etwas" unterschiedlichen Ausgangspositionen. Das sogenannte bürgerliche Lager hat deutlich mehr Stimmen verloren, als übrig geblieben sind. Die Linke - ein Schatten ihrer selbst. Über die tatsächlichen politischen Kräfteverhältnisse sagt das Ergebnis nichts - ein Amtsinhaber hat lediglich seine Widersacher, gleich welcher politischen Couleur, deklassiert. Nicht mehr - nicht weniger.

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Wahltag

Der Wahlkampf um die Magdeburger OB-Wahl ist beendet und hinterlässt eine gewisse Ratlosigkeit. Irgendwie fehlte ihm ein Thema. Gut, die Kandidaten haben fein das Stadtwappen gezeichnet und lustige Fragen beantwortet. Wer steht denn nun aber für was?

Das Wahlvolk scheint Fragen zum Thema Soziales und Wirtschaft zu favorisieren. Dazu haben auch alle Kandidaten was gesagt - bedauerlicherweise im Wesentlichen das Gleiche. Auch wenn z.B. die FDP ("Magdeburg kann mehr" und neuerdings mit dem Knaller "Mittelstand stärken") gerade auf das Wirtschaftsthema abzielt, bleibt für den geneigten Wähler offen, was da genau anders gemacht würde. Im Ergebnis erschöpft es sich in einer Absichtserklärung, dass man bzw in diesem Fall frau mehr machen würde. Bei Sozialem sind alle Kandidaten unglaublich - sozial! Wie auch alle Kandidierenden Jugendliche und Senioren total knorke finden. Die Frage wäre, welchem Kandidaten man das dargelegte Engagement wirklich auch für den Fall abkauft, dass sich Zielkonflikte mit anderen Themen ergeben. Auch Finanzen (sparen ja, aber nicht beim Fragesteller) und Kultur (besser und mehr) sind nicht wirklich umkämpft. Der Fachkundige kann zwar aus bisherigen Handlungen und Aktivitäten der jeweiligen Personen/Fraktionen mal hochrechnen, wie ernst das jeweils zu nehmen ist - der Wahlkampfbetrachter muss aber schon etwas raten.

Unterschiede ergeben sich dann bei einigen eher spezielleren aber eben tatsächlich kommunal stärker beeinflussbaren Themen. Wenn jemand das Wort "Tierheim" sagt, bilden sich umgehend die zu diesem Thema bestehenden Lager. Pro Neubau: Lydia Hüskens (FDP) und Olaf Meister (Grüne) (beide genüsslich petzend darauf verweisend, dass Wigbert Schwenke (CDU) den Neubau in Ottersleben aus lokalen Interessen verhindert hatte) Contra Neubau: Lutz Trümper (SPD) und Wigbert Schwenke. Bizarre Ansicht (Zusammenlegung mit dem Zoo): Oliver Schilling (future). Beim Thema Wobau-Verkauf ist die Frontlage übersichtlicher: Pro-Verkauf: Hüskens, Contra-Verkauf: alle anderen. Geradezu emotional wird es beim Thema Tunnel an den Bahnhofsbrücken: Contra: Olaf Meister ("Für eine Stadtplanung ohne Tunnelblick") und Oliver Schilling; Pro: alle anderen. Beim Alk-Verbot am Hassel und Videoüberwachungen ergeben sich im groben (mit einigen Nuancen) die Fronten "Hoch die Bürgerrechte": Hüskens, Meister und Schilling, sowie "Diese Jugend von heute": Trümper, Schwenke, Theile (Linke).

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass bei keinem Thema die Kombination Trümper vs. Schwenke aufgetaucht ist. "Nah bei den Menschen" (Schwenke) eignet sich eher schlecht für eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung. (Gleiches gilt aber auch für: kompetent, erfolgreich, gut (Trümper)) Ein Hauch von Konflikt ergibt sich beim Flugplatz, für den Wigbert Schwenke sich Status quo wünscht (spielen die denn noch?), während Trümper und die anderen einen privaten Betrieb oder aber eine Rübenzucht in Erwägung ziehen.

