Dickes Ende
Nun durften auch die sieben Fraktionen des Stadtrates, jeweils in eine schmale Spalte gezwängt, ihre Sicht der Dinge im Telegrammstil morsen. Besonders interessant ist traditionell die Selbsteinschätzung der Fraktionen, was sie den so gerissen haben. Die Linke freut sich, dass sich auf ihren Antrag eine Regionalkonferenz mit dem Erhalt des Schiffshebewerks auseinandersetzt. Letztes Jahr hatte man sich über das Anstoßen einer Debatte zur Magdeburger Wirtschaftsförderung gefreut. Das Anstoßen von Debatten und Konferenzen wird da offensichtlich professionell betrieben. (Prämisse für das Jahr 2007 war übrigens eigentlich die Verbesserung der Arbeitsplatzsituation - die entsprechenden Initiativen der Fraktion bleiben leider im Dunkel der Geschichte.) Niedlich die Freude der CDU über ihren Beitrag zum Beschluss zum Nichtverkauf der Wobau. 53 (alle) zu 4 (FDP) lauteten die Mehrheitsverhältnisse - die SPD wollte ein Bürgerbegehren gegen der Verkauf starten, die Linke drohte mit Selbstverbrennung (naja fast) - da hat die CDU sich wirklich mächtig ins Zeug legen müssen, um diesen knappen Erfolg zu erringen. Nicht weniger originell die SPD. Bekanntlich hatte man versucht im Zuge später Erkenntnis den Tunnelbeschluss noch mal zu kippen und war dann an der eigenen Fraktion gescheitert. Wo bei anderen Parteien sich dann die Fraktionsvorstände vom Ratsbalkon stürzen, feiert die SPD den grandiosen Sieg. Sie meint einen Kostenaufwuchs (des eigentlich ja nun offiziell verabscheuten Projekts) verhindert zu haben. Herzlichen Glückwunsch.
Bei der Frage zum Höhepunkt Magdeburgs 2007 herrscht weitgehend Einigkeit: das Puppentheater (Gab es Freikarten?)
Auch bei der Panne des Jahres ist man sich einig - zumindest fast. Die Schließung eines städtischen Pflegeheims nach jahrelangen Querelen mit der Landesheimaufsicht und der Unfähigkeit des städtischen Eigenbetriebs das Problem koordiniert anzugehen - ja, selten hat sich die Stadt so zum Klops gemacht. Die SPD stand allerdings vor dem Problem, dass ihr Oberbürgermeister bzw. seine Verwaltung ja nun schlecht eine Panne (so mit dehydrierten Senioren und allem Drum und Dran) verursacht haben kann. Da bietet sich der rechte Szeneladen Narvik und die durch die Gegend stolpernde katholische Gero AG als Pannemann des Jahres natürlich an. (Wobei das eigene Tunneldesaster auch ein schöner Preisträger gewesen wäre.) Future sah als Panne des Jahres hingegen das Fehlen Magdeburgs auf dem Monopolybrett. Letztes Jahr war es das Fehlen einer Platzbenennung nach dem FCM-Helden Heinz Krügel. Tja, Probleme gibt`s.
Bei den zukünftigen Prämissen der Fraktionen ist es beruhigend zu wissen, dass der Bund für Magdeburg die Stärkung des Wirtschaftsstandortes beabsichtigt. Die Grünen ihrerseits scheinen future zu unterwandern! Zumindest ist die Forderung "Autos raus" in der future-Losung "Lebendige Innenstadt: Autos raus, Menschen rein - Elbe auch!" fast schon eine Reminiszens an die radikalen Zeiten mit Jutta Ditfurt. (Was die Menschen in der Elbe machen bleibt leider offen.)
Was die Leser brennend interessiert ist natürlich, mit welchen Gefühlen die Fraktionsvorsitzenden in den Zoo gehen. Die Linke hofft das Patentier zu erblicken. Ahja. Die CDU bedauert, wie schon letztes Jahr, dass die Narretei des Umzugs des Zoos in den Elbauenpark scheiterte. Das scheint noch tief zu nagen. Die Grünen fühlen sich beim Anblick des Zoodirektors Kai Perret an den Eisbären Knut erinnert. Soso.