Dann gab es noch einige kleinere Aufreger wie z.B. den Pflegeskandal. Es wurde beim Volksstimmeforum tatsächlich mal (heißt ja WahlKAMPF) der ein oder andere Angriff gegen den Amtsinhaber geflogen (vor allem Olaf Meister wagte es sich), ohne dass jedoch Kratzer an der Teflonbeschichtung des OB festzustellen waren.

Tja liebe Leser. Soweit ihr im Status der Wahlberechtigung schwelgt, wäre es nun an Euch eine Entscheidung zu treffen. Da radikale Kräfte nicht antreten, bedarf es hier ausnahmsweise nicht des üblichen Hinweises, doch bitte den Untergang der Welt durch demokratische Wahl zu vermeiden. Allerdings kann man sich bei den beiden unabhängigen Kandidaten nicht sicher sein, ob die Stadt deren siebenjährige Amtszeit tatsächlich überstehen würde - Nicht dass es wieder heißt, das habe keiner gewusst.

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Freitag, März 07, 2008

Wirtschaftsförderung

Was einen ja doch immer wieder fasziniert, ist die Gläubigkeit der Politik an die Anmut und Überzeugungskraft des eigenen Gesichts. Da lächelt einen nun jeden Tag auf der Titelseite der Volksstimme oben rechts Wigbert Schwenke an. Das kostet ein Schweine-Geld und setzt als grundsätzliche Idee voraus, dass sein schierer Anblick die Massen so in Verzücken versetzt, dass sie wie in Trance, mit einem glücklichen Lächeln zur Stimmabgabe schreiten. Ohne schon jetzt zu viel vom Ergebnis verraten zu wollen - diese phänomenale, ja schon fast aphrodisierende Wirkung ist dem Antlitz des CDU-Oberbürgermeister-Kandidaten nicht gegeben. Auch ständige Wiederholung macht es nicht besser. Hier wäre eine Priese mehr Inhalt vielleicht doch eine noch bessere Möglichkeit gewesen, als diese enorme Betonung der eigenen Körperlichkeit.

Für den den Freund des gepflegten Wahlkampfes ist natürlich auch die Frage - Was zur Hölle kostet das eigentlich alles? - recht spannend. Der Generalanzeiger erwies sich als neugierig und stellte mal die Frage. Wenn man die Beantwortung der Frage als kleinen Test für Offenheit und Ehrlichkeit werten möchte (muss man natürlich nicht), gibt es bei Frank Theile (Linke) durchaus Grund zu Befürchtungen. Sein Wahlkampf kostet nämlich: "Soviel wie nötig." Ahja. Auch Lutz Trümper (SPD) neigt zur Verschleierungstaktik: "Keinen einzigen Cent öffentlicher Mittel." Angesichts staatlicher Parteienfinanzierung eine durchaus auch zu hinterfragende Meinung. (Für OB-Wahlkämpfe gibt es allerdings tatsächlich keine Wahlkampfkostenrückerstattung.) Kandidat Gaede hat scheinbar die Frage nicht verstanden und sieht sich mehr als 20 Stunden am Tag im Einsatz und kündigt eine Fortsetzung auch nach der Wahl an. Die niedlichste Antwort stammt von Andre Höppner (parteilos), der 50 € investiert, diese aber nutzbringend in einer neuen Hose anlegte. Für Oliver Schilling (future) investiert die Partei 1000 €. Der Platz auf dem Monopoly-Brett wäre future bekanntlich 10.000 € wert gewesen. An der Schwerpunktsetzung sollte vielleicht doch noch einmal gefeilt werden. Olaf Meister (Grüne, etwa 6.000 €) und Lydia Hüskens (FDP, "Die Kosten liegen unter deutlich 10000 €") gönnen den Wählern fast schon konkrete Werte, auch wenn der Wahlkampf in der Grammatik der FDP Spuren hinterlassen hat. Phänomenale 30.000 € gibt Wigbert Schwenke (CDU) an. Ehrfürchtig steht man vor dieser gigantomanischen Summe, die so mir nichts dir nichts verbran ... ähm ... in die Wirtschaftsförderung der lokalen Druck- und Anzeigenindustrie investiert wird. Alle Achtung. Da wird Wirtschaftsförderung aber wirklich mal ernst genommen!

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Samstag, März 01, 2008

Zu wenig Packeis in Sachsen-Anhalt

Es gibt Momente, da wird der Welt oder doch zumindest der restlichen Republik schlagartig bewusst, dass es ein Land gibt, welches auf den lieblichen Namen Sachsen-Anhalt hört. Meist haben diese Momente eine sehr eigene Note. So auch diesmal.

Das Orakel aus der Hegelstraße hat mal wieder gesprochen. Im Kern äußerte sich Wolfgang Böhmer (CDU, Ministerpräsident mit einem Hang zu kryptischen Äußerungen) wohl zur Frage von Kindesmisshandlungen bzw. -tötungen und der unerfreulichen Statistik, wonach dies in seinem Reich üblicher wäre als anderswo. Während man bei rechtsextremistischen Straftaten die Statistik selbst als das Übel ausgemacht hatte, neigte der große alte weise Mann in diesem Fall dazu, die DDR als Schuld am unerfreulichen elterlichen Umgang zu bezichtigen. Da die DDR-Eltern gern mal Ihre Kinder abtrieben, machen sie das halt heute auch noch - nur eben nach der Geburt. (Dass die Bundesrepublik heute im Prinzip die DDR-Fristenregelung übernommen hat, lässt einen ja böses für die Zukunft ahnen.)

Zwar konnte die DDR im Jahr 18 nach ihrem Ableben den Botschafter Sachsen-Anhalts nicht einbestellen, die Bürger und vor allem wohl Bürgerinnen des Böhmerschen Reiches waren jedoch ... sagen wir mal befremdet. Es gab den einen oder anderen Gedankengang, ob der große Denker nicht mehr Zeit am heimischen Herd verbringen sollte. Keine Sorge - muss er nicht.

Es bleibt aber anzumerken, dass die Schuldfrage durch Wolfgang Böhmer nun wirklich nur unzureichend durchdacht worden war. Wenn man mal die DDR als schuldig hinnimmt (bietet sich an, da eigene Verantwortlichkeiten damit praktischerweise ausgeschlossen sind), kommt man ja nicht umhin festzustellen, dass die DDR letztlich darauf beruhte, dass hier das Ende des großen unerfreulichen Krieges im wesentlichen durch die Rote Armee und nicht durch die US-Army herbeigeführt wurde. Wenn aber die Rote Armee eine Bedingung für die DDR setzte, liegt ihre kausale Mitschuld am Elend Sachsen-Anhalts auf der Hand. Allerdings ist ursächlich für die Existenz der Roten Armee nun wiederum die große sozialistische (im November praktizierte) Oktoberrevolution. Diese ist maßgeblich durch Lenin verursacht, der den Ort seines Wirkens per durch Kaiser Wilhelm II. ausgestelltem Freifahrtschein der Deutschen Reichsbahn erreichte. Das für den Status des Kaisers unabdingbare Kaiserreich basiert auf dem 1871 von Frankreich erklärten, jedoch verlorenen Krieg. Womit die Schuld an der sachsen-anhaltischen Misere recht klar bei den geschätzten froschverzehrenden Nachbarn im Westen liegt.

Kritiker dieses Gedankengangs werden einwenden, dass dann aber auch das Abschmelzen des Packeises zum Ende der letzten Eiszeit im heutigen Hoheitsgebiet des böhmerschen Reichs letztendlich zu den fatalen Konsequenzen führte. Man könnte sogar das Auseinanderbrechen des Urkontinents Gondwana als Quelle allen Übels betrachten.

Hmm. Am Ende muss das Ganze doch noch mal überdacht werden. Möglicherweise sollte man das amtierende Orakel um einen Lösungsvorschlag bitten.