Das man im Falle einer blöden Fragen auch einfach mal eine dem Frageniveau entsprechende Antwort geben sollte, demonstrieren sehr schön die Linke und future! Was soll man bitte schön intelligentes auf die Frage: "Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie in Magdeburg im Frei- oder Schwimmbad baden gehen?" antworten? Hans-Werner Brüning (Die Linke) macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er fühlt: "Entspannung, Wärme". Michael Stage (future) sieht sich einem nassen Gefühl ausgesetzt. Beides beim Baden durchaus gesunde Empfindungen. Reinhard Stern (CDU) fordert den Erhalt der Bäder. Zuvor hatte er sich bereits als Freund der Theater und des Zoos geoutet. Letztes Jahr war an selbiger Stelle von ihm noch die Konzentration auf die Pflichtaufgaben gefordert worden, was ja Bäder, Theater und Zoo eher ausschließt. Da sollte er sich nun aber doch mal entscheiden.
Dann die ultimative Frage: Wer wird Oberbürgermeister? Da allen halbwegs politisch Interessierten die Antwort auf der Zunge liegt, kann man hier mal sehr schön sehen, für wie blöd das Wahlvolk jeweils gehalten wird. Das Rainer Löhr (SPD) Lutz Trümper vorne sieht überrascht nicht so richtig. Wenn es nach den Spatzen auf den Dächern geht, ist die Prognose sogar richtig. Die CDU hält eher Wigbert Schwenke (CDU) für den Erringer der Amtskette (Er kennt nämlich die Bedürfnisse der Bürger!). Das man an OB Schwenke dort selber glaubt, ist zwar schon etwas in Zweifel zu ziehen, allerdings kann man es der CDU nun wirklich nicht verdenken, dass sie nicht schon im Vorfeld Trümper bejubelt. Die Linke sieht selbstredend Frank Theile das Rennen machen. Tststs. Nachdenklich sollte die Linke stimmen, dass die Volksstimme hinter dem Namen, des in zwei Monaten angeblich den Thron Erklimmenden, anmerkt, für welche Partei er antritt. Sagen wir mal so, der Bekanntheitsgrad läßt noch Reserven erkennen.
FDP und future scheinen sich sicher zu sein, dass es in Magdeburg keine intelligenten Lebensformen mehr gibt. Lydia Hüskens (FDP) wird zwar von Teilen ihrer Partei unterstützt, dass dies aber annähernd zu 50 % Wählerstimmen in Magdeburg führen könnte, ist schreiend abwegig. Future sieht die Liebe des seit 10 Jahren in Magdeburg wohnenden Oliver Schilling zu seiner Wahlheimat für so durchschlagend an, dass an einem Wahlsieg nicht zu zweifeln ist. Möglicherweise ist das "Natürlich" in der Behauptung der Futuristen jedoch als Augenzwinkern zu verstehen. Die Grünen ringen sich zur Benennung eines politischen Konkurrenten durch und Tippen auf Lutz Trümper (SPD) als zukünftigen OB. Dass dieser sich nur knapp gegen Olaf Meister (Grüne) behaupten können wird und somit SPD und Grüne in der Stichwahl miteinander ringen, ist allerdings auch nicht viel wahrscheinlicher als der Triumphzug Lydia Hüskens. Auch hier wollen wir mal Wunsch und Humor als Väter des Gedankens durchgehen lassen. Der einzige Tipp mit Nachrichtenwert stammt übrigens von Klaus Kutschmann (Bund für Magdeburg). Er tippt auf Wigbert Schwenke (CDU) und gibt damit indirekt bekannt, dass der Bund für Magdeburg sich am Rennen nicht beteiligt.
Tja, was könnte nach alldem den nun für 2008 der zu erwartende Höhepunkt für die Stadt sein? Klare Antwort von Alfred Westphal (Grüne): das Abitur seiner Tochter und sonst für ihn jeder Tag. Ähm? ja...
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