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Kopf-an-Kopf-Rennen

Atemlose Spannung. Ein wahrhaftes Kopf-an-Kopf-Rennen elektrisiert die Magdeburger Oberbürgermeisterwahl. CDU und Grüne praktisch gleichauf - im Kampf um Platz 4! Volksstimme-Foren haben bekanntlich so ihre eigenen Gesetze. Wenn die knuffige Tageszeitung mit Herz am Ende einer Großveranstaltung (immerhin 550 Besucher) fragt: "Wer hat Sie überzeugt?" entsteht ein spitzen Kaffeesatz in dem sich super lesen lässt. Nummer 1 wurde mit 41,9 % der Amtsinhaber Lutz Trümper (SPD). Das ist insofern bemerkenswert, als dass zu so einer Veranstaltung die jeweiligen Kandidaten natürlich auch ihre eigenen Leute mitbringen. Die sind selbst durch Hypnose nur schwer von einem anderen Kandidaten zu überzeugen, so dass eigentlich ein ausgeglicheneres Ergebnis entsteht als bei der realen Wahl. Trotzdem deklassiert Trümper, ohne dass er inhaltliche Zauberkunststückchen vollbracht oder die Jusos einen Formationstanz aufgeführt hätten, seine Konkurrenz dermassen deutlich, dass nicht zu erkennen ist, wer ihn auch nur in die Stichwahl zwingen sollte.

Offizieller Gegenkandidat ist sozusagen Wigbert Schwenke (CDU). Nun sollte man meinen, dass allein die Zahl der anwesenden CDU-Stadträte und eine kleine Delegation der Sonderverwaltungszone Ottersleben genügen würde, um ihn in Angriffsposition auf Platz 2 zu bringen. Nein! 7,9 %! Sieben Komma Neun Prozent! Platz 4! Vier! Dicht bedrängt von Olaf Meister (Grüne, 7,3 %)! Offensichtlich ist es Schwenke weder gelungen die durchaus vorhandenen ungebundenen Normalbürger auch nur annähernd für sich einzunehmen, noch seine eigenen Leute soweit zu motivieren, dass sie mal aus Ottersleben bis in die Innenstadt fahren.

Für Verblüffung sorgt das Ergebnis von Lydia Hüskens (23,8 %), Platz 2. So viele Mitglieder haben die Julis doch garnicht! Bonus als einzige Frau? Von Wigbert total gefrustete Konservative? Betrunkene Volksstimme-Praktikanten? Irgendwie kann man sich nicht vorstellen, dass bei der realen Wahl das Ergebnis ähnlich aussieht und Hüskens Trümper in die Stichwahl drängt. Andererseits hat sie den zweiten Platz ganz souverän und unbedrängt erobert. Den (von der Performance her nicht wirklich gerechtfertigten) dritten Platz belegte Frank Theile (Linke). Die diszipliniert angetretenen Thälmannwerker etc. genügten für 11,6 %.

Die Plätze 6 bis 8 machen dann mit etwas Abstand die anderen Kandidaten Schilling, Höppner und Gaede unter sich aus. Interessant hierbei der für die Vokabel "Entsetzen" in der Volksstimme-Überschrift verantwortliche Oliver Schilling (future). Nach dem neulich der Breite Weg dran glauben musste, wurde nun die Vereinigung von Zoo und Tierheim gefordert - der Zoodirektor Kai Perret lief mit vor Verzweiflung entstellten Gesichtszügen herum. Auch der Schwerpunkt in der Wirtschaftspolitik "Ich bin dagegen, die Stadt der Wirtschaft zu Füßen zu legen." traf vielleicht nicht ganz den Kern der Magdeburger Problemlage. Wenn eine Leserin Carolin Kürschner äußerte, sie freue sich mal den future-Kandidaten näher kennengelernt zu haben, scheint sich dies für future nicht zwingend positiv auszuwirken.

Der Wahlkampf geht unterdessen natürlich weiter. In der Rubrik "absurdester Vorwurf" kann nun die FDP punkten. Diese lies Stadtrat Kurt Schmidt von der Leine, der sich beherzt in die Wade der arg geschundenen CDU verbiss. Ohne näher erkennbare inhaltliche Motivation (ein CDU-Stadtrat hatte einen Spielplatz in Neustadt gefordert) fällt er die CDU an, sie solle den Aufbau in Südost nicht verhindern. Aus Kurt! Aus! Gib die Wade wieder her!

